Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)
ich meinem Vater geschworen hatte, niemals wieder jemanden zu lieben, und in der Obhut meines Fürsten lernte, mich wie ein wahrer Sícyr´Glýnħ zu verhalten, gewann ich seine Anerkennung zurück.“
Liebe. Nie wieder wird dieses Wort über meine Lippen kommen ... niemals wieder, Vater, ich schwöre es dir! Für dich werde ich seine Bedeutung vergessen und jeden Gedanken daran aus meiner Seele verbannen. Es wird sein, Vater, als habe ich dieses Wort nie gekannt , erinnerte sich Rhavîn an die Gedanken, die er als kleiner Junge gehegt hatte. Hättest du mir doch nur zugehört, Vater. Wie sehr habe ich dir geschworen, mich an deine Regeln zu halten, wenn du mich nur nicht verstößt. Alles hätte ich für dich getan. Alles! Mein Leben hätte dir gehört, Vater. Rhavîn erschauderte. Vor seinem inneren Auge sah er sich selbst als Kind. Verstoßen vom Vater, den er so sehr liebte und bewunderte, hatte er sich nichts mehr gewünscht, als seine Zuneigung und Anerkennung zu gewinnen. Damals hatte Rhavîn sich etwas geschworen, das in diesem Augenblick seine Gedanken quälte. Ich bin ein Kämpfer und werde lernen zu hassen und zu verachten, so wie mein Vater. Und eines Tages, wenn ich gelernt habe, die Welt mit seinen Augen zu sehen, wenn ich ebenso grausam und kaltherzig bin wie er, und meine Gedanken an Liebe nicht mehr als ein Schatten sind, werde ich zu ihm zurückkehren. Dann wird er mich achten.
„Ich habe ihm bei meinem Leben geschworen, der Liebe zu entsagen und so zu werden wie er, kaltherzig und grausam“, brachte Rhavîn mit bebender Stimme hervor. „Ich stand vor ihm, wie du vorhin vor mir standest.“
Auriels Züge wurden weicher, am liebsten hätte sie Rhavîn tröstend in die Arme geschlossen. „Ich hoffe so sehr, dass er den Schwur seines Sohnes anerkannt hat“, wisperte sie.
„Er war der Ansicht, mein Leben sei nicht mehr wert als der Dreck, den ein Dämon unter seinen Schuppen trägt.“ Rhavîn verzog das Gesicht. „Ich brauche dir nicht zu erklären, welchen Wert mein Schwur für ihn besaß.“
„Entsetzlich.“ Auriel starrte Rhavîn mit aufgerissenen Augen an. Sie spürte, dass seine Worte nur an der Oberfläche einer grauenvollen Wunde kratzten, fühlte, dass unbändiger Schmerz in seiner Seele wohnte.
„Seit dieser Zeit habe ich an meinem Schwur festgehalten. Ich habe nie wieder jemanden geliebt. Auch meine Sehnsucht, geliebt zu werden, erlosch. Seither diene ich ausschließlich meinem Fürsten. Ich bin ihm treu ergeben, erfülle jeden seiner Befehle. Ich bin sein innigster Vertrauter. Ihm gilt mein ganzes Streben, er ist mein Leben. Der einzige Freund, den ich je hatte, ist Nymion. Neben Lhagaîlan daé Yazyðor, meinem Fürsten, ist er das wichtigste Wesen in meinem Leben. Die Náiréagh habe ich immer verachtet, besonders ihrer Schwächen wegen.“ Hitzig fauchte er.
„Rhavîn.“ Auriel schmerzte es zu sehen, wie ihr Geliebter litt.
Der Dunkelelf schenkte ihr ein müdes Lächeln.
„Durch dich aber habe ich gelernt, dass es gerade diese Schwächen sind, die die Náiréagh auszeichnen, sie liebenswert machen. Zumindest für dich gilt das.“ Rhavîn seufzte. Er presste die Zähne aufeinander, ballte die Hände zu Fäusten. Mit überschlagender Stimme brachte er hervor: „Ich bin nicht besser als sie ... habe ich doch dieselben Schwächen. Ich hasse mich dafür.“
„Ach Rhavîn, welch Missverständnisse.“ Auriel seufzte und schmiegte sich an den Dunkelelfen, der ihre zarte Umarmung liebevoll erwiderte. „Bitte hasse dich nicht für etwas, das dich mir näher bringt.“ Nachdenklich wog sie den Magierstab in der Hand, den sie in Skogrigg gefunden hatte. „Ich wünschte, wir hätten schon viel früher darüber gesprochen.“
Der Dunkelelf seufzte erneut. „Lass uns nach einem Weg suchen, wie wir hier herauskommen. Und dann müssen wir Nymion und dein Pferd befreien.“
„Kentaro!“ Ein Schaudern rieselte über den Rücken der Hexerin. Sie löste sich von Rhavîn. „Ich hoffe, es ist ihm nichts geschehen!“
Langsam schlich sich Rhavîn bis zu den Gitterstäben voran, eines seiner Langschwerter hielt er dabei vorsichtshalber in der rechten Hand, stets darauf gefasst, plötzlich einen Ork vor sich zu sehen. Als er die Gitterstäbe unbehelligt erreichte, wagte er einen vorsichtigen Blick hinaus und stellte fest, dass die Höhle mitten in eine niedrige Hügelkette geschlagen war. Die Hügel bestanden aus schroffen Felsen, die mitten im Wald aus dem Boden ragten und nur
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