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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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aus dem Norden wie das Feuer durch trockenes Gras. Niemand konnte ihn aufhalten. Erst als einer der Kerle sich von hinten heranschlich und ihm auf den Kopf schlug, setzte ihn das eine Weile außer Gefecht. Aber dein Vater war zur Stelle, bevor der Hund mehr Schaden anrichten konnte, und Sigmund war wieder auf den Beinen, noch bevor der Kampf zu Ende war. Es ist ihm wirklich nichts geschehen«, fügte Osfrid schnell hinzu, als er sah, wie Siglind angstvoll das Gesicht verzog. »Der Schlag machte ihn erst richtig wild. Er hat auch seinen Anteil an der Beute bekommen, obwohl es nicht so viel war, wie es hätte sein können. Wie ich gehört habe, sind einige Stämme, gegen die wir kämpfen, in unser Land eingefallen, weil andere sie aus
    ihrer Heimat vertrieben haben. Ja, ja, die Nordländer kommen nach Süden und die aus dem Osten ziehen nach Westen. Ich weiß nicht, wohin das alles noch führen soll, aber so wie es aussieht, gibt es für uns eine Weile keinen Frieden.«
    »Ich kann also nicht damit rechnen, daß Wals und seine Söhne meine Halle mit ihrer Anwesenheit beehren?« fragte Siggeir und klopfte mit seinen langen Fingern auf den schweren Eichentisch. »Der Drichten Wals bedauert, daß er nicht mit dem Mann seiner Tochter feiern kann, bis der Frieden in seinem Land wieder völlig hergestellt ist«, erwiderte Osfrid ebenso förmlich. »Und im nächsten Jahr? Wie sieht es da aus? Bestimmt hat ein Drichten wie Wals seine Macht so gefestigt, daß er das Land ein paar Wochen seinen Getreuen überlassen kann.«
    »Wals sagt, er wird kommen, sobald er dazu in der Lage ist, obwohl nur die Nomen wissen, wann das sein wird«, erklärte Osfrid mit Nachdruck und neigte in einer Geste der Achtung den Kopf leicht vor Siggeir.
    Siggeir seufzte. »In der Tat, ich hatte gehört... nun ja, das ist nicht weiter wichtig. Liebste Siglind, würdest du die Trinkhörner unserer Gäste wieder füllen, und laß die Frauen die Speisen auftragen. Ich weiß wohl, es ist eine lange Fahrt von Wals' Halle.« Siglinds Ängste, die sie in den letzten drei Monaten ausgestanden hatte, waren besänftigt. Sie lächelte ihren Mann zufrieden an und dachte glücklich: Vater hört auf meine Warnung. Erst jetzt kann ich Siggeir mit ganzem Herzen lieben, ohne fürchten zu müssen, daß er meinen Vater und meine Brüder verrät...
    »Natürlich, Liebster«, erwiderte sie und war bereits auf dem Weg nach draußen.
    Als Siglind sich mit zwei großen Bierkrügen in der Hand aufrichtete, erschien plötzlich zwischen den dunklen Bierfässern Karas große Gestalt. Die junge Frau erschrak, und der Schaum floß über den Rand der Krüge. »Kara«, rief Siglind schnell, noch bevor die alte Frau etwas sagen konnte, »hast du Reiche und das walisische Mädchen gesehen? Sie sollen unseren Gästen Brot und Käse auftragen, vielleicht auch etwas frischen Fisch, wenn wir haben.«
    »Wir haben frischen Fisch«, krächzte Kara, »aber er wird nicht so lange frisch bleiben, wie du dir es wünschst.«
    »Was redest du da? Der Bote, den Wals geschickt hat und seine Männer müssen jetzt essen.«
    Kara beugte sich vor und starrte Siglind in die Augen. »Aber nicht Wals oder deine Brüder. Die Wälsungen marschieren nach Westen und Süden, um ihr Land gegen alle zu verteidigen, die gegen ihre Grenzen anrennen. Ich weiß, denn mir sind gewisse Dinge bekannt, daß es Jahre dauern wird, bis Wals wieder mit dem zufrieden ist, was er hat. Denk an die Worte einer alten Frau und vergiß nicht: Wenn du sie wiedersiehst, müssen sie für dich Fremde und hier muß dein einziges Zuhause sein.«
    »Wie kannst du das wissen?« fragte Siglind verwirrt. »Und warum sagst du so etwas?« »Weil ich es weiß, und weil ich die hübsche Frau meines Sohnes, die sein Kind im Leib trägt, sehr gern habe. Ich möchte, daß du mit Siggeir in Freuden lebst, unbeeinflußt von dem Kampf, den die Männer untereinander ausfechten.«
    Siglind umklammerte den Griff ihres Dolchs, die Erinnerung an ihre Mutter.
    »Bevor meine Mutter heiratete, ritt sie über den Schlachtfeldern in den Wolken«, erwiderte Siglind stolz. »Wals' Sippe hat nie Frieden um jeden Preis gesucht. Und Wotan, von dem wir abstammen, läßt oft Kämpfe entbrennen.«
    »Du hast einen sehr starken Willen«, sagte Kara und schüttelte den Kopf, »aber die Zeit und die Liebe werden deine Heftigkeit mildern. Und du wirst froh darüber sein, wenn deine Brüder nicht mehr da sind und dir nur noch dein Mann bleibt. Geh, geh zurück in die Halle.

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