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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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der fürchterlichen Ellie beobachteten, erzählte Oskar Herrn van Scherten von den Falken im Kirchturm und von der Freitagsgöttin aus nordischer Richtung. Ich hörte nur mit halbem Ohr hin. Ständig guckte ich durch die Scheibe und hoffte, die Ellie würde Porsche dabeihaben – falls sie seit heute früh überhaupt schon wieder zu Hause war. Falls sie das Haus heute überhaupt noch einmal verließ. Falls sie dann überhaupt an irgendeinen Ort fuhr, an dem sie teure Taschen klaute oder sich sonst wie damit eindeckte.
    Es gab so viele falls und überhaupt, dass mir davon ganz schwummerig war. Ich überlegte, ob Herr van Scherten uns nicht zum Vicky bringen konnte. Dann hätte ich dort schnell ein paar einzelne Cents in den Brunnen werfen können – diesmal über die Schulter, wie es sich gehörte. Aber das Glück war uns auch ohne Bestechung hold.
    Â»Da ist sie!«, rief Oskar plötzlich.
    Â»Alte Schreckschraube«, murmelte Herr van Scherten.
    Die fürchterliche Ellie hatte Porsche tatsächlich wieder bei sich, aber ich kam nicht dazu, mich zu freuen. Es war nämlich noch jemand bei ihr. Ein Mann, jünger als die Ellie, trathinter ihr aus der Haustür. Oskar und ich schnappten gleichzeitig nach Luft.
    Â»Ah, ihr Sohn«, sagte Herr van Scherten, als wäre es die normalste Sache der Welt. »Hab mich mal kurz mit den beiden unterhalten, das ist Jahre her, die Hannah lebte noch, unser erster Bingoabend war das, da brachte er seine Mutter im Auto zum Gemeindezentrum, wie hieß er noch gleich?«
    Â»Boris«, sagte ich leise. Vermutlich war ich blass geworden. Jedenfalls klang meine Stimme irgendwie blass. »Das kann kein Zufall sein. Er ist der Besitzer von dem Club, in dem Mama arbeitet.«
    Jetzt fiel mir ein, an wen der Boris mich erinnert hatte: Er und seine Mutter hatten ähnlich schmale Gesichter. Womöglich waren sie früher mal gemeinsam im selben Türspalt stecken geblieben. Oskar pfiff leise durch die Zähne. Ich hätte auch gern gepfiffen, weil man das in Krimis so macht, wenn man was Tolles rausgefunden hat, zum Beispiel, wie die Verbindung zwischen der fürchterlichen Ellie und Mama zu Stande gekommen war oder von wem Mama offenbar in Wirklichkeit erpresst wurde. Aber ich war immer noch viel zu geschockt, um das komplizierte Gewurstel mit Lippen und Zunge plus Luftdurchquetschen hinzukriegen. Mir wäre bestimmt nur Spucke am Kinn runtergelaufen.
    Â»Nun wird’s wirklich spannend«, sagte Herr van Scherten. »Ein Zufall dürfte das jedenfalls nicht sein. Der liebe Boris scheint ein paar illegale kleine Nebengeschäfte zu betreiben.Und seine Frau Mama greift ihm dabei tatkräftig unter die Arme.«
    Zunächst mal griff der Boris seiner Mama unter die Arme, als er ihr, nur drei Wagen vor unserem, beim Einsteigen in einen todschicken silbernen Mercedes half. Zu Porsche, der aufgeregt und verwirrt vor der Beifahrertür herumtrippelte, war er genauso gemein wie die fürchterliche Ellie. Er packte ihn mit verkniffenem Gesicht beim Schlawickel und pfefferte ihn hinter seiner Mutter her. Wir konnten Porsches Aufjaulen bis in unseren Wagen hören.
    So ein Drecksack!
    Als der Boris losfuhr, ließ Herr van Scherten ebenfalls den Motor an, kurvte aus der Parklücke raus und folgte den beiden. Ich nahm mir vor, bei nächster Gelegenheit das Glück um Verzeihung zu bitten. Ich hatte es für eine Mimose gehalten und eine Leberwurst viel besser gefunden, aber jetzt hatte es mir den Boris sozusagen auf einem Silbertablett serviert.
    Für die Bingotrommel in meinem Kopf machte das leider keinen Unterschied. Sie drehte nicht durch, aber sie trommelte ordentlich vor sich hin. Was hatte der Boris gegen Mama in der Hand? Womit erpresste dieser Mistkerl sie? Damals, nachdem ich dem Lawottny bei der Schlägerei im Förderzentrum die Nase blutig geschlagen hatte, hatte ich Mama vorsichtig gefragt, wie sie an den Job im Nachtclub gekommen war, wo sie arbeitete, seit ich mich erinnern konnte. Mama hatte geantwortet, der Club gehöre einemalten Freund von ihr, ich sollte mir keine Sorgen machen, und sie sei auch nicht so eine, wie der Lawottny behauptet hatte, sondern Geschäftsführerin und Barfrau. Also kannten sie und dieser Boris sich schon sehr lange. Aber seit wann genau? Und woher?
    Je länger ich nachdachte, umso roter wurden die Bingokugeln in meinem Kopf vor lauter Wut, und umso

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