Revenants Trilogie 01 - Von der Nacht verzaubert
Gesichtszüge verdunkelten sich. »Auch wenn Jean-Baptiste für mich mittlerweile so etwas wie Familie ist, hat seine Meinung keinen Einfluss auf mich. Wenn du möchtest, dass er dich mag, dann kann ich dir nur eins sagen: Gib ihm Zeit, dann wird das schon. Man muss sich sein Vertrauen verdienen. Und das ist nicht leicht. Aber du hast ja mich an deiner Seite. Er respektiert meine Entscheidung und wird sich dir gegenüber von nun an einwandfrei verhalten.«
Vincent las den Zweifel auf meinem Gesicht und fügte schnell hinzu: »Natürlich nur, wenn wir uns weiterhin treffen. Was ich aber sehr hoffe.«
Ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich ihn verstanden hatte. Geschickt wechselte Vincent das Thema, nachdem er wahrscheinlich befürchtet hatte, dass ich angesichts dieser schon wieder all zu ernsten Themen die Flucht ergreifen würde. »Sag mal, du und deine Schwester, steht ihr euch sehr nah?«
»Ja. Sie ist ja nicht mal zwei Jahre älter als ich. Wir haben immer behauptet, wir seien Zwillinge. Dabei könnten wir unterschiedlicher nicht sein.«
»Inwiefern?«
Ich steckte mir einen Bissen in den Mund und überlegte, wie ich meine Schwester am besten beschreiben konnte, ohne ein komplett oberflächliches Bild von ihr zu zeichnen. Sie war nun mal ein Schmetterling, der in Gesellschaft am prächtigsten schillerte.
»Georgia ist total extrovertiert. Ich bin zwar nicht direkt ein Mauerblümchen, aber mir macht es nichts aus, auch mal allein Zeit zu verbringen. Meine Schwester muss ständig unter Menschen sein. Jeder in New York kannte sie. Sie konnte immer die richtigen Partys aufspüren und ihr Freundeskreis bestand meistens aus irgendwelchen Bandmitgliedern, DJs und Performancekünstlern.«
»Lass mich raten, du warst immer zu sehr mit Bücherlesen oder Museumsbesuchen beschäftigt, um sie zu begleiten?« Ich lachte, als ich sein ironisches Grinsen sah.
»Nein, manchmal bin ich mitgegangen. Aber ich stand nie so im Mittelpunkt wie Georgia. Ich war nur Georgias kleine Schwester, die einfach mit dabei war. Sie hat sich immer um mich gekümmert. Jedes Mal hat sie jemanden bestimmt, der dafür sorgen sollte, dass ich Spaß hatte.«
Ich erklärte Vincent nicht, wen sie dafür aussuchte: Es waren immer umwerfende junge Männer, die — zu meiner großen Überraschung — darauf brannten, Georgias Schwester zu unterhalten. Ein paar Mal ist mehr daraus geworden. Nicht viel mehr, aber wenn ich mit Georgia auf eine Party ging, konnte ich sicher sein, dass da jemand war, mit dem ich tanzen, reden und vielleicht sogar in einer dunklen Ecke knutschen konnte. Georgia nannte sie meine »Partyjungs«.
Jetzt, als Vincent mir in seiner ganzen Anmut gegenübersaß, wirkten sie wie Gespenster, sie verblichen im direkten Vergleich mit ihm.
»Ich hatte mir Sorgen gemacht, wie sie den Umzug überstehen würde, schließlich bedeutete Paris, dass sie ihren Status als Partykönigin einbüßen musste«, fuhr ich fort, »aber ich habe sie unterschätzt. Sie ist auf dem besten Weg, hier auch bald ein Krönchen zu bekommen.«
»Neue Stadt, gleiche Szene?«
»Sie geht jede Nacht aus, wenn Papy und Mamie sie nicht explizit bitten, zu Hause zu bleiben. Aber im Unterschied zu New York gehe ich hier nicht mit ihr mit.«
»Ich weiß«, sagte er, spießte eine Kartoffel auf und hielt dann abrupt inne, um zu prüfen, ob ich gehört hatte, was ihm da rausgerutscht war.
»Wie bitte?«, fragte ich überrascht. Doch dann fiel mir plötzlich wieder ein, was Ambrose gesagt hatte. Wir haben sie überprüft und sie ist definitiv keine Spionin. »Ihr seid uns gefolgt!« Ich fühlte mich gleichzeitig entrüstet und geschmeichelt, dennoch winkelte ich meine Beine an und hielt mich von nun an auf meiner Seite des Tischs.
»Niemand ist Georgia gefolgt. Nur dir. Aber das war nicht ich. Zumindest nicht nach unserem Gespräch im Musée Picasso, denn ich fand, dass ich dir danach durchaus ein bisschen Privatsphäre schuldig war. Ambrose und Jules haben das erledigt. Als ihnen klar war, dass ich mich für dich interessierte, bestanden sie darauf, herauszufinden, ob du eine Gefahr für uns darstellst. Ich persönlich habe allerdings nie an dir gezweifelt. Ehrlich.«
»Eine Gefahr?«, fragte ich erschrocken.
Vincent seufzte. »Wir haben Feinde.«
»Was soll das heißen?«
»Wechseln wir das Thema«, sagte Vincent. »Das Letzte, was ich möchte, ist, dich irgendwie zu gefährden.«
»Bist du denn gefährdet?«
»Wir treffen nicht sehr oft aufeinander. Aber
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