Ring frei fuer die Liebe
»Nein. Sie war gestern Abend beim Bingo. Ich schätze, sie liegt noch im Bett.«
»Gott sei Dank. Kommst du mit mir? Wir sollten es ihr sagen, ehe sie es von jemand anders erfährt.«
»Aber nur, wenn du ein T-Shirt anziehst.« Lena versuchte, ihren Bruder etwas aufzumuntern, aber es war hoffnungslos. Zac hatte das Gefühl, als hätte man ihm die Eingeweide aus dem Körper gerissen.
»Hör zu, Zac, wenn man es ganz genau nimmt, ist es doch eigentlich gar nicht so wild, oder? Wen kümmert es schon, was andere denken? Alle, die dir wichtig sind, wissen doch, dass die ganze Geschichte erstunken und erlogen ist.«
Nicht alle. Talli würde es sicher auch lesen und jedes Wort für wahr halten. Und es kümmerte ihn sehr wohl, was sie dachte.
»Wie auch immer.« Lena zuckte mit den Schultern. »In ein paar Tagen ist das alles vergessen.«
»Nicht, wenn sie schwanger ist«, antwortete er.
Schwanger. Er wurde Vater.
Das war der Teil der Geschichte, der ihn am meisten schmerzte. Er wusste, wie es war, ohne Eltern aufzuwachsen, und er würde sein Kind niemals im Stich lassen.
»Verdammt, wie kann sie so was nur behaupten?«, wiederholte er kopfschüttelnd.
Es klingelte, und Lena warf einen kurzen Blick auf die Bilder der Videokamera, die den Eingangsbereich überwachte.
»Ich sage es dir nur ungern, Bruderherz, aber du wirst es gleich erfahren. Soll ich ihr die Tür aufmachen?«
35. Kapitel
Das Geräusch des Tabletts, das von außen gegen die Tür stieß, weckte Talli noch vor dem dazugehörigen Klopfen. Sie tastete nach der Leselampe über ihrem Kopf und schaltete sie an. Dieses Hotel war nun schon so lange ihr Zuhause, dass sie sich gar nicht mehr vorstellen konnte, irgendwo anders aufzuwachen.
Sie hatte darum gebeten, geweckt zu werden, weil dieser Tag ihr letzter war und sie packen wollte. Trevor hatte ihr netterweise für den Rest der Woche ein Zimmer in Highdrow Castle angeboten. Um zwei Uhr konnte sie es beziehen, bis dahin würden die Hochzeitsgäste vom Abend vorher ihre Zimmer verlassen haben.
Talli nahm die letzten Münzen von der Kommode und öffnete Jack, dem Kellner der Frühschicht, die Tür. Sie hielt ihn für einen netten, fleißigen jungen Mann, auf den seine Familie stolz sein konnte. Er hielt sie, dank der Personalgerüchteküche, für eine Edelnutte, die eine Affäre mit einem entfernten Mitglied der Königsfamilie gehabt hatte und nun anschaffen ging, um ihre Kokssucht zu finanzieren.
»Morgen«, grüßte er augenzwinkernd.
Talli nahm sich vor, ihn auf dem Fragebogen, mithilfe dessen man Personal bewerten sollte, lobend zu erwähnen. Sie formulierte den Satz bereits im Kopf, während er das Tablett am Fußende des Bettes abstellte: sehr zuvorkommend, scheut keine Wege, um den Gast zufriedenzustellen.
Sie gab ihm sein Trinkgeld und wartete, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ehe sie wieder ins Bett kroch und sich einen Kaffee einschüttete. Anschließend nahm sie sich ein Stück Ananas aus der Schüssel mit frischem Obst und zwei Scheiben Toast, die sie mit Butter und Orangenmarmelade bestrich. Sie würde ihre letzten Stunden im Luxus genießen, denn die einzige Ananas, die sie sich in einigen Wochen noch würde leisten können, war die aus der Dose. Aber daran wollte Talli jetzt nicht denken. Ihren Problemen würde sie sich ab der kommenden Woche zuwenden, in kleine Einheiten aufgeteilt und nach Prioritäten sortiert. Im Augenblick hatte die Hochzeit von Edwina und Simmy oberste Priorität. Erst danach kamen die weiteren Kleinigkeiten an die Reihe, als da wären: die prekäre finanzielle Lage ihrer Familie sowie die Tatsache, dass sie ihr schlechtes Gewissen wegen ihres Seitensprungs einfach durch eine spontane Verlobung erleichtert hatte.
Das letzte Thema drohte fast aus der Schublade zu entwischen, in der sie es fest verstaut hatte, daher schluckte sie rasch ein Stück Ananas hinunter und griff nach der Zeitung, um sich abzulenken. Ihre erste Reaktion war Verwunderung. Seltsam. Sie war ganz sicher, die Times bestellt zu haben; stattdessen hielt sie die Sunday News in den Händen. Tallis zweite Reaktion war plötzliche Atemnot, so als wäre eines der Ananasstücke in ihrer Luftröhre steckengeblieben.
Kiki war schwanger. Zac war der Vater. Er wollte mit dem Baby nichts zu tun haben. Sie hatte ihn verlassen. Und dann, quasi als Sahnehäubchen auf dem ganzen ungeheuren Schlamassel, war da ein Foto, wie er über einen jungen Mann herfiel, nur weil der Kiki um ein Autogramm
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