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Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Titel: Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Höcker
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verängstigten Tieren ausging, wandte sich die Novizin ihnen ohne Angst zu. Die Wölfe rochen das Blut, das ihre Kleidung durchnässte. Sie fletschten die Zähne, ihre Augen blitzten kampfesmutig. Der finstere Gesang und die lauten Trommelschläge erfüllten die Tiere mit Furcht, sie witterten den bevorstehenden Angriff.
    „Neun aus der Gruppe der Raubtiere“, rief der Hohepriester voller Enthusiasmus und schritt abermals um die Opfereiche herum.
    Auriel leckte über ihre Lippen. Sie starrte auf den ersten Wolf, sah sein gesträubtes Nackenfell, seine angelegten Ohren. Die Novizin bleckte ihre Zähne, um es ihrem Opfer gleichzutun, fauchte dem Wolf grimmig entgegen. Sie sank immer tiefer in einen tranceartigen Zustand, in dem sie nur noch das Blitzen ihres Dolches sah, das Hämmern der Trommeln hörte. Durch ihren Körper strömte ein stetig steigendes Verlangen nach weiterem Blutvergießen.
    Neuerlich zuckte ihre Klinge durch die Nacht, um sich tief in das Herz des ersten Wolfes zu bohren. Winselnd und keuchend brach er unter ihren Händen zusammen. Auriel glaubte, dass genau dieser Weg es war, der sie zu den Göttern brachte und sie sich ihnen mit jedem neuen Opfer ein Stück näherte.
    Sie fühlte, wie das Blut, das über ihre Finger floss, das Leben aus dem Körper des Wolfes trug. Der Duft seiner Angst erfüllte sie mit Genugtuung.
    Die junge Frau hatte den Eindruck, ewig so fortfahren zu können, fühlte Lust und Ekstase.
    Dann jedoch streiften ihre Blicke die gelbgrünen Augen des Wolfes und die junge Frau spürte einen schneidenden Stich in ihrem Herzen. Mit zittrigen Händen löste sie den Dolch aus der Brust des Tieres. Sie half dem Wolf, behutsam zu Boden zu gleiten. Seine Augen waren vor Schreck geweitet, sie blickten zu Auriel auf, wissend, so unglaublich von Schmerzen gezeichnet, wie die Augen eines sterbenden Menschen.
    Als wolle er mir sagen, welche Schuld ich gerade auf mich geladen habe . Panik fraß sich in Auriels Gedanken. Ihr Herz raste, ihre Atmung wurde immer oberflächlicher, ihre Bewegungen hastiger. Könnte ich es doch rückgängig machen, den Wolf heilen und ihn freilassen. Ich habe ihn getötet ... Auriel sah sich um. Tränen bildeten einen trüben Schleier vor ihren Augen. Der kalte Wind vertrieb die Schatten, die ihren Geist umklammert hielten. Ihr Blick fiel auf die toten Vögel, die in den Zweigen der Opfereiche baumelten, ihr Herz raste. Ich habe so viele wehrlose Tiere getötet.
    Heftiges Zittern erfasste ihren Leib. Ihre Gedanken kreisten einzig um den Wolf, dessen Atmung flacher und flacher wurde, bis sie schließlich kaum mehr zu vernehmen war. Das Ritual völlig vergessend streichelte Auriel immerzu durch das raue Fell des Wolfes, als könne sie durch diese Geste rückgängig machen, was sie ihm angetan hatte. Tränen tropften auf den Boden und auf den Leib des sterbenden Tieres. Die Novizin verspürte einen Schmerz, wie sie ihn lange nicht mehr erlebt hatte.
    Dieser Blick , dachte sie gequält. Sie kniff die Augen fest zusammen, doch etwas in ihr zwang sie, immer wieder den Blick des Wolfes zu suchen. Obwohl er im Sterben lag, schien er die Novizin doch bewusst zu betrachten. Es tut mir so leid, Wolf, es tut mir so leid. Ich könnte schreien vor Wut, vor Angst ... es tut mir so leid.
    Mit einem Mal ekelte sie sich vor dem Blut, das an ihr klebte wie ein Mahnmal, ein Zeichen, das sie als Mörderin auswies.
    Ich darf nicht schwach werden , schalt sie sich. Sie versuchte, tief durchzuatmen, doch waren ihre Lungen wie zugeschnürt. War ich bis vorhin noch eine angehende Hexerin, die beste Novizin in diesem Bund, so bin ich nun kaum mehr wert als ein einfacher, dummer Mensch.
    „Ich habe versagt“, wisperte sie. Auriel spürte in diesem Augenblick, dass der Schmerz in ihrer Brust nicht allein daher rührte, dass sie schwach geworden war. Dass sie dieses unschuldige Tier getötet hatte, nagte weitaus tiefer an ihrer Seele. „Es ist doch nur ein Wolf“, presste sie mühsam zwischen ihren Zähnen hervor. „Ein Tier, nichts weiter. Eine Kreatur, auf dieser Welt, um unseren Zwecken dienlich zu sein.“ Du weißt, dass das nicht stimmt! , maßregelte sie sich selbst. Schluckend erhaschte sie einen letzten Blick in die stumpf werdenden Augen des röchelnden Wolfes.
    „Ich kann das nicht!“, kreischte sie wie von Sinnen, als der Wolf in ihren Armen starb. Auriel fühlte sich, als habe sie gerade einen guten Freund verloren.
    Die anderen Wölfe bellten und heulten. Sie rochen das

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