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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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dass der Typ ab und zu eine Frage beantwortet. Auf die nach seinem Namen kam nämlich nichts.
    Â»Fahren Sie weg?«
    Â»Nur über die Pfingstfeiertage«, antwortete der Kiesling. Seit er mitgekriegt hat, dass ich Porsche nach seinem coolen Wagen benannt habe, ist er etwas aufgeschlossener und netter zu mir. »Rauf in den Norden, an die Ostsee. Ein bisschen Sonne tanken. Wie es aussieht, war das vorhin der letzte Regenschauer. Für die nächsten Tage ist Sonne angesagt.«
    Â»Fünfundzwanzig Grad«, bestätigte der Neue. »Schwacher bis mäßiger Wind aus Südwest.«
    Seine Stimme kam mir immer noch bekannt vor, aber da bretterten die beiden auch schon an mir vorbei die Treppe runter. Ich überlegte, ob ich ihnen noch was hinterherrufen sollte, aber dann ließ ich es bleiben. Ein Kompass ist ein sehr kompliziertes Instrument, für das ich wahrscheinlich zu tiefbegabt bin. Trotzdem hätte ich gern gewusst, warum man rauf nach Norden fahren muss, wenn man mit Wind aus Südwest an eine See im Osten will.
    Ich hatte mir vorgenommen, mit dem Tagebuchschreiben anzufangen, und das tat ich. Danach spielte ich noch eine Weile mit Porsche und ließ ihn in meinem Gesicht rumschlabbern, bevor ich ihm frisches Wasser hinstellte, meine Zahnbürste einsteckte und runter zu Oskar ging. Porsche jaulte, weil er nicht allein bleiben wollte, aber Mitnehmen ging nicht. Lars hat angeblich eine Hundeallergie, aber ich glaube ihm kein Wort. Wenn Porsche eine Katze wäre, hätte Lars nämlich eine Katzenallergie. Es ist ein Wunder, dass er es ab und zu wenigstens mit anderen Menschen aushält.
    Einer von seinen Aushaltemenschen heißt Otto. Lars kennt ihn aus der Selbsthilfegruppe. Otto ist viel älter als er und so dick, dass seine Stimme eher klingt wie ein Schnaufen. In letzter Zeit kommt er ziemlich oft zu Besuch, so wie heute. Die Stimmen der Männer schwappten mir durch die Diele entgegen, als Oskar mir die Tür öffnete. Ich guckte ihn fragend an, aber er zuckte bloß die Achseln. Wahrscheinlich war Otto gekommen, um Lars beim Tragen der Verantwortung für uns zu unterstützen.
    Es ist komisch, in seine eigene frühere Wohnung zu kommen, die man warm und gemütlich in Erinnerung hat, und nun ist sie kalt und ungastlich und ohne Nachdenksessel. Oskar zog mich hinter sich her in sein Zimmer. Lars und er haben unsere alte Aufteilung übernommen: Mamas Schlafzimmer ist jetzt das Schlafzimmer von Lars, mein altes Zimmer ist das von Oskar, und das Wohnzimmer ist das Wohnzimmer geblieben. Nur die Einrichtung ist komplett anders. Wenig Zeugs überall. Kein Firlefanz in den Regalen, nur Bücher, und keine Bilder an den Wänden. Sehr leer. Spartanisch hat Oskar das mal genannt.
    SPARTA
: Stadt im alten Griechenland mit nur dem Nötigsten. Die Männer waren dauernd mit Soldatenkriegen beschäftigt und die Frauen mit Kinderkriegen für den Nachschub. Wenn die Kinder tiefbegabt waren, ließ man sie einfach in eine Felsenschlucht fallen. Die Spartaner warfen ihnen nicht mal einen Teddy hinterher.
    Oskar hat zwar einen Teddy; ein Geschenk von Afra, letztes Jahr, als wir beide noch berühmt waren, doch inzwischen beachten uns die Kessler-Zwillinge nicht mehr, was ein noch viel größeres Geschenk ist. Ansonsten besitzt er nur ein großes, rappelvolles Bücherregal, eine fleckige alte Holztruhe voller Spiele und das Sonnensystem, das an seinem Fenster klebt. Die Truhe finde ich schrecklich, weil kaum ein Spiel drin ist, für das ich schlau genug bin. Aber kaum hatten wir Oskars Zimmer betreten, da steckte er auch schon so tief in dem blöden Teil drin, dass nur noch seine Beine rausguckten.
    Â»Was gibt das denn?«, sagte ich ahnungsvoll.
    Â»Spielenachmittag«, dröhnte es aus der Truhe, und dann kam Oskar wieder zum Vorschein, eine große flache Schachtel zwischen den Händen. Ich warf einen Blick auf den Pappdeckel. Sofort wurde mir schlecht.
    Â»Wer hat bestimmt, dass wir Mensch ärgere dich nicht spielen?«
    Â»Lars«, sagte Oskar, und er sagte es so, wie ein Polizist im Krimi ruft: Jeder Widerstand ist zwecklos!
    Ausgerechnet Mensch ärgere dich nicht! Auf dem Spielbrett sind zwar Richtungspfeile drauf, aber ich gehe mit meinen Männchen trotzdem ab und zu falsch herum. Mit denen von den anderen Spielern auch. Der Ärger war also vorprogrammiert, aber ich sagte nichts. Ich hatte mir vorgenommen, in der Woche bei

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