Rettungskreuzer Ikarus Band 046 - Welt der Schlafenden
für keine große Sache. Das hat sich erst jetzt geändert.«
»Bereuen Sie es? Müssen Sie mich jetzt umbringen?«
»Sie reden Unsinn.«
Cornelius blickte ebenfalls auf die schimmernde Wasseroberfläche. »Verzeihen Sie. Das war unfair. Ich sollte Ihnen dankbar sein, weil ich noch lebe, und sage stattdessen dummes Zeug. Ich wünschte, ihre DNA würde die Rettung bringen, aber nicht zu dem Preis, dass Sie und die Vizianer erpressbar werden. Wenn Sie meine Hilfe brauchen, um die Informationen zu vernichten, die Sie verwundbar machen, werde ich nicht zögern, Sie zu unterstützen.«
»Sofern meine DNA nicht den entscheidenden Hinweis liefert«, präzisierte Pakcheon emotionslos, »sonst machen Sie sich eines Verbrechens schuldig. Schließlich steht lediglich das Sicherheitsbedürfnis von drei Milliarden Vizianern dem Überleben von Myriaden Lebewesen gegenüber, und die Waagschale zugunsten einer Minderheit zu beeinflussen, können auch Sie nicht mit Ihrem Gewissen vereinbaren. Sie würden mir erst helfen, wenn die Galaxis in Sicherheit wäre. Oder sobald sich Ekkris Theorie als Sackgasse erwiesen hat.«
»Wird sie das? Sie klingen so … überzeugt.«
»Ich habe selbst schon in dieser Richtung geforscht.«
»Was?«
»Ja. Skyta fiel die Immunität von Knight und Taisho noch vor Ekkri auf. Daraufhin habe ich mit meinen Blutproben, mit Ihren und denen von Infizierten experimentiert.«
»Warum haben Sie das nie erwähnt?«
»Warum wohl? Haben Sie vergessen, dass im Labor optimale Bedingungen herrschen und man bestimmte Situationen simulieren kann? Außerhalb des Labors spielen zu viele Faktoren, die man nicht alle ausschalten kann, eine wichtige Rolle, sodass die Resultate ganz anders ausfallen. So schwer es mir auch fällt, das zuzugeben: Ich habe zu wenig praktische Erfahrung, ich weiß zu wenig über die Gegebenheiten in der Galaxis – ich bin ein reiner Theoretiker.«
»Sie hatten also Erfolg«, flüsterte Cornelius.
»Die Ergebnisse sind aber nicht repräsentativ«, dämpfe Pakcheon die aufkeimende Hoffnung.
Er fühlte sich plötzlich wie ein Versager. Da standen ihm hochmoderne Geräte zur Verfügung, er besaß umfassende Kenntnisse und wusste, wie er sich zusätzliche Informationen und Material beschaffen konnte – aber was nützte das alles, wenn er keine brauchbaren Resultate erzielte? Als Cornelius an dem Designer-Virus erkrankt war, hatte in Wirklichkeit nicht Pakcheon seinen Freund geheilt: Es waren die Antikörper gewesen, die die Arbeit erledigt hatten.
»Vielleicht waren Sie nur nicht geduldig genug?«, überlegte Cornelius.
»Wie ich schon sagte, es macht eine Menge aus, ob die Experimente unter günstigsten oder realistischen Bedingungen ablaufen.
Meine Schlussfolgerung ist, dass Sie und die anderen beiden Ihre Immunität dem Umstand zu verdanken haben, dass Sie schon seit einem längeren Zeitraum vizianische Antikörper in sich tragen, die Ihre Körperchemie gründlich verändert haben.
Meine DNA konnte zwar die aktiven Wanderlustviren unschädlich machen, aber nur im Reagenzglas. Sobald ich eine geimpfte Zellkultur infizierte oder eine infizierte Kultur behandelte, erwies sich das Virus als stärker, weil es aggressiver ist und schneller Fuß in der Zell-DNA fassen konnte. Statt das Virus zu entfernen, akzeptierten meine Antikörper die Veränderungen, die es einleitete, und unterstützten es sogar noch bei der Erledigung seiner Aufgaben.
Darf ich daran erinnern, dass das Virus im Prinzip ähnlich funktioniert wie meine Antikörper? Es macht die Infizierten gesünder, leistungsfähiger und belastbarer, geht dann aber noch einen Schritt weiter und verändert in einem späteren Stadium die Physis, beispielsweise durch einen extremen Muskelaufbau.
Zeit ist offenbar ein wichtiger Faktor für meine Antikörper, und die haben wir in diesem Fall leider nicht. Was Ihre Proben betrifft, so wurden Sie keineswegs zum halben Vizianer , Cornelius. Sie geben meine Antikörper zwar weiter, aber abgeschwächt. Dementsprechend weniger gibt der Empfänger ab, der nächste nochmal weniger und so weiter. Das Schneeballprinzip scheidet aus, selbst wenn sich ein Mittel aus meiner DNA entwickeln ließe.«
»Dann werden meine Kinder also nicht mit Cape geboren?«
»Wie bitte?« Pakcheon musste erst Cornelius’ Gedanken lesen, um die Metapher zu verstehen. »Nein, Ihre Kinder werden völlig normal und menschlich sein und allenfalls geringe Spuren meiner Antikörper in sich tragen, durch die sie
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