Riley Jenson 03 - Der Gefähfrte der Wölfin
empathisch.« Ich konnte ihn nicht sehen, aber die Stimme direkt neben meinem Ohr ließ vermuten, dass er sich zu mir heruntergebeugt hatte. »Du dürftest eigentlich nicht empfinden, was du gerade empfindest.« Mit seinen in Schatten gehüllten Fingern hielt er mir die Haare aus dem Gesicht. Ich holte tief Luft und kämpfte gegen meinen rebellierenden Magen an. »Ich bin ein Werwolf. Wir können den Tod riechen.« »Aber du riechst ihn nicht. Du fühlst ihn. Das ist etwas vollkommen anderes.« »Das ist mir klar.« Genau wie die Tatsache, dass er eigentlich nicht fühlen durfte, was ich fühlte. Er war zwar empathisch, aber ich hielt meine Gefühle ebenso fest unter Verschluss wie er. Zumindest hatte ich das bis dahin gedacht.
Mein Magen zog sich erneut gefährlich zusammen, aber ich musste mich nicht noch einmal übergeben. Ich schloss die Augen und versuchte, durch den Mund zu atmen. Es half nicht. Immer noch hing der Tod in der Luft, und sein Geruch war faulig. Ich schluckte. »Kannst du die Gedanken von einem der Sicherheitsbeamten lesen? Wissen sie, was passiert ist?«
Er schwieg eine Weile. Währenddessen spürte ich seine Energie so stark auf meiner Haut, dass sich die Härchen auf meinen Armen aufrichteten. »Ein Sicherheitsbeamter hat einige Minuten vor der Explosion den Geruch von Gas gemeldet. Sie glauben, dass man vergessen hat, einen oder mehrere der Öfen auszumachen.« »Dann war es ein Unfall?« »Scheint so.« Ich blickte in seine Richtung. »Scheint?« »Sie wissen nicht, wodurch die Explosion ausgelöst wurde.« »Es ist eine Küche. Da gibt es doch jede Menge offenes Feuer.« »Stimmt. Hoffen wir, dass jemand daran denkt, das Gas abzustellen, andernfalls wird es noch unerfreulicher.« Er schwieg. »Ist das einer von Starrs Adjutanten?«
Ich blickte zu den Trümmern. Moss bahnte sich einen Weg durch die Ruinen, seine Haare waren unordentlich, seine Kleidung zerrissen und sein Gesicht zerkratzt und blutig.
»Ja, das ist Moss. Wie schade, dass er nicht dabei draufgegangen ist.« Ich rieb mir die Arme. Immer noch hing der Geruch von Tod in der Nachtluft, wurde jedoch langsam der Geruch von Tod in der Nachtluft, wurde jedoch langsam schwächer. Vieleicht hatte ich mich aber auch nur daran gewöhnt. Quinn rieb mir den Rücken und sorgte dafür, dass mir warm wurde. »Er sieht nicht gerade glücklich aus.«
Nachdem er die letzte Kälte aus meinem Körper vertrieben hatte, fühlte ich mich etwas besser. Solange ich in den Überresten nichts entdeckte, das an einen zerschmetterten Menschen erinnerte, ging es. Das hoffte ich jedenfalls. »Ich schätze, dass man so aussieht, wenn man nur knapp einer Gasexplosion entkommen ist.« Meine Stimmung hellte sich auf wie der Nachthimmel, der vom ersten Sonnenstrahl beleuchtet wird. »Da steckt garantiert mehr dahinter. Kannst du ihn hören?« »Nicht aus dieser Entfernung.« Ich runzelte die Stirn. »Wieso liest du nicht seine Gedanken?« »Irgendein Abwehrsystem blockt mich. Ich könnte es leicht durchbrechen, aber dann würde er mich bemerken.« »Lass uns näher herangehen.«
»Kannst du gehen?« Er ließ die Hand von meinem Rücken zu meinem Arm gleiten und hakte sich bei mir unter. Ich war nicht so wackelig, dass ich Unterstützung gebraucht hätte, aber ich ließ es gern geschehen. Seine Wärme tat mir gut. »Solange ich mich auf der windabgewandten Seite aufhalte, ist alles gut.« Wenn ich allerdings Leichen oder Leichenteile sah, konnte sich das schnell ändern.
Ich hatte dieses Jahr schon mehrfach Tote in verschiedenen Stadien gesehen, und es hatte mir nicht so viel ausgemacht wie hier. Ich hatte gesehen, wie ein Werwolf von einem anderen Werwolf zerfleischt worden war, und mir war nicht übel geworden, und erst recht hatte ich mich nicht übergeben. Ich war Zeuge geworden, wie Misha von innen aufgefressen worden war, und obwohl ich geschockt war und mir übel worden war, hatte ich mich nicht übergeben. Aber ich hatte bei diesen Begebenheiten nie den Tod geschmeckt. Hatte nie das Gefühl gehabt, dass die Seelen der Sterbenden und der Toten von mir Besitz ergriffen, mich mit ihrem Schock, ihrer Wut und ihrem Leid erfüllten.
Ich wünschte, ich hätte es auch heute Nacht nicht erlebt.
Ich schluckte schwer und zwang mich, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Dabei hielt ich den Blick mehr auf Moss gerichtet als auf den Weg, den er nahm. Er blieb stehen, um mit ein paar Sicherheitsbeamten zu sprechen, die sich am anderen Ende des Trümmerfeldes
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