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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Ich rufe die Mägde. Wahrscheinlich liegen sie in der Sonne und schlafen. Du vertraust mir doch, wenn ich sage, daß ich mich um das Wohl unserer Sippe kümmere?«
    »Wer könnte es besser?« erwiderte Siglind aufrichtig. Aber ich vertraue dir in keiner anderen Hinsicht, dachte sie. »Geh und kümmere dich um deine Gäste. Ich weiß, Siggeir wird stolz auf dich sein.«
    Kara tätschelte Siglind die Schulter. Ihre Hand war so ledrig wie die Pfote eines alten Hundes. Die junge Frau eilte mit den Krügen davon. Sie wollte so viel wie möglich von zu Hause erfahren.

10
DER SIEG
    Wals' Bote kam am Ende jeden Sommers zu Siggeir mit Nachrichten von neuen Kriegen, neuen Kämpfen mit den Eindringlingen aus dem Osten oder den besiegten Stämmen im Westen und Süden, die der Grund dafür waren, daß Wals und seine Söhne nicht in der Halle seiner Tochter erschienen. Als Siglinds erster Sohn Teudorik fünf war und ihr zweiter Sohn Harigast vier, erschien an Stelle von Osfrid ein untersetzter junger Mann namens Odward. Er hatte schwarze Haare und ein gebrochenes Nasenbein. Der Mann berichtete, der andere Bote sei an einem Fieber gestorben, das in Wals' Land gewütet habe. Aber, den Göttern sei Dank, niemand aus ihrer Familie sei tot, obwohl Alfwald und Bertwini erkrankt waren und nun ihr Leben lang mit Pockennarben gezeichnet sein würden. Sigmunds Name kam in den Berichten über die Heldentaten immer an erster Stelle. Siggeir musterte den Boten mit zusammengekniffenen Augen und klopfte mit den langen Fingern auf sein Knie, als Odward von Sigmunds Schwert berichtete, das Wölfen und Adlern leichte Beute brachte und von Sigmunds Ruhm erzählte, der bald so groß sein werde wie der seines Vaters. Siglind strich über die blonden Köpfe ihrer Söhne und freute sich für ihren Zwillingsbruder. Aber noch mehr freute sie sich über das Meer, das ihren Mann von Sigmund trennte. Siggeir war ein treuer und liebevoller Ehemann, aber etwas in seinen Augen erinnerte sie stets daran, daß Siggeir seine Schmach in Wals' Halle nie vergessen würde.

    *

    Siglind beobachtete ihre Söhne, die im Schatten am Waldrand spielten. Drei Tage Sturm hatten sie in die Halle verbannt. Jetzt tobten und kämpften sie ausgelassen und voll Freude über die wiedergewonnene Freiheit. Der neunjährige Teudorik hatte seinen Bruder im Schwitzkasten und versuchte, ihn in die Brombeerbüsche zu werfen.
    Harigast wehrte sich mit all seinen Kräften und zerrte seinen Bruder in die andere Richtung. Die beiden waren für ihr Alter groß und kräftig. Von den roten Haaren ihres Vaters hatten sie nur einen rötlichen Schimmer in den blonden Schöpfen geerbt, aber beide Kinder hatten seine gekrümmte Nase. Siglind sah dem wilden Spiel gelassen zu und dachte daran, wie sie mit ihren Brüdern gekämpft hatte. Sie hatten sich wie junge Wölfe gebissen und gekratzt, sie hatten gerungen und geboxt. Das lag lange zurück - beinahe zehn Jahre. Sie war inzwischen dreiundzwanzig. Ihre schweren aufgesteckten Zöpfe schmückte ein kostbarer Reif aus irischem Silber, wie es sich für eine Frowe und Mutter gehörte. Das Silber war ein Geschenk von Siggeir. Er hatte den Reif vor zwei Jahren bei einem Raubzug erbeutet. Siglind schüttelte lächelnd den Kopf. Es würde ihr inzwischen schwerfallen zu entscheiden, an welchem Ende sie ein Übungsschwert anfassen mußte. Sie betastete das Gras, um sich zu vergewissern, daß es trocken war, und ließ sich dann bedächtig nieder, um ihre Röcke nicht zu zerknittern.
    Harigast hatte sich aus dem Griff seines Bruders befreit und trieb ihn tiefer in den Wald. Sie waren im Unterholz Sigrids Blicken entschwunden, als sie plötzlich den Kopf hob. »Teudorik! Harigast! Kommt zurück!«
    Es raschelte im Gebüsch, und zwischen den Blättern erschienen zwei kleine blonde Köpfe. »Wir sind ganz in der Nähe«, rief Teudorik im Ton verletzter Würde.
    »Wir können dich doch von hier gut sehen«, beteuerte Harigast. »Wenn ihr eure eigenen Schwerter habt«, erwiderte Siglind ernst, »dann seid ihr Männer. Dann könnt ihr gehen, wohin es euch gefällt, und gegen jeden kämpfen, wenn ihr wollt. Aber bis dahin... vergeßt nicht, im Wald gibt es Wölfe. Ihr wißt doch, wie viele Kinder im letzten Winter verschwunden sind.«
    »Drei«, erwiderte Harigast mißmutig. »Aber jetzt ist Sommer. Und die Wölfe kommen im Sommer nicht in die Nähe der Menschen.« »Trotzdem«, sagte Siglind, »müßt ihr in meiner Sichtweite bleiben, oder ihr werdet erleben, daß

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