Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)
Berg schien explodieren zu wollen. Das dunkle Grollen aus dem Untergrund
klang bedrohlicher, als das Kreischen des Drachen zuvor. Sie spürten die
Erschütterung des Gipfels. Es gab keinen sicheren Weg hinunter.
»Wir kommen nicht mehr nach unten«, stellte Ailina erschöpft und mutlos fest.
»Wir werden sterben. Aber wir haben unser Land gerettet.«
Erik blickte stumm um sich herum: überall nur Spalten, Lava und Feuer! Kein
Wasserzauber könnte hier helfen. Sie hatten den Drachen besiegt und doch verloren.
Er starrte ausdruckslos vor sich hin und spürte, wie in ihm die Tränen der
Trauer und der Wut hochkamen. Sie waren so dicht dran gewesen! Und dieses
blöde Land ging ihn nichts an. Er hatte es gar nicht retten wollen. Nur schreckliche
Dinge waren ihm hier zugestoßen. Er hatte doch nur nach Hause gewollt.
Der Berg bebte immer mehr.
Damian kam zu sich. »Wo sind wir?«, fragte er heiser.
»In der Hölle!«, erwiderte er tonlos. »Wenn du nicht zufällig fliegen kannst,
sind wir in der Hölle!«
Die Jugendlichen am Fuß des Gipfels starrten fassungslos nach oben.
»Wie sollen sie da runterkommen?«, kreischte Holly.
»Ich will das nicht«, schrie Gerrit. »Wir müssen etwas tun.«
Unter ihnen bebte die Erde. Risse entstanden. Lava suchte sich ihren Weg.
»Hier zerfällt alles. Zur Brücke«, brüllte Lennart.
Holly schüttelte den Kopf und starrte nach oben. Er warf sie sich wortlos über
die Schulter. Sie trommelte wie wild mit ihren Fäusten auf ihn ein und kreischte
hysterisch. Adrian schubste Gerrit vor sich her.
Sie rannten, so schnell sie konnten. Lennarts Gedanken überschlugen sich:
Aeneas konnte Erik vielleicht spüren und ihn holen. Aber was war mit Ailina und
Damian? Zumindest Damian hatte garantiert gar keine Magie. Er versuchte, mit
dem Ringlord Verbindung aufzunehmen. Wenn noch jemand helfen konnte, dann
er. Es klappte nicht. Sein Freund war entweder bewusstlos oder tot. Er hatte die
ganze Zeit davor Angst gehabt, Erik oder Aeneas zu verlieren. Hatte er jetzt beide
verloren? Eiseskälte breitete sich in ihm aus.
Die Brücke ächzte bedrohlich. Die Rhan stürmten über sie hinweg. Sie nahmen
kaum wahr, wie die ersten Seile rissen. Adrian rannte als Letzter. Er spürte, wie die
Hölzer unter ihm wegsackten. Er machte einen Hechtsprung und landete auf der
Hügelkuppe in demselben Moment, in dem die Brücke riss. Er konnte sich noch
nicht einmal darüber freuen, dass er es geschafft hatte. Er starrte auf den Abgrund.
Irgendwie schien mit der Brücke auch die letzte Verbindung zu Erik abgerissen.
Lennart warf Holly von der Schulter. Sie sprang auf die Füße und klammerte
sich an ihn. »Wir haben Erik verlassen!«, schluchzte sie außer sich und schlug auf
ihn ein. »Er wird sterben, weil wir ihn im Stich gelassen haben.«
Er schubste sie wortlos zur Seite und rannte zu Aeneas.
Der saß zusammengesunken und schweißnass an einen Baum gelehnt und hatte
die Augen geschlossen, aber er atmete. Erma und Anna knieten bei ihm. Beide
waren leichenblass und keuchten von der Anstrengung. Lennarts Erleichterung
darüber, dass sein Freund lebte, hielt sich in Grenzen.
»Wo ist Erik?«, wollte Anna wissen und sah sich hektisch um.
»Auf dem Berg!«, gab der zurück und stürzte sich auf Aeneas. Er schlug ihm
leicht ins Gesicht. »Komm zu dir! Los mach! Wir brauchen dich.« Nackte Panik
lag in seiner Stimme.
Der Ringlord erwachte und sah ihn müde an.
Er brüllte: »Erik und die anderen sind noch auf dem Gipfel. Sie schaffen es
nicht mehr. Der Berg explodiert gleich. Tu was!«
Aeneas schloss die Augen. Sein Freund dachte gerade bestürzt, dass er eingeschlafen
war, als die Augen wieder geöffnet wurden.
»Es geht nicht«, erklärte der Ringlord heiser. »Ihr müsst mir helfen.«
Es brauchte keiner eine Aufforderung. Alle stürzten um ihn herum und ergriffen
gegenseitig die Hände.
»Jetzt komm schon!«, kommandierte Lennart und wartete auf das Frösteln.
Nichts geschah.
»Mach endlich!«, kreischte Erma.
Holly fing an, hemmungslos zu schluchzen. Gerrit blinzelte die Tränen weg.
»Hört auf! Nehmt euch zusammen und konzentriert euch«, schimpfte Erma
sofort.
Holly verstummte augenblicklich.
»Aeneas, bitte!«, flehte Anna.
Endlich kam das Frösteln. Lennart erwachte zitternd aus der Trance.
Erma hockte bei ihrem Verlobten, half ihm auf die Knie und drückte ihm sein
Schwert in die Hand. »Reicht es?«, fragte sie angstvoll.
Aeneas schwankte
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