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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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von den Beinen. Mit dem Rücken zu ihr, lief er um das Bett, suchte seine Hose und zog sie an. Gudrun saß auf dem Bettrand, als er sich wieder umdrehte, und goß Met aus dem Glaskrug in einen der Pokale. Er setzte sich in gebührendem Abstand auf das Bett, um sie nicht zu ängstigen. Sie nahm ein Glas mit Met und trank durstig. »Gibst du mir auch etwas?« fragte er scheu. Er glaubte, Gudrun werde ihn auffordern, sich selbst ein Glas zu holen, aber sie nickte, füllte das Glas und reichte es ihm.
    Sie saßen bedrückt nebeneinander, bis ein lautes Miau die Stille durchbrach, und Sigfrid etwas Weiches über die nackten Füße strich. Er griff nach unten, hob die Katze hoch und setzte sie auf den Tisch.
    Gudruns Lächeln tat ihm gut. Sie streichelte die kleine Katze, die schnurrte und ihr den weichen Kopf gegen die Hand stieß. »Du bist aber ein süßes kleines Ding«, flüsterte sie. »Wie heißt sie denn?« fragte sie.
    »Ich habe ihr noch keinen Namen gegeben. Die Katze ist das Hochzeitsgeschenk meiner Mutter für uns. Sie hat gesagt...« Sigfrid stieß ein bitteres, heiseres Lachen aus und wieder flossen ihm die Tränen über das Gesicht. »Sie
    hat gesagt, wenn ich gut zu ihr bin, wird an unserer Hochzeit die Sonne scheinen.«
    Gudrun fuhr mit dem Finger über die kleine runde flauschige Kugel und sagte: »Also gehungert hat sie bei dir nicht.« Mit dem Zeigefinger fuhr sie die schwarze Zeichnung auf der winzigen Stirn des Kätzchens nach. »Siehst du, sie hat ein römisches M, eine Ehwaz-Rune auf dem Kopf.«
    Gudrun dachte nach, dann sagte sie plötzlich. »Wie findest du das? Wir nennen sie Minne, dann bringt sie uns Glück und Liebe, wie wir sie uns für unsere Ehe gewünscht haben.« Minne sprang auf Gudruns Schoß, rollte sich dort zusammen und wurde liebevoll gestreichelt.
    »Hagen hat mir gesagt, daß du die Runen kennst«, sagte Sigfrid und trank einen Schluck Met. Er war stärker und süßer als der Wein, den er kannte. Seine Wärme breitete sich in ihm aus, linderte die inneren Schmerzen.
    »Ein wenig, aber er kennt sie besser als ich, obwohl Krimhild sie ihm nicht beibringen wollte. Deshalb hat er sie von mir gelernt.« Sie sprach langsam und lehnte sich zurück.
    »Geht es dir besser?« fragte Sigfrid besorgt. »Kann ich etwas für dich tun?«
    »Es geht schon wieder. Aber ich habe noch Schmerzen.« Sigfrid dachte verzweifelt nach, wie er alles wiedergutmachen könnte, und plötzlich fiel ihm etwas ein. Er stand auf, ging zu seinen Satteltaschen und suchte nach Fafnirs Herz. Es war inzwischen völlig ausgetrocknet und nur noch eine dünne Scheibe schwarzes Fleisch. Sigfrid dachte, dies Geschenk sei der angemessene Preis für das, was er Gudrun angetan hatte. Sie würde viel wissen, und er hoffte, die Vögel würden ihr bessere und schönere Dinge erzählen als ihm. »Was ist das?« fragte sie ihn.
    »Fafnirs Herz. Wenn du davon ißt, öffnen sich dir Weisheit und Kraft. Es ist das Kostbarste aus dem Schatz des Drachen.«
    Gudrun nahm das trockene Fleisch in die Hand und betrachtete es. »Man sagt, Drachenblut sei giftig«, murmelte sie. Sigfrid wußte darauf nichts zu sagen, denn Gift konnte einem Wälsungen nicht schaden. Gudrun sah Sigfrid an, dann legte sie ihm die Hand auf die Schulter und zog ihn näher zu sich. Sie legte den Kopf zurück, und er küßte sie sanft.
    Zweifel begannen ihn zu quälen. Vielleicht sollte Gudrun das Drachenherz nicht essen. Vielleicht würde es ihr wirklich schaden. Er wollte sie warnen, aber nach dem Kuß hob sie die Hand, biß in das zähe Fleisch und riß ein Stück mit den Zähnen ab. Sie kaute schnell und schluckte.
    Noch zweimal biß sie ab, dann hatte sie das Herz gegessen. Gudrun griff nach dem Met und trank, um den bitteren Geschmack herunterzuspülen.
    Plötzlich keuchte Gudrun, sie wand und krümmte sich, sprang auf und schwankte wie von Fieber geschüttelt. Sigfrid nahm sie in die Arme, um sie zu beschützen. Er hob sie hoch und trug sie zum Bett. Sie atmete zischend und knirschte mit den Zähnen. Ihre Augen wurden groß, und die Pupillen weiteten sich zu schwarzen Höhlen. Sie hob die Hand mit dem Drachenring und schlug in die Luft. Sigfrid biß sich auf die Zunge und schmeckte das Blut, während ihn der Schmerz durchzuckte. Was konnte er nur tun? Wie konnte er Gudrun retten?
    Gudrun zuckte am ganzen Leib, als würden giftige Schlangen über sie kriechen. Sigfrid mußte stumm und hilflos zusehen, aber er hoffte inständig, daß die Wirkung des Gifts bald

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