Revolte auf Luna
er. »Ich arbeite seit dreißig Jahren selbständig und verdiene nicht schlecht. Oder vielmehr: Ich habe nicht schlecht verdient, denn heutzutage ist Eis schwieriger zu finden.
Daran ist nichts zu ändern, und ich beklage mich auch gar nicht. Aber die Verwaltung hat den Eispreis seit dreißig Jahren nicht mehr erhöht. Und das ist nicht in Ordnung.Dazu kommt noch, daß unser Geld an Wert verliert. Früher war unser Dollar und der Hongkongdollar gleichviel wert; jetzt muß man drei Dollar für einen HKL-Dollar rechnen. Ich weiß nicht, was ich tun soll... aber ich weiß, daß man Eis braucht, um Weizen anzubauen, von dem wir alle leben.«
Er setzte sich und schüttelte traurig den Kopf. Diesmal pfiff niemand, aber alle wollten gleichzeitig reden. Mehrere Farmer meldeten sich zu Wort, und einer von ihnen sprach für alle, als er sagte: »Ihr habt gehört, was Fred Hauser aus der Sicht des Eissuchers erzählt hat. Fred, ich habe ungefähr gleichzeitig mit dir angefangen. Mein !ltester und ich haben den von der Verwaltung gemieteten Tunnel unter Druck gesetzt, beleuchtet und bewässert; wir mußten ein Darlehen aufnehmen, um überhaupt anfangen zu können.Wir haben unsere Farm ständig ausgebaut, bis unser Hektarertrag jetzt neunmal höher als in den fruchtbarsten Gebieten der Erde ist.
Aber was haben wir davon? Sind wir reich? Fred, wir haben heute mehr Schulden als damals, als wir angefangen haben! Warum? Weil wir Wasser von der Verwaltung kaufen müssen, weil wir ihr unseren Weizen verkaufen müssen und weil wir diese Lücke nie schließen können. Alle Preise sind gestiegen -aber wir bekommen noch immer den gleichen Preis wie vor zwanzig Jahren für unseren Weizen. Fred, du weißt nicht, was du tun sollst. Ich kann es dir sagen! Schafft die Verwaltung ab!«
Begeisterte Zustimmung. Aber wer hängt der Katze die Schelle um? dachte ich.
Anscheinend Wyoming Knott, denn der Versammlungsleiter trat zurück, damit Shorty sie als >das tapfere kleine Mädchen, das aus Hongkong Luna gekommen ist, um uns zu berichten, wie unsere chinesischen Kameraden mit der Situation fertig werden< vorstellen konnte. Was nur bewies, daß er nie dort gewesen war, denn die Bevölkerung von HKL war ebenso gemischt wie anderswo.
Wyoming stand klein und hilflos auf dem Podium, bis der Beifall verklungen war. Die Zuhörer hätten vermutlich sogar applaudiert, wenn sie nur das ABC aufgesagt hätte.Aber Wyoming fiel gleich über die Farmer her.
»Vorhin hat uns ein Weizenfarmer erzählt, daß er praktisch vor dem Bankrott steht. Wißt ihr eigentlich, wieviel eine indische Hausfrau für ein Kilo Weizen bezahlt? Könnt ihr euch vorstellen, wie hoch die Transportkosten vom Katapult nach Indien sind?
Nur bergab! Nur ein paar Bremsraketen, die ebenfalls von hier kommen! Und was habt ihr davon? Einige Schiffsladungen importierter Waren, die zu überhöhten Preisen verkauft werden.
Importe, Importe! -ich kaufe nichts, was importiert worden ist.
Wenn es nicht in Hongkong hergestellt wird, brauche ich es eben nicht. Und was bekommt ihr noch für euren Weizen? Ihr dürft der Verwaltung Eis verkaufen, das ein Teil des Wasserkreislaufs wird, bei dem ihr Wasser kauft, es der Verwaltung mit wertvollen Stoffen angereichert zurückgebt und dann noch zweimal von ihr kauft. Und alles zu Preisen, die von der Verwaltung festgesetzt werden! Ihr verkauft euren Weizen zu festen Preisen und kauft Strom von der Verwaltung -ebenfalls zu überhöhten Preisen.
Oh, ihr Narren, ihr verdient es nicht anders!«
Respektvolles Schweigen. Dann fragte eine Stimme: »Was sollen wir tun, Genossin? Dem Gouverneur Steine nachwerfen?«
Wyoming lächelte. »Ja, das wäre eine Möglichkeit. Aber die Lösung ist einfacher. Hier auf Luna sind wir reich: drei Millionen fleißige, intelligente, geschickte Menschen, genügend Wasser und reichlich Energie. Aber... wir haben keinen freien Markt, deshalb müssen wir die Verwaltung abschaffen!«
»Wie?«
»Durch Solidarität. In HKL fangen wir bereits damit an.Wenn das Wasser zu teuer ist, kaufen wir es nicht. Wenn nicht genug für Eis bezahlt wird, verkaufen wir es nicht.Der Export ist ein Monopol der Verwaltung, folglich exportieren wir nicht. Unten in Bombay brauchen sie unseren Reis, deshalb können wir abwarten, bis Getreidehändler kommen und die jetzt gezahlten Preise überbieten!«
»Und in der Zwischenzeit verhungern wir, was?«
Wyoming warf dem Zwischenrufer einen verächtlichen Blick zu. »Um dich war's bestimmt nicht
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