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Revenants Trilogie 01 - Von der Nacht verzaubert

Titel: Revenants Trilogie 01 - Von der Nacht verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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erledigen. Ich bring dich noch zur Metro.« Ich wartete auf eine Erklärung, aber es kam keine.
    »Kein Problem«, sagte ich und versuchte, so zu tun, als würde mir das wirklich nichts ausmachen. »Aber zur Metro brauchst du mich nicht zu bringen. Ich werde noch ein bisschen bummeln. In der Rue des Rosiers zum Beispiel.«
    Er sah erleichtert aus, als wäre das die Antwort gewesen, auf die er gehofft hatte. »Dann bringe ich dich aber wenigstens bis vor die Tür.«
    »Nein, wirklich nicht nötig«, sagte ich und merkte, wie leiser Ärger in mir aufstieg. Ganz offensichtlich ging hier irgendetwas vor sich, worüber ich nicht Bescheid wissen durfte. Dennoch war es unhöflich von Jules, zu verlangen, dass ich ging. Mal ganz davon abgesehen, wie feige es von Vincent war, dieser Forderung nachzugeben.
    »Ich bestehe darauf«, sagte er. Er öffnete mir die Tür und folgte mir in den Flur. Jules stand mit verschränkten Armen da und blickte uns finster hinterher.
    Vincent brachte mich bis in den Hof. »Es tut mir leid«, sagte er. »Da gibt es etwas, um das ich mich kümmern muss.«
    »Wieder was Polizeimäßiges, nehme ich an?«, erwiderte ich, ohne meinen Sarkasmus unterdrücken zu können.
    »Ja, so was in der Art«, sagte er ausweichend.
    »Und du darfst nicht darüber sprechen.«
    »Genau.«
    »Na gut, ich vermute, wir sehen uns dann in unserem Viertel ...«, sagte ich und versuchte, meine Enttäuschung mit einem Lächeln zu überspielen.
    »Wir sehen uns bald wieder«, sagte er und nahm meine Hand. Obwohl ich nicht gerade glücklich war über die Umstände, wurde mir bei dieser Berührung warm bis in die Zehenspitzen. »Versprochen«, fügte er hinzu und sah aus, als wollte er noch mehr sagen. Doch dann drückte er nur kurz meine Hand und ging zurück ins Haus. Meine schlechte Laune hatte sich dank dieser Geste ein klein wenig gebessert und so verließ ich den Hof zwar ohne das Gefühl, versetzt worden zu sein, war aber dennoch nicht wirklich froh darüber, welchen Verlauf das Treffen genommen hatte.
    Ich lief erst mal nach Norden und überlegte, ob ich lieber über die Rue des Rosiers bummeln sollte oder durch die schattigen Arkaden, die den Place des Vosges einrahmten, einen Platz aus dem siebzehnten Jahrhundert. Kaum einen halben Block weiter musste ich mir eingestehen, dass ich weder zum einen noch zum anderen Lust hatte. Ich wollte wissen, was mit Vincent los war. Die Neugierde brachte mich fast um. Wenn ich schon keine Antworten bekam, dann wollte ich einfach nur nach Hause.
    Ich machte noch kurz beim Crêpe-Stand vor dem Dome Café halt und sah dem Verkäufer dabei zu, wie er den Teig auf die heiße runde Platte strich. Insgeheim wünschte ich mir, dass Vincent jetzt hier mit mir warten würde. Während sich der Verkäufer um meinen Crêpe kümmerte, beobachtete ich die Menschen auf der anderen Straßenseite, die zu oder aus der Metrostation strömten. Und wie aufs Stichwort entdeckte ich Vincent und Jules, die gerade die Treppe hinunterliefen.
    Das ist meine Chance, endlich herauszufinden, was es mit diesem Polizeizirkus auf sich hat , dachte ich. Vincent hatte gesagt, er müsse sich um etwas kümmern. Sein Verhalten im Village Saint-Paul deutete eher darauf hin, als müsse er sich um jemanden kümmern. Ich wollte wissen, wer dieser Jemand war. Wenn ich weiter mit Vincent zusammen sein wollte — oder was immer das zwischen uns war —, sollte ich über seine mysteriösen Aktivitäten informiert sein, fand ich.
    »Et voilá, Mademoiselle«, sagte der Verkäufer und überreichte mir den in eine Serviette gewickelten Crêpe. Ich deutete auf das Kleingeld, das ich auf die Theke gelegt hatte, rief »Merci« und rannte zum Eingang der Metro.
    Nachdem ich die Ticketschleuse passiert hatte, sah ich, wie die beiden Jungs gerade in einen Tunnel einbogen, der zum Gleis führte. Wenig später war ich am Fuß der Treppe angelangt und erspähte sie in der Mitte des Bahnsteigs. Bevor sie mich bemerken konnten, ließ ich mich auf einen der Plastiksitze gleiten, die die Wände säumten.
    In dem Moment sah ich den Mann.
    Einen gepflegten Mittdreißiger im dunklen Anzug, der mit gesenktem Kopf nur einen Steinwurf von Vincent und Jules entfernt am Rand des Bahnsteigs stand, in der einen Hand hatte er eine Aktentasche, die andere hielt er sich an die Stirn. Es sah aus, als würde er weinen.
    In all den Jahren, in denen ich mit der Pariser Metro gefahren bin, habe ich schon einige merkwürdige Dinge gesehen: Obdachlose, die in die

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