Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
Vom Netzwerk:
– ‘Ach’, sagte Ameleychen, ‘ich weiß wohl ein Fischlein, das gehört mir; es ist mir selbst in den Schoß gesprungen, es steht auf unserem Blumenbrettchen in einem Glase zu Hause bei meiner Wiege, wenn das hier wäre; es ist gar klug und fromm, und würde gewiß die Botschaft ausrichten.’ – ‘Närrisches Ameleychen!’ sagte der Rhein, ‘wenn es hier wäre, so wäre uns freilich geholfen; aber wie solls herkommen?’ – ‘Freilich’, sagte Ameleychen, ‘es kann nicht kommen, es dürfen ja gar keine Fische herein.’ Da sagte der Rhein: ‘Wenn es hier wäre, es sollte mir lieb sein, weil es fromm ist und dir gehört, und uns dienen könnte.’ – ‘Nun, da ist es!’ sagte Ameleychen und hob seine Decke auf und legte mich dem alten Rhein in den Schoß. Er fragte mich freundlich, wie ich hereingekommen, und die Brüder Main lachten, als sie hörten, daß sie mich in den roten Schuhen hergetragen, und nun mußte ich alles erzählen, was ich von Mainz wußte. Als ich von der Hungersnot und der Verzweiflung der Eltern um ihre Kinder erzählte, weinten die Prinzessin und Ameleychen, und bald stimmten alle Kinder mit in die Trauer ein, und der alte Rhein und die Nymphen wurden auch sehr betrübt, und da die Prinzessin ihn sehr bat, er sollte den armen Eltern doch die Kinder wiedergeben, sprach er: ‘Alles zu seiner Zeit; was sollen sie mit den Kindern, da sie selbst kaum Brot für sich haben? Wenn der Müller Radlauf wiederkömmt und König von Mainz ist, und wenn ich kein einziges Märchen mehr weiß, um es den Kindern zu erzählen, dann soll er mir eins erzählen, und dafür will ich ihm auch seine liebe Braut wiedergeben, und dann soll mir einen Tag um den andern eine gute Mutter aus Mainz ein Märchen erzählen, und dafür will ich ihr immer ihr Kind wiedergeben, bis sie alle droben sind; und du, Fischchen! schwimme zurück und grüße die Frau Marzibille, und sage ihr, was du gehört, zum Trost.’ Alle dankten nun dem alten Vater Rhein für sein Versprechen: ich aber bat mir die Erlaubnis aus, solange dazubleiben, bis die Brüder Main wieder nach Hause zögen, damit ich in ihrem Schutz vor den Raubfischen sicher hierherkäme, und das wurde mir zu meiner und Ameleychens großer Freude erlaubt. Nun erzählten während der vierzehn Tage, die ich dort war, die Flüsse die artigsten Märchen, die sie wußten, und die Nymphen sangen allerlei schöne Lieder dazu, wobei alle Kinder sehr vergnügt zuhörten. Da sie aber alle nichts mehr wußten, nahmen sie Abschied und brachten mich wieder her und schwammen nach Franken zurück. Das ist alles, was ich weiß; Ameleychen läßt euch viel tausendmal grüßen.«
    Der Fischer und die Fischerin sagten dem Goldfischchen viel tausend Dank für die freudige Botschaft und taten ihm alles Liebe an, und da sie ihm sagten, wenn es wieder in den Rhein wolle, so wollten sie es hintragen, sagte das Goldfischchen: »Ich will jetzt bei euch bleiben, bis der Radlauf kömmt, dann will ich geschwind zurück und Ameleychen die nahe Hilfe anzeigen« – womit auch die beiden guten Leute ganz zufrieden waren.
    Nun dachten sie daran, wie sie auf alle Weise die Nachricht des Goldfischchens den andern Bürgern zum Trost bekannt machen wollten, und gingen gleich in die Kirche und beteten, und nach der Kirche setzten sie sich in den Kirchhof in den Sonnenschein und luden die andern Bürger und Bürgerfrauen zu sich ein und erzählten ihnen alles. Da ward die Freude und der Jubel allgemein in der ganzen Stadt, und abends war Illumination und Freitheater und Ball und aller möglicher Spektakel.
Wie Radlauf von seiner Reise zurückkehrt und König von Mainz wird.
    Nun aber wollen wir uns wieder einmal an den Müller Radlauf erinnern, der mit dem Testament des Herrn von Starenberg in den Schwarzwald zu dem Grubenhansel gezogen war; was ihm aber da begegnet ist, wird er hernach selbst erzählen; ich darf jetzt nichts anders sagen, als daß er gerade wieder in der Nacht zu Hause ankam, ehe Goldfischchen zur Frau Marzibille zurückkehrte.
    Es war abends um sechs Uhr, als Radlauf mit den zwölf Rittern, die ihn zurückbegleiteten, auf dem Berg aus dem Wald herausritt; er sah den Rhein zu seinen Füßen, und die hellen Tränen standen ihm in den Augen; er drehte sich zu den Rittern um und sprach: »Meine lieben Getreuen! wenn ich gleich jetzt euer Fürst bin, so kann ich doch nicht anders: ich muß wieder Müller sein, wenn ich den herrlichen Rhein sehe und die Mühle klappern höre, wo ich

Weitere Kostenlose Bücher