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Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften

Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
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konnte er zwar
noch immer nicht sagen – er gewann immer mehr den Eindruck, dass keiner
der Infizierten das selber wusste, nicht einmal die, die in der Steuerzentrale
des Kernschiffes saßen und den Kurs eingeben würden –, aber
er war guten Mutes. Und er würde den Flug zu ihrem Ziel nutzen, um seine
Experimente voran zu treiben. Auch, und hier spürte er den Stich gekränkter
Forschereitelkeit, wenn er sich wie ein Abstauber fühlte. Nun ja. Er fühlte
sich so, weil er einer war. Das konnte er nicht schön reden.
    Der Virus, der die Wanderlust ausgelöst und Welten entvölkert hatte,
war ein Meisterwerk, ein Geniestreich. Botero war besser darin, andere Hälse
zu brechen, als seinen eigenen zu beugen, aber er fühlte Respekt und ehrlichen
Neid, wenn er an die Erschaffer der Infektion dachte. Vielleicht würde
er eines Tages die Gelegenheit haben, sie selber zu treffen und an ihrem Wissen
teil zu haben, mit ihnen einen wissenschaftlichen Disput zu führen, sie
zu fragen, wie sie einen derartig komplexen, anpassungsfähigen und umfassend
wirkenden Virus erschaffen konnten.
    Bis dahin blieb ihm nichts anderes übrig, als ihre Errungenschaft zu nehmen
und sie für sich selber nutzbar zu machen. Er mochte den Virus nicht selber
konstruieren können, aber modifizieren... Einfach ein wenig modifizieren.
    Von dem Gedanken beflügelt durchquerte er den Raum und nahm den Zylinder
auf, der dort lag – es war nur einer von vieren und alle waren gefüllt
mit dem, was Botero seine Rekrutierungshilfe nannte. Es war experimentell,
aber es würde funktionieren. Vielleicht.
    Oder alle Infizierten auf der Arche umbringen, Botero hatte wenig Zeit gehabt,
die Langzeitfolgen seiner Erfindung zu überprüfen. Doch selbst wenn,
würde der Verlust erträglich sein. Das hier war eine Arche, es gab
aber noch mehr. Viel mehr. Solange der Exodus andauerte, würde es keinen
Mangel an Experimentiergrundlage geben.
    Botero betrachtete den Zylinder und hielt inne. Er hatte den Virus genau studieren
müssen, um ihn zu modifizieren. Natürlich hatte er ihn dadurch nicht
gänzlich entschlüsselt, aber doch zahlreiche Erkenntnisse über
seinen Aufbau gewonnen. Er war sich sicher, andere hatten das auch. Seine ehemaligen
Kollegen in ihrem Exil, vermutlich. Und dieser Anande mit seinem Team. Wenn
sie sich an einen Tisch setzen und ihre Ergebnisse sowie ihren Verstand kombinieren
würden, könnten sie ein Gegenmittel finden, daran zweifelte er nicht.
Sie könnten Milliarden, Billionen von Menschenleben retten. Die Geschichte
würde sie als Heilige feiern, als die Gnade der Wissenschaft, als Genies.
    Wollte er das? Einen Platz im gemeißelten Buch der Zeit, ein Vorbild und
Inspiration für die Wissenschaftler kommender Generationen, die nur seine
Taten sehen würden, niemals die Person dahinter. Es wäre eine, vielleicht
die einzige Chance, sich selbst zu rehabilitieren. Wieder ein anerkannter Wissenschaftler
zu werden. Quasi in den Schoß der Gemeinschaft zurück zu kehren.
    Botero wog den Zylinder in der Hand und lächelte. Dann schüttelte
er den Kopf. Natürlich wollte er das nicht. Der Ruhm der Zukunft war ihm
egal. Er wollte hier und jetzt all das, was seine Arbeit ihm versprechen konnte.
Macht. Reichtum. Möglichkeiten. Nicht sein Portrait als Ikone auf dem Schreibtisch
eines fiebrigen jungen Studenten, 500 Jahre in der Zukunft. Davon hätte
er nun wirklich nichts.
    Wohl aber von einer Arche voller modifizierter Supermenschen, die nur seinem
Befehl folgten, genauso blindlings und hingebungsvoll, wie sie alles getan hatten,
seit der Virus von ihnen Besitz ergriff. Wenn sie loszogen und ein Schiff bauten,
wenn ihnen das Leben ihrer Kinder und Eltern gleichgültig war, warum sollten
sie nicht mit derselben Inbrunst für ihn arbeiten, konstruieren, kämpfen?
Alles, was er tun musste, war den Virus so zu verändern, dass er eine neue
Kommandostruktur einbaute und die Zügel in die Hand nehmen.
    »Gehorcht dem Virus, gehorcht mir«, dachte er. »So wie Fliegen
hinter Fliegen fliegen...«
    Er brach ab und hob den Kopf.
    »Vince!«, bellte er durch den Raum.
    Er bekam keine Antwort, hörte aber ein huschendes Geräusch, gefolgt
von einem dumpfen Krachen. Entweder hatte sein Geschöpf versucht, zu fliehen
und sich ein Versteck zu suchen – ein ziemlich sinnloses Unterfangen in
dem begrenzten Raum des kleinen Schiffes – oder es war in einem Unterschlupf

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