Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
Vom Netzwerk:
Nörgelei.
    »Du nörgelst nicht?«, fragte sie plötzlich und sah Thomas entwaffnend an.
    »Es ist mir nicht bewusst«, sagte er. »Mir geht es eigentlich ganz gut, nur dass Manuel im Knast hockt und ich für alles viel zu wenig Zeit habe.«
    »Das ist auch deutsch«, sagte sie. »Für das Wichtige habt ihr nie Zeit. Willst du lieber gehen?«
    |309| »Nein, nein«, sagte Thomas schnell und fasste erschrocken nach ihrer Hand, wie um sie festzuhalten. Als er es merkte, wurde er rot und zog die Hand zurück.
    Sie bestellten einen Salat und ein Baguette und redeten, als hätten sie nie zuvor einem anderen Menschen aus ihrem Leben erzählt. Aber um sein Weingut schlug Thomas einen Bogen, obwohl ihre Herkunft seine Chancen beträchtlich erhöhte. Doch das Landleben konnte ihr genauso gut zum Hals heraushängen wie die Spedition. Womöglich war ihr auch eine gute Partie lieber als ein Student. Gegen zehn Uhr fuhr Thomas sie nach Hause.
    »Ich finde dich wahnsinnig nett«, sagte sie zum Abschied und hielt ihm die Wange hin. »Was machst du am Wochenende?«
    »Da bin ich in der Pfalz und werde arbeiten müssen.«
    »Ich weiß, keine Zeit, das hatten wir schon.« Es war offensichtlich, dass sie ihm nicht glaubte. »Aber sei bei deiner Verbrecherjagd bitte vorsichtig.« Dann gab sie ihm einen Kuss.
     
    Nach dieser Begegnung fürchtete Thomas sich besonders vor der leeren Wohnung. Aber überall brannte Licht. Für eine Sekunde flammte die Hoffnung auf, dass Manuel freigelassen worden war, doch auch Regines Anwesenheit war ein Lichtblick. Sie packte ihre Umzugskartons im Flur aus. Sie war endgültig zu Hause ausgezogen.
    »Wo der Kram hin soll, weiß ich nicht, aber in Manuels Zimmer stelle ich nichts, damit ja nicht der Eindruck entsteht, er könne nicht jederzeit wiederkommen.«
    Zum ersten Mal seit Langem konnte sich Thomas wieder richtig freuen, er drückte Regine so, wie er es sich bei Kamila nicht getraut hatte.
    »Hast du mal daran gedacht, bei uns einzusteigen? Ich hätte da einen Plan: Du kümmerst dich um die Maschinen und das Büro. Manuel pflanzt, übernimmt das Labor und |310| züchtet Reben, ich mache die Kellerarbeit. Drei Geisenheimer, das muss was werden, die junge Elite des deutschen Weinbaus auf dem Weg nach oben – wie du im Zorn gesagt hast. Qualität ist ihr Motto. Mein Vater übernimmt den Verkauf.«
    »Ich denke, der will praktisch arbeiten?«, warf Regine ein. »Zuerst holen wir Manuel raus, und dann machen wir das Studium fertig. Du kriegst Ärger, wenn du weiter so schlampst.«
    »Den habe ich längst. Also – das Controlling machst du auch! Das mit der FH wird sich ändern, gleich morgen geht’s los.« Thomas ging in die Küche, wo die Probeflaschen auf der Fensterbank standen. Er sah die Notizen von gestern durch. »Hast du Lust zum Probieren?«, rief er über die Schulter.
    Regine raschelte im Flur mit den Kartons. »Wenn ich jetzt noch was trinke, bin ich morgen mit dem Auspacken noch nicht fertig.«
    »Du sollst nicht trinken, du sollst probieren. Bei Künstler hast du auch mitgemacht.«
    »Witzbold! Da hatte ich es auch nicht weit bis zum Bett.«
    »Hier hast du es noch näher. Außerdem geht’s um Schloss Schönborn   ...«
     
    Der Name »Waller« sagte Thomas nichts. Auf ihn war die Firma Chem-Survey GmbH im Handelsregister eingetragen, der Mieter der Wohnung in Lorch. Wiesbaden lag von Mainz aus auf dem Weg nach Geisenheim. Da konnte er bei Sechser vorbeifahren und auch den Staatsanwalt nerven. Das Keyboard lag im Wagen, und der stand neben einer Litfasssäule. Als Thomas aufblickte, hatte er ein gelb-blaues Plakat vor sich, »Chemie sichert Wachstum« lautete die Überschrift über dem Hinweis auf eine Informationsveranstaltung, das Thema war die Bedeutung der Chemieindustrie für die Region. Seine Augen blieben an dem Foto und |311| dem Namen des Gastredners hängen: Waller! Das war kein Zufall mehr, Waller als Gastredner der Chemieindustrie, Waller als Inhaber der Firma Chem-Survey, und Chemiedozent Florian hatte auch mit dieser Aufsteigerpartei zu tun, wie Johanna ihm gesteckt hatte. Jetzt musste er sie doch anrufen, möglicherweise wusste sie mehr.
     
    Kommissar Sechser war überrascht und keineswegs erfreut, Thomas zu sehen, und er beäugte misstrauisch den in Packpapier eingewickelten Gegenstand unter seinem Arm.
    »Ein Bügelbrett?«
    »Ein Beweismittel, Herr Hauptkommissar. Es dient zur Entlastung von Manuel Stern.«
    Thomas war dicht an Sechser herangetreten, damit er zu ihm

Weitere Kostenlose Bücher