Rettungskreuzer Ikarus Band 046 - Welt der Schlafenden
enorm ärgerte.
Und Dr. Ekkri war noch nicht am Ende seiner Ausführungen angelangt. »Einer der Ersten, der uns über die Wanderlustseuche informierte, war Mr. Knight. Die Besatzung der Celestine hatte Kontakt zu Infizierten und erkrankte selbst nicht. Das verbindende Glied liegt auf der Hand: ein Vizianer. Doch was haben Sie und Miss Shilla getan?«
Als immer noch keine Antwort kam, ergänze er: »Ihre Präsenz allein bewirkt keine Wunder, sonst wäre jeder, der sich auf Vortex Outpost aufhält oder zumindest zu Ihnen Kontakt hatte, immun. Also muss wohl … äh … etwas mehr passiert sein. Ich tippe auf körperlichen Kontakt. Den Austausch von Körperflüssigkeiten. Etwas in dieser Art.«
Cornelius fand die Situation ausgesprochen peinlich. Der Arzt rührte an Dingen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Machte er so weiter, zog er sich gewiss Pakcheons Zorn zu. Und den von Cornelius.
Dies schien Dr. Ekkri zu riskieren bereit zu sein; das bewiesen seine nächsten Worte. »Hören Sie, wir sind hier weder im Kindergarten noch im Nonnenkloster. Es gibt keinen Grund, die Dinge nicht beim Namen zu nennen. Zwei Botschafter verschiedener Sternenreiche sind mehr als nur Freunde. Na, und? Dass Sie beide eine Beziehung unterhalten, weiß inzwischen die halbe Galaxis. Niemand will die Details erfahren oder kritisiert Sie deswegen. Aber möglicherweise könnte Ihre Kooperation für einen Durchbruch bei der Suche nach einem Heilmittel sorgen. Also, keine falsche Scham!«
»Und was wollen Sie tun, wenn sie glauben, einen Hinweis zu haben?«, fragte Pakcheon mit einem drohenden Unterton. »Wollen Sie jeden Vizianer, den Sie erwischen können, aufschlitzen und sein Blut aufbereiten? So, wie es die Mitglieder der Schwarzen Flamme mit ihren Toten tun?«
»Ist es denn das Blut?« Dr. Ekkri blieb beim Thema, ohne zu zeigen, ob die Worte ihn beeindruckten.
»Nicht bei den Vizianern«, sagte Cornelius, den diese Vorstellung erschreckte. »Ein Kuss genügt.« Er ertappte sich dabei, dass er erregt seinen Bart zerzauste, und ließ die Hand sinken.
»Ein Kuss?« Sally McLennane zog die Brauen hoch.
»Ja«, bestätigte Dr. Ekkri. »Durch den Speichel werden Keime übertragen. In diesem Fall nützliche. Soll das heißen, wenn Sie jemanden küssen, Pakcheon, übertragen Sie dem Betreffenden vizianische Anti-Körper, die schädliche Bakterien und Viren bekämpfen? Ihr Kuss würde Menschen retten? Faszinierend!«
Pakcheons hellblaue Haut wurde eine Nuance blasser. Er trat einen Schritt zurück und hob wie zur Abwehr einen Arm. Er begann zu transpirieren, und der erotisierende Duft, der ihn umgab, wurde intensiver. »Sie erwarten doch nicht, dass ich jetzt jeden …«
Cornelius hustete. »Das ist eine Theorie. Und eine weit hergeholte dazu.«
»Eine plausible Theorie«, fand Dr. Ekkri und schnupperte diskret.
»Vergessen Sie es!«, fauchte Pakcheon.
»Es geht um Menschenleben.« Sally McLennane starrte ihn böse an. Ihre Nasenflügel bebten.
»Ich kann und werde nicht auf eine vage Vermutung hin –«
»Und ob Sie können und werden«, fiel Sally McLennane Pakcheon ins Wort. »Es ist ein Versuch. Etwas Menschlichkeit zu zeigen, wird Sie schon nicht umbringen. Oder hat Ihnen der Kuss von Mr. Cornelius geschadet? Na, also! Denken Sie an die vielen Lebewesen, die Sie retten können, wenn Dr. Ekkris Annahme zutrifft. Es kann kein Zufall sein, dass ausgerechnet jene Personen immun sind, die … intime Kontakte zu Vizianern unterhalten.«
»Äh …« Cornelius meldete sich zu Wort. »Wenn es nur um ein Experiment geht, kann ich für Pakcheon einspringen. Mir macht das nichts aus. Wenn es lediglich um die Überprüfung der Theorie geht, meine ich. Da ich nun offenbar … ein halber Vizianer bin, müsste ich genügen.«
»Nein!«, kam es von Pakcheon und Sally McLennane gleichzeitig.
»Das lasse ich nicht zu. Ich will nicht, dass Sie …«
»Sie sind kein Vizianer. Ihr Blutbild mag sich verändert haben, aber das bedeutet nicht, dass Sie …«
»Gute Idee.« Dr. Ekkri hob die Stimme. »Wir werden Sie beide testen und die Resultate vergleichen. Vielleicht lässt sich die Immunisierung oder gar eine Heilung auf diese Weise genauso leicht weitergeben wie zuvor das Virus. Eine Überträger-Kette im positiven Sinn wäre zu schön, um wahr zu sein.«
»Und wie wollen Sie das bewerkstelligen?«, erkundigte sich Pakcheon unerwartet sanft. »Sollen wir Personen küssen«, seiner Miene war der Widerwille anzusehen, »die
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