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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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genäht hatte. Ein leichter blauer Sommermantel lag um seine Schultern. Er nahm seinen Platz an Alprechts Seite ein, und die Krieger scharten sich vor dem Tor um ihren König. Die Burgunder stellten ihre Reitkünste zur Schau, als sie den Fuß des Hügels erreichten. Sie hatten ebenfalls keine Kettenhemden angelegt. Ihre Schwerter waren wie die der Alemannen mit Bändern umwunden, und sie trugen weiße Schilde. Die Alemannen bestaunten das Können der Burgunder und der kleinen Steppenpferde, die auf den leichtesten Zug der Zügel reagierten und hinter dem stolz wehenden Banner mit Gebikas goldenem Eber in geschlossener Formation über die Wiesen galoppierten. »Gebika!« riefen alle.
    In gebührendem Abstand hielt der Trupp vor der Halle an. Der Sinwist, der König und seine Familie lösten sich von ihrem Gefolge. Als Geste der Höflichkeit sprang Gebika vom Pferd und übergab die Zügel seinem Oberpriester, der regungslos und stolz aufgerichtet im Sattel sitzenblieb. Krimhild und die drei Kinder folgten dem Beispiel des Königs. In der plötzlich eintretenden Stille wurde Sigfrid bewußt, daß zwei der drei jungen Burgunder ihn erstaunt ansahen. Hagen richtete den Blick ebenso herausfordernd auf Sigfrid wie im Gasthaus. Gunter schritt selbstsicher und herrisch aus wie sein Vater, aber er preßte die Lippen zusammen und vermied es, Sigfrid anzusehen. Gudrun hielt sich betont aufrecht und lächelte. Ihre langen honigbraunen Zöpfe schaukelten beim Gehen, und ihre Augen richteten sich nur flüchtig auf Sigfrid, ehe sie so übertrieben gelangweilt wie eine verlegene Katze geradeaus blickte.
    »Alprecht!« rief Krimhild und trat vor ihren Mann, ehe Gebika etwas sagen konnte. Sie bedachte den alemannischen König mit einem kühlen, höflichen Lächeln und betastete dabei ihre dunklen, hochgesteckten Zöpfe. »Ich freue mich, dich kennenzulernen. Das ist wohl dein ... Sohn Sigfrid.« Diesmal war nichts von einer burgundischen Aussprache zu hören; ihre Worte klangen so fränkisch wie die von Herwodis.
    Sigfrid verneigte sich und glaubte, bei seinem Stiefvater eine ungewöhnliche Spannung zu spüren, aber Alprechts Stimme klang völlig ruhig und gelassen, als er erwiderte:
    »Ja, richtig.« Er sah den König der Burgunder an und sagte: »Gebika, das sind bestimmt deine Söhne, Gunter und . .. ?«
    »Hagen«, ergänzte Gebika und legte die Hand auf den Arm des Jungen. Sigfrid fiel auf, daß Hagen beinahe unmerklich zusammenzuckte, als wolle er die Hand abschütteln. Hagen,
    dachte Sigfrid, das kommt von »Haken«. Ein merkwürdiger Name für einen Königssohn. Ich möchte wissen, wie er wirklich heißt... Herwodis trat mit Hilde und Herwar aus der Halle. Sie reichten dem burgundischen Königspaar und Alprecht große, mit Wein gefüllte Pokale. »Seid willkommen, König Gebika und Königin Krimhild«, sagte Herwodis freundlich. »Ich heiße euch und alle, die mit euch gekommen sind, als Gäste in König Alprechts Halle herzlich willkommen.«
    »Wir danken euch für eure Gastfreundschaft, König Alprecht und Königin Herwodis«, erwiderte Gebika. Er sprach langsam und deutlich, aber seine burgundische Aussprache machte es schwierig, ihn zu verstehen. Er hob den Pokal. Der goldene Halsring unter dem kastanienbraunen Bart blitzte in der Sonne, als er das Glas mit einem Zug leerte. Alprecht folgte seinem Beispiel. Krimhild trank nur einen kleinen Schluck. Das Glas tönte hell, als sie mit dem spitzen Fingernagel dagegenschlug. Sie ließ Sigfrid und seinen Stiefvater nicht aus den Augen.
    Sigfrid glaubte zu bemerken, daß Alprecht etwas leichter atmete, nachdem Herwodis ihm den Pokal noch einmal gefüllt hatte. »Wir haben eine Koppel für eure Pferde vorbereitet«, sagte der alemannische König. »Wenn ihr es wünscht, werden meine Leute eure Krieger dorthin führen, damit sie absitzen können.«
    »Sehr gut.«
    Gebika nickte. Er gab dem Sinwist ein Zeichen und rief etwas, das Sigfrid nicht verstand. Alprechts Krieger gingen den Hügel hinunter zu den Burgundern und ließen die beiden königlichen Familien zurück. Alprecht führte Gebika, Krimhild und die Kinder unter den wachsamen Augen der steinernen Göttin in die Halle. Die Mägde stellten für die Burgunder Brot und Käse auf die langen Tische. Die Ehrentafel stand etwas erhöht auf einem kunstvollen blauweißen Mosaikfußboden. Sigfrid blieb ein paar Schritte hinter Gunter, Gudrun und Hagen zurück, was Hagen veranlaßte, sich mißtrauisch nach ihm umzusehen.
    Als die

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