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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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sagen. Und dann ist da noch was mit den Keyboards, das eine mit internem Sound, das andere ist USB-fähig.«
    »Dann erklären Sie mir mal   ...«
    »Das eine hat Manuel im Knast, das andere bringe ich dem Kommissar zur Untersuchung. Das Problem ist nur, dass wir uns nicht leiden können. Wenn ich was sage, geht er hoch, er wird sich der Sache nur annehmen, um mir zu beweisen, dass ich unrecht habe. Gleichzeitig stecke ich das dem Staatsanwalt, der fragt nach, und dann schwärze ich Sechser an, dass er nicht korrekt ermittelt und ihm Beweismaterial vorenthält.«
    »Leben Sie gern gefährlich?«
    »Im Gegenteil. Uns fehlt ganz einfach ein Pianist für die Hausmusik.« Thomas erklärte dem Anwalt den Hintergrund. »Allein deshalb muss Manuel raus. Er muss spielen, auf den Auftritt im Kloster freut er sich seit einem Jahr, darauf hat er hingearbeitet. Andernfalls gibt er auf – dann hätte der Mörder erreicht, was er wollte.«
    Dann kam die nächste Frage. »Wieso haben Sie Probleme mit dem Kommissar? Er müsste Ihnen dankbar sein.«
    Thomas verzog das Gesicht. »Er mag keine Studenten, vielleicht weil er nicht studieren durfte, weil er bei ’ner Demo mal was auf die Glocke gekriegt hat, was weiß ich. Oder er kann Leute nicht riechen, die ihre Rechte kennen und sich nicht einschüchtern lassen.«
    »Ach – ich habe noch was vergessen.« Thomas stand an der Bürotür mit der Klinke in der Hand. »Manuel hat mir erst jetzt gebeichtet, dass Alexandra unsere Wohnungsschlüssel hatte. Daran sieht man, wie durcheinander er ist, oder er klinkt sich aus der Wirklichkeit aus. Seien Sie bitte so nett und fragen die Bullen mal, ob ihnen unsere Schlüssel untergekommen sind.«
     
    |305| Sie hatten sich in einer Teestube verabredet. Kamila Szymborska! Thomas hatte den Zettel mit ihrem Namen und seinem Blut vor sich liegen und musterte die Gäste. Die Teestube war ein Hippieladen. Auf dem wackligen Regal über der Kaffeemaschine stand eine Fahne Jamaikas neben einem Foto vom früheren äthiopischen Kaiser Haile Selassie, der Junge hinter dem Tresen trug Rastalocken, eine Rastastrickmütze in Rot, Gelb und Grün hing einsam am Kleiderhaken, und aus den Lautsprechern kam natürlich Reggae. An der Bar lehnten zwei Farbige oder Afro-Deutsche und flüs terten , drei Latinos saßen an einem Tisch, aßen und kicherten, als hätten sie Dope geraucht. Neben ihnen hockte ein blasses Pärchen mit Grabesgesichtern und machte gerade Schluss. Ein total uncooler Laden, kaum der richtige Ort für einen guten Anfang. Die Straße vor der »Florida Lounge« war auch nicht besser gewesen. Ob es ein Anfang wird, fragte sich Thomas und auch, wieso Kamila ihn hierherbestellt hatte. Weil sie gleich nebenan bei einer polnischen Spedition als Disponentin arbeitete, wie sie gesagt hatte, oder gefiel ihr der Laden wirklich? Die Musik und der Tee jedenfalls waren super.
    Die Songs von Burning Spear beruhigten ihn nicht, er fühlte sich zittrig, ihm war flau im Magen. Seit ihrer Begegnung hatte er ein Bild von Kamila im Kopf und fürchtete, dass die zweite Begegnung es zerstörte. Er hatte sie als schön in Erinnerung, als zart und freundlich und wach – ach Quatsch, sagte er sich, mach dir nichts vor. Du hast sie bei Nacht gesehen, mitten in dem Chaos. Auf all den Stress um dich herum und deine Ziele lässt sich keine Frau ein. Aufs Land kommt sowieso keine mit. Wie sollte ich das auf die Reihe kriegen, ich komme ja jetzt kaum noch klar – und dann noch eine Freundin?
    Er dachte an die Weinflaschen auf dem Küchenfenster und das Protokoll. Gestern war der Wein am besten gewesen, jeder auf seine Art, richtig gute Terroirweine, vielschichtig, |306| reif und fruchtig, mineralisch, alle Eigenschaften traten deutlicher hervor, auch der Marcobrunn war zur Höchstform aufgelaufen. Thomas hätte stundenlang an den Weinen herumschnüffeln können, aber die Zeit fehlte. Er hatte die Arbeitsgruppe zwei Mal ausfallen lassen, die Klausur war noch nicht wieder aufgetaucht, das Mobbing von Seiten der Handtaschen ging weiter, glücklicherweise wollte die Mehrheit der Studenten davon nichts mehr wissen. Dann wollte er zum Weingut Wegeler, der Geheimrat J interessierte ihn, ein Wein, der jedes Jahr ähnlich sein sollte – ach, was er sonst noch alles wollte. Am liebsten schlafen oder auf den Trecker oder Kamila treffen? Am liebsten würde er da weitermachen, wo sie vor dem Mord aufgehört hatten. Glücklicherweise hatte Regine sich eingekriegt und ihren Thorsten vor

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