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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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dicken Italiener. Time To Say Goodbye. Er ist blind, wusstest du das? Deshalb kann er die Frau nicht sehen, die ihm dauernd dazwischensingt.«
    Â»Ist vielleicht auch besser so. Ich befürchte, die ist anorektisch.«
    Â»Was ist das?«
    Â»Magersüchtig. Deshalb hat sie auch so eine dünne Stimme.«
    Ich schätze, das war Ironie oder Sarkasmus, aber ich kam nicht dazu, darüber nachzudenken, denn Porsche begann zu winseln. Ich ging in die Knie und streichelte ihm über den Kopf. »Wir gehen ja gleich.« Ich sah hoch zu Oskar. »Kommst du mit?
    Â»Klar.«
    Mindestens drei Mal am Tag gehe ich mit Porsche Gassi. Morgens und abends laufen wir meistens bloß kurz um den Block. Das ist gar nicht so schwierig, wie ich früher immer dachte, man muss nämlich bloß die Ecken vom Block wegdenken und sich stattdessen vorstellen, man liefe im Kreis. Allerdings darf man sich unterwegs nicht ablenken lassen, indem man seinem Hund beim Pinkeln zuguckt oder dergleichen, sonst vergisst man die Richtung und läuft den Kreis wieder zurück, und dann ist es womöglich nur ein Halbkreis, und das gilt nicht. Anfangs ist mir das öfters passiert, manchmal sogar mehrfach hintereinander, weil Porsche alle paar Meter das Beinchen hebt. Da waren wir dann schön lange unterwegs, mit vielen Halbkreiswechseln. Kann sein, dass das Porsche verwirrt hat und er sich deswegen inzwischen genauso schlecht zurechtfindet wie ich. Nur wenn er eine Schnüffelspur verfolgt, kann ihn nichts vom Weg abbringen. Er ist ein großartiger Spurensucher und würde sogar vom Nordpol bis zurück in die Dieffe finden. Jedenfalls, wenn ihm nicht unterwegs ein Eskimo ein Eisbein oder dergleichen vor die Nase hält. Porsche folgt nämlich jedem, der ihn auch nur angrinst oder ein Leckerchen schenkt. Er ist der verfressenste Hund der Welt, und ich frage mich echt, woher er das hat. Ich gebe mir solche Mühe mit seiner Erziehung.
    Nachmittags, wenn wir länger unterwegs sind, gehen wir komplett um den Urbanhafen herum. Immer habe ich Plastikhandschuhe und kleine Tüten und ein Schippchen dabei, für Porsches Geschäft, und ich hab Leckerchen in der Hosentasche, falls er mal abhaut und ich ihn zurücklocken muss. Allerdings läuft er nicht mehr weg, seit er mitgekriegt hat, dass ich die Leckerchen selber esse, wenn ich zu lange auf ihn warten muss.
    Als Porsche jetzt sein Geschäft machte, schön praktisch direkt neben einer Mülltonne auf dem kiesigen Weg am Hafen, sagte Oskar: »Hast du gewusst, dass in Berlin jeden Tag fünfundfünfzig Tonnen Hundekot anfallen? Das entspricht dem Gewicht von hundertzehn Eisbären.«
    Â»Was ist Kot?«
    Er zeigte auf Porsches kleinen Haufen, den ich gerade in die Tüte bugsierte. »Das da.«
    Ich starrte ihn an. »Wer rechnet denn so was aus?«
    Â»Das mit den Haufen?«
    Â»Nee. Wie viele Hundehaufen einen Eisbären ergeben.« Wer die vielen Häufchen in die fünfundfünfzig Tonnen schippen musste, fragte ich lieber gar nicht erst. Es ist mir immer noch peinlich, wenn Oskar mich für blöde hält, obwohl wir uns schon so lange kennen.
    Er zuckte die Achseln und bückte sich nach einem Stöckchen für Porsche. »Man kann es in alles umrechnen, was man will, wenn man dessen Gewicht kennt. Wie viel wiegst du?«
    Ich ließ die Tüte in die Mülltonne plumpsen. »Dreißig Kilo, glaube ich.«
    Â»Dann entsprechen die Haufen ungefähr 1830 Mal dir«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
    Â»Hm.« Ich überlegte kurz, während ich die Plastikhandschuhe auszog und der Tüte hinterherwarf, aber 1830 war mir zu viel. Ich kriegte es schon nicht hin, mich mir nur zwei oder drei Mal vorzustellen. »Das ist echt eine Menge, oder?«
    Oskar nickte. Ich fand es beruhigend, dass er nicht die genaue Zahl im Kopf ausrechnen konnte.
    Â»Eigentlich«, sagte er und warf das Stöckchen, »1833 Komma drei Periode.«
    Mann, Mann, Mann! Ich gab mir Mühe, nicht so neidisch auszusehen, wie ich mich fühlte, aber in Gedanken pfefferte ich das Komma, die Drei und die …
    Â»Was ist eine Periode?«
    Â»Ein sich ständig wiederholender mathematischer Wert.«
    â€¦ und die blöde Periode in die stinkigste von den fünfundfünfzig Tonnen. Warum konnte ich so was nicht? Während Porsche hinter dem Stöckchen herflitzte, versuchte ich, so schnell wie möglich, sieben mal

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