Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)
Zaubern verstand sich die Hexerin auf einige Künste, die sie vornehmlich im Kampf einsetzen konnte, und die ihre eigenen Fähigkeiten oder ihre Waffen verstärkten.
„Ich ... ich könnte versuchen, die Gitterstäbe rosten zu lassen“, überlegte Auriel. „Wenn ich zwei von ihnen mit Rost besetze, können wir sie hinausbrechen.“
„Gut!“ Rhavîn wirkte zufrieden. „Dann lass das Eisen rosten, ich gebe acht, dass sich niemand nähert.“ Mit einem stählernen Sirren versenkte der Dunkelelf sein Langschwert in der Scheide und griff stattdessen nach seiner Armbrust. Bedächtig legte er einen Bolzen ein, spannte die Waffe und begab sich dann in eine taktisch günstige Position, von der aus er den gesamten Außenbereich vor der Höhle einsehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
Auriel dagegen suchte sich zwei Eisenstreben aus, nach deren Wegfall eine ausreichend große Lücke entstehen würde, durch die sowohl sie als auch Rhavîn passen konnten.
Die Zauberin kniete sich vor den ausgewählten Stangen auf den Boden, sammelte ihre gesamte Konzentration und begann, den Zauber zu formulieren. Es war ein aufwendiger Spruch, bestehend aus einer Wortformel und einigen darauf abgestimmten Gesten, der in einer komplizierten Berührung des Metalls sein Ende fand. Sie verließ sich ganz auf Rhavîns Schutz und widmete sich ganz und gar dem Zauber. Auriel versenkte sich in ihrer Konzentration, richtete jeden Gedanken auf die Streben unter ihren Fingern.
Schon bald spürte Auriel, wie das Metall unter ihren Händen porös zu werden begann. Sie fühlte ein knisterndes Brodeln, das sich unter ihren Händen ausbreitete und sich in alle Richtungen ausbreitete, bis es auf Felsen oder Erde stieß. Die Stange verfärbte sich rotbraun und die oberste Schicht blätterte leicht, bevor sie zersprang und abplatzte.
Sofort, nachdem die erste Stange durch den magischen Rost völlig bedeckt war, wandte sich Auriel der zweiten Stange zu und belegte sie mit dem gleichen Zauber. Ungefähr eine halbe Stunde später waren die beiden rostroten Eisenstreben eindeutig von den anderen zu unterscheiden und vom Boden bis zur Decke mit Rost überzogen.
„Du musst sie herausstemmen, Rhavîn. Dazu fehlt mir die Kraft.“ Auriel stand wieder auf. Sie strich sich über die Stirn, wischte dabei etwas Roststaub auf ihre Haut.
Der Dunkelelf trat näher, umfasste die Stangen und drückte mit seiner ganzen Kraft dagegen, während Auriel erschöpft einen Schluck aus ihrem Wasserschlauch trank. Magie zu wirken war anstrengend und gerade für eine unerfahrene Novizin erschöpfend.
Nur wenige Augenblicke dauerte es, bis das Metall nachgab und unter den Fingern des Dunkelelfen zersplitterte, sodass Auriel und Rhavîn durch den entstandenen Zwischenraum in die Freiheit schlüpfen konnten.
„Jetzt lass uns Nymion und Kentaro befreien!“, beschloss Auriel. Sie blickte sich suchend um. In der Nähe vermutete sie einen Stall oder ein Gehege, in dem die beiden Tiere gefangen gehalten wurden.
„Und dann, bei der Ehre meines Fürsten, lass uns aufbrechen. Wir haben viel Zeit verloren, die wir aufholen müssen. Mein Auftrag duldet keinen Aufschub.“ Rhavîn blickte entschlossen drein, tauschte die Armbrust wieder gegen ein Langschwert und lief einige Schritte auf die Lichtung, die zwischen Höhle und Wald lag. Er drehte sich in alle Richtungen, spähte auf die Hänge der Hügel hinauf und warf prüfende Blicke in den Wald hinein, doch konnte er von ihren beiden Begleitern keine Spur entdecken. Ebenso drang keinerlei verdächtiges Geräusch an seine Ohren. In dem Moment, in dem er sich wieder zu Auriel umwandte, fiel sein Blick auf den Boden unmittelbar vor den Gitterstäben. Die weiche Erde dort war aufgewühlt, deutlich waren einige Spuren im Boden zu erkennen.
„Sieh dort, Auriel!“ Sofort lief Rhavîn zu den Spuren hinüber. Schnell kniete er sich auf den Boden, tastete mit flinken Fingern die Fährten ab.
„Eindeutig“, murmelte er besonnen und auf Auriels fragenden Blick hin erklärte er: „Orks. Mindestens zehn. Sie waren vermutlich schwer gerüstet oder trugen schwere Lasten bei sich. Die Spuren sind zu tief, als dass einzig die Weichheit des Bodens dazu beigetragen haben könnte.“
„Lass uns ihren Spuren folgen, vielleicht finden wir dann zu Kentaro und Nymion.“
„Gut!“ Der Dunkelelf nickte zustimmend. „Wir müssen so unwahrnehmbar wie nur möglich vorgehen. Wir sollten uns tarnen, wo es uns möglich ist und uns schleichend
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