Rettungskreuzer Ikarus Band 047 - Sudekas Traum
dafür, da solche Anordnungen in planetaren Stationen universal waren – verliefen über die Wände. Die Scannerwerte schienen fehlerhaft zu sein, da sie organische Bestandteile in den technischen Anlagen anzeigten.
Die Explorationsdroiden hatten festgestellt, dass die diffusen Energieemissionen nicht im offensichtlichen Eingangsbereich der Station ihren Ursprung hatten. Professor Bennito Cavalljo zeigte sich in seinem Bericht hilflos: Emissionen von einer Art, stellte er fest, zu denen ich in keiner Datenbank des Freien Raumcorps vergleichbare Daten finden konnte. Die Evolution einer intelligenten Lebensform, die die emissionserzeugenden Anlagen hätte hervorbringen können, ist auf Fagor IV auszuschließen. Sie müssen somit durch eine bislang unbekannte raumfahrende Zivilisation nach Fagor IV transportiert und installiert worden sein. Denkbar, aber extrem unwahrscheinlich ist auch, dass Neue Welten auf eine Anlage gestoßen ist, die vor der Großen Stille gebaut wurde.
Das rechte Auge der Corpsdirektorin zuckte leicht.
Die Droiden waren weiter in die Station vorgedrungen. Der Bericht enthielt auch Filmaufnahmen eines Raumes, in dem hinter einer gläsernen Wand in einem metallisch glänzenden Regalsystem quadratische, durchsichtige Behälter gelagert wurden, deren Böden mit verschiedenfarbigen Substanzen bedeckt waren. Filigrane Manipulations- und Transporteinrichtungen, die durch Schleusen in der Glaswand verliefen, verbanden das Lager mit den Maschinenanlagen in der Mitte des Raumes. Die Einrichtungen wiesen nichts auf, was man für Bedienungselemente halten könnte.
Es war offensichtlich, was die Droiden vorgefunden hatten: Probenbehälter. Die intakt und deren Inhalte am Leben waren. Die Explorationsdroiden hatten mit ihren Scannern das Genom der Proben nicht aufzuschlüsseln vermocht. Sie hatten nur feststellen können, dass es teilweise den vorgefundenen Leitungen, Isolierungen und Anlagenteilen ähnlich war.
Es ist nicht auszuschließen, dass die Technologie der Fremden der des Raumcorps und der bekannten Zivilisationen weit überlegen ist, bilanzierte Professor Bennito Cavalljo. Welchen Zwecken sie dient, war durch die Exploration mittels Orbitalsonden und Droiden nicht feststellbar. Ich empfehle dringend die weitere Erforschung durch qualifiziertes Personal auf Fagor IV.
Sudeka Provost pfiff durch die Zähne. Da hatte der gute Professor Bennito Cavalljo wahrscheinlich den Schock seines Lebens bekommen und war mit dem Explorationsbericht über Fagor IV ohne Umwege in die Vorstandsetage von Neue Welten gelaufen … Wo das Dokument unter Verschluss genommen wurde. Wo Cavalljo inzwischen arbeitete, wusste Provost natürlich nicht. Vermutlich auf einem abgelegenen Außenposten oder tief in der Bürokratie des Konzerns, wo er kaum Gelegenheit und Mittel hatte, sein Wissen weiterzugeben.
Und auch in der Führungsebene von Neue Welten war Fagor IV nicht bekannt, wie die Corpsdirektorin glasklar vermutete. Nein, sagte sich Sudeka Provost. Sie musste davon ausgehen, dass die Daten abgefangen worden waren. Wenn der Planet bereits von Forschungsraumschiffen des Konzerns angeflogen worden wäre, hätte es keinen Sinn mehr gehabt, ihr den Bericht zuzuspielen.
Die Corpsdirektorin aktivierte die Kommunikationsrichtung auf ihrem Schreibtisch, wählte ihren Sekretär Emanuele Ferrante aus und schaltete auf Aufzeichnung: »Bereiten Sie die Solaria zum sofortigen Start vor«, sagte sie. »Dies hat absolute Priorität und hat unter Geheimhaltung zu erfolgen, bis ich das Direktorium unterrichte.«
Die Solaria war das erste Exemplar der Morgenstern -Baureihe des Neue Welten -Konzerns, das nach Abschluss der Entwicklungs- und der Erprobungsphasen mit den Prototypen regulär produziert worden war. Ein kleines Explorationsraumschiff mit eigenem Hypersprungantrieb – ohne den das Schiff die Rho-Dunkelwolke, in der Oltugos verborgen war und in der sich keine Sprungtore befanden, nicht hätte verlassen können. Und die Solaria war ein Geschenk von Lucius Robinson, dem Vorstandsvorsitzenden von Neue Welten, an die Corpsdirektorin – nicht das erste und auch nicht das letzte.
Sudeka Provost lehnte sich zufrieden in ihren Sessel zurück. Das war ein erfreulicher Abschluss ihres Arbeitstages, den sie nach der anstrengenden Sitzung des Direktoriums nicht erwartet hatte und der ihr eine großartige Perspektive eröffnete: nämlich die fremdartige Technologie auf Fagor IV zu studieren, für ihre Zwecke zu verwenden und das Heft
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