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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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jemanden, aber ich kam nicht drauf, an wen.
    Â»Die Frau ist sein, wie sagt man, neuen Lieblingsspielzeug?«,sagte Irina. »War vorgestern mit in Club, wird übermorgen sein über alle Bergen, weil Boris wechselt Freundinnen schneller als der Hemden, sagt man so, ja?« Ein knallrot lackierter langer Fingernagel tippte auf das Foto. »Aber nun schaut endlich der tolle blauen Kleid! Kriegen wir das in Boutique in Friedrichstraße, dieser schicke Fummel? Tanja, sag.«
    Â»Kann sein.« Mama nippte an ihrem Kaffee. Sie würde mindestens drei Tassen brauchen, bis sie richtig wach war. »Aber mir ist heute nicht nach Shopping. Frag doch die Jungs, ob sie mitgehen. Was meint ihr, Rico – Oskar?«
    Â»Nee. Die Jungs haben schon was vor.« Ich gab Oskar einen Schubs und setzte mich in Bewegung. Solange Mama ihren Kaffee trank und dabei mit Irina quatschte, konnten wir im Wohnzimmer ungestört am Computer nach der Adresse für Plan C suchen.
    Â»Gut, geh ich eben allein«, murmelte Irina hinter uns beleidigt. »Ich brauche unbedingt dieser Fummel! Der wird einschlagen in die Kerle wie Granaten. Sagt man so, ja?«
    Â»Also …« Oskar blieb neben mir stehen, genau im Türrahmen. Er atmete tief ein und wieder aus, mit hochroten Ohren, und drehte sich zu Irina um. »Wenn Sie schon andauernd fragen: So sagt man das nicht! Ihr Deutsch ist ganz gut. Aber Sie bringen die Artikel durcheinander, und die Beugungen beherrschen Sie auch nicht.«
    Irina legte sich in gespieltem Schrecken eine Hand auf die Brust. »Oskarchen, bleib locker! Kann ich mich beugen wiejunges Mädchen, glaub mir! Und wenn ich hab der falscher Artikel, geh ich umtauschen in Supermarkt.« Sie strahlte ihn mit so viel Gold in den Augen an, dass davon die Küche ganz hell wurde. »Sagt man so, sagt man nicht?«

 
    Â 
    Um von der Dieffe in die Lilienthalstraße zu kommen, geht man bis zur U-Bahn am Südstern und dort über die große Kreuzung, dann noch ein Stückchen weiter geradeaus, und schon ist man dort. Das sind also gerade mal zwei Katzensprünge. Jedenfalls, wenn Oskar dabei ist. Selber käme ich höchstens einen Sprung weit, bevor die Katze von einem Bus oder dergleichen plattgemacht würde.
    Die feinen Häuser in der Lilienthalstraße blicken über dicht belaubte Bäume hinweg genau auf den Volkspark Hasenheide. Als wir klingelten, sprang die Haustür fast sofort auf. Wir mussten durch einen Hinterhof mit einem einwandfrei gepflegten großen Garten, dann ins Hinterhaus und dort nach fast ganz oben, vierter Stock.
    Zwei Minuten später war ich immer noch schwer beeindruckt. Im Gegensatz zu Fitzkes unordentlichem Steinestall war die Wohnung von Herrn van Scherten von Licht durchflutet und so sauber wie geleckt.
    Â»Wow«, flüsterte Oskar neben mir. »Hier kann man ja vom Fußboden essen!«
    Konnte man, musste man aber nicht. Es gab auch einen schönen Esstisch aus dickem Holz, mit verschnörkelten Beinen. Alles war hier aus echtem Holz: der Wohnzimmerschrank, die Stühle mit ihren Rücken aus feinem Korbgeflecht, die gemütlich gepolsterten Sessel, eine Kommode. Alles alt und sehr geschmackvoll und bestimmt sehr teuer. In den vielen Regalen lagen und standen und stapelten sich Hunderte von Büchern, an den Wänden hingen Glaskästen, mit aufgepikten Schmetterlingen und anderen Krabbelviecherndrin, und auf dem Parkettboden lagen weiche Teppiche mit bunten Mustern.
    Â»Haben Sie eine Putzfrau?«, sagte ich, als Herr van Scherten aus der Küche kam. Er trug ein Tablett mit drei Gläsern drauf und einem Limonadenkrug. Frau Dahling hat so eine Karaffe aus Kristallglas im Schrank, aber sie benutzt sie nie.
    KARAFFE : Eigentlich ein arabisches Wort, es bedeutet Wasserrad mit Schaufeln . Die Araber leben in der Wüste, wo es furchtbar trocken ist, deshalb benutzen sie die Schaufeln wohl zum Buddeln. Zur Not könnten sie aber auch ein Kamel damit bewusstlos schlagen und seinen Wasserspeicher im Höcker plündern.
    Â»Brauch keine Putzfrau.« Herr van Scherten stellte das Tablett auf dem Tisch ab. »Ich habe einen angeborenen Sinn für Ordnung.«
    Das muss man ja erst mal wissen, dass man mit so einem Sinn in sich drin geboren werden kann. Falls ich ihn auch habe, wüsste ich gern, wo die Ordnung sich in mir versteckt. In meinem Kopf wohl eher nicht.
    Neben mir nahm Oskar die Sonnenbrille ab, um sich ein

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