Ring frei fuer die Liebe
Autorität, sagte sie sich auf dem Weg zu den Herz-Kreislauf-Geräten. Ich werde mit Autorität auftreten. Heute musste sie Edwina notfalls mit Gewalt dazu bekommen, mit ihr zu Vera Wang in die Brook Street in der City zu fahren. Sie hatten bereits drei Termine in dem Designer-Shop abgesagt, und sie war sich ziemlich sicher, dass Veras Londoner Abgesandte darüber nicht sehr erfreut waren.
Ihr Mut sank, als sie Edwina erblickte. Sie saß auf einem Fahrrad, und dieser Zac radelte gleich neben ihr. Er war so einsilbig, dass es fast an Unhöflichkeit grenzte. Außerdem war er ein Schläger. Sein Foto war auf der Titelseite des Daily Mirror gewesen; er hatte auf irgendeinem armen Fan der Show gekniet und ihm brutal den Arm verrenkt. Wer benahm sich denn so? Sie hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, den gesamten Bericht zu lesen. Offenbar gehörte er zu den Typen, die andere einschüchterten und unter Druck setzten, um ihren Willen zu bekommen.
»Äh … hi«, grüßte sie Edwina, die von Kopf bis Fuß in knallgelbes Lycra gekleidet war.
Das grau gesträhnte Haar ihrer Schwägerin in spe hatte auf dem Weg zwischen ordentlich gekämmt und völlig verstrubbelt sämtliche Stoppzeichen ignoriert. Vielleicht war der Ausdruck Kratzbürste gar nicht so verkehrt.
»Morgen, Schätzchen«, zwitscherte Edwina.
Am besten, sie brachte es schnell hinter sich. Talli holte tief Luft. »Hör mal, Edwina, erinnerst du dich, dass wir heute in die City wollten? Und morgen haben wir dort einen weiteren Termin.«
»Nein.«
Der Widerspruch kam nicht von der zukünftigen Braut. Talli ließ ihr Notebook sinken, als sie den stahlharten Blick des Schlägers auffing.
»Wegen des Drehs gestern Abend hinken wir ohnehin schon unserem Trainingsplan hinterher. Edwina muss heute den ganzen Tag hierbleiben. Und morgen auch«, informierte er sie mit knappen, entschiedenen Worten. Dieser Mann duldete ganz offensichtlich keinen Widerspruch.
Talli reichte es. Sie wurde von ihrer Mutter drangsaliert, von Edwina, von der ganzen verdammten Welt. Sie hing weit weg von zu Hause in einem Hotel fest. Sie arbeitete sich den Hintern wund. Und sie hasste verdammte gezuckerte Mandeln. Sie wollte nach Hause, wenigstens für eine Nacht. Und sie würde sich von diesem Typen nichts – ABSOLUT GAR NICHTS – gefallen lassen, auch wenn er aussah, als könnte er sie mit dem Daumen zerquetschen.
»Ich brauche sie aber«, zischte sie.
»Es geht nicht«, beharrte er seelenruhig.
Edwina setzte sich zurück, ein amüsiertes Grinsen auf den Lippen. »Gott, ich wünschte, ich hätte das vor der Kamera. Scheiße, wieso machen wir keine Soap über diese Hochzeit? Das würde super ankommen.«
Talli ignorierte sie. »Sie fährt mit mir«, erklärte sie, überrascht, wie fest und entschieden ihre Stimme klang.
Was bildete sich dieser Typ eigentlich ein? Was gab ihm das Recht, dermaßen arrogant zu sein und hier den Macho raushängen zu lassen? Das lief bei ihr nicht. Kurz nach ihrem Schulabschluss hatte sie einige Praktika absolviert und Erfahrung mit Teenagern gesammelt, die es cool gefunden hatten, sich ihr gegenüber aufzuspielen. Talli hatte schnell begriffen, dass sie das immer wieder tun würden, wenn sie sie einmal damit durchkommen ließ. Blöderweise hatte sie diese Lektion erst gelernt, nachdem ihr Verhalten in der Kindheit ihr schon die Rolle als Familienputzlappen eingebracht hatte.
Edwina sah sie gespannt an, offenbar genoss sie die Auseinandersetzung.
»Hör mal, Prinzessin …«, sagte er.
»Ich bin keine Prinzessin, verdammt noch mal!«, giftete sie.
Edwinas Kopf ging hin und her wie bei einem Wimbledon-Finale.
»Okay, Schätzchen, es tut mir leid, wenn du dir jetzt in dein Höschen machst, aber ich bestehe darauf, dass sie mindestens noch zwei Stunden trainiert.«
Talli schaute auf ihre Armbanduhr. »Erstens brauchst du dir um mein Höschen keine Sorgen zu machen«, zischte sie. »Und zweitens dulde ich keinen Aufschub. Wir müssen um Punkt zwei Uhr in der Londoner City sein.« Sie wandte sich an Edwina und erklärte: »Jetzt ist es fast elf. Da wir schon mehrere Termine abgesagt haben, haben sie uns mühsam irgendwo zwischengequetscht. Du musst dein Kleid heute aussuchen, damit du morgen früh den Anprobetermin wahrnehmen kannst.«
»Es geht aber nicht«, beharrte er.
»Vielleicht könntest du das Vera Wang einfach selbst erklären«, schlug Talli ungerührt vor.
»Okay, Kinder, regt euch nicht auf. Wir machen es folgendermaßen«, schaltete die
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