Ring frei fuer die Liebe
gebeten hatte.
Jedes einzelne Wort des Berichts brannte sich in ihr Gehirn. Sie erkannte ihn gar nicht wieder. Seine Schilderung des Zusammentreffens mit dem jungen Mann war ihr völlig glaubwürdig erschienen, aber als sie jetzt die Ausführungen der Gegenseite las, war sie nicht mehr so sicher.
War sie denn völlig blind gewesen?
Der Mann, den sie kannte, wenn auch noch nicht lange, war einfach nicht fähig zu so etwas. Er würde doch niemals jemanden angreifen.
Andererseits, war es nicht genau das, was die Familien und Nachbarn von Serienkillern anschließend immer der Polizei erzählten?
Der Appetit war ihr vergangen. Talli schob das Tablett von sich, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Wie dämlich war sie gewesen? Schlimm genug, dass sie Dom betrogen hatte. Noch schlimmer, dass sie feststellen musste, dass das zweite Mal für Zac nur eine Form der Rache gewesen war. Und jetzt sah es auch noch danach aus, als wäre sie auf einen Mann hereingefallen, der eine Bedrohung für Großbritanniens Straßen darstellte.
Ihre Meditationsphase dauerte nicht lange. Sie musste sich noch einmal vergewissern. Aber auch beim zweiten Lesen wurde es nicht besser. Beim dritten ebenfalls nicht. Beim vierten Mal kannte sie fast jedes Wort auswendig, und trotzdem fand sie außer ihrem Bauchgefühl keinerlei Hinweis darauf, dass dieser Bericht nicht den Mann beschrieb, den sie kannte. Sie hörte plötzlich wieder die Stimme ihrer Mutter, als sie ihr nach der Pleite mit Cosima Carltons Party eine Standpauke gehalten hatte. War sie total naiv gewesen? Ihre Zukunft erschien ihr auf einmal in einem neuen, bedrohlichen Licht: Domenic hatte sie verlassen, sie war verarmt und endete als alte Frau, die in die Schlagzeilen geriet, weil sie einen Sträfling geheiratet hatte, den sie trotz aller gegenteiligen Beweise für unschuldig hielt.
Das beständige Vibrieren ihres Handys zwang sie, sich die Tränen aus den Augen zu wischen und ihren zermürbten Verstand der Frage zuzuwenden, wer sie an einem Sonntagmorgen um diese Uhrzeit anrief. Dessi, Dom und die komplette Gang waren in Courchevel und würden vor dem 23. Dezember nicht zurück sein. Ihre Mutter wurde am selben Tag erwartet. Ihr Dad würde sich nach seinen Grübeleien vom Vortag ausschlafen, und Dave hatte sie angekündigt, dass sie diese Woche nicht trainieren würde.
Damit blieb nur noch …
Hey, ich bin auf Skype. Bis du on?
Wie ein rettender Engel kam Fliss passend zur Gelegenheit per Internet aus dem Himmel Malawis herabgeschwebt. Rasch stellte Talli die Verbindung her. Sekunden später flackerte das Gesicht ihrer besten Freundin auf dem Bildschirm auf.
»Hey, Süße!« Fliss grinste fröhlich.
»Guten Morgen.« Talli gab sich alle Mühe, ebenfalls gute Laune vorzutäuschen. »Wie geht es dir, Fliss? Du siehst fantastisch aus!«
Das war keine Floskel. Fliss strahlte, ihre Haut war gebräunt, das dunkle seidige Haar fiel ihr bis auf die Schultern.
»Du solltest vorsichtig sein. Wenn meine Mutter mitkriegt, wie jung und knackig du aussiehst, wird sie demnächst bei dir vor der Tür stehen und eine fünftägige Schönheitskur verlangen.«
Fliss lachte schallend. »Ach, Talli, ich genieße die Zeit hier so. Abgesehen von letztem Mittwoch, als eine Gruppe von Randalierern in unser Dorf eindrang. Aber zum Glück konnten unsere Männer sie vertreiben.«
»Mein Gott, das klingt ja schrecklich.«
Talli machte sich große Sorgen, dass ihrer Freundin etwas zustoßen könnte. Aber sie wollte Fliss nicht verängstigen.
»Was gibt es sonst Neues?«, fragte sie stattdessen.
Während der nächsten zehn Minuten ließ Talli sich von Fliss detailliert schildern, was sie alles erlebt hatte. Erst als sie begann, ihr neues Bewässerungssystem zu beschreiben, stoppte ihre Freundin plötzlich.
»Siehst du, jetzt machst du es schon wieder, Talli«, meinte sie vorwurfsvoll.
»Was?«
»Mich die ganze Zeit reden lassen, damit du ja nichts über dich selbst erzählen musst.«
»Stimmt gar nicht! Also, was ist jetzt mit eurer Wasserversorgung?«
»Talli, was ist los?«
»Nichts. Ich freue mich total, dich zu sehen und mit dir zu reden. Also, erzähl mir, wie diese Brunnen …«
»Talli, bitte! Sag mir, was passiert ist.«
Talli stockte und spürte zu ihrem Entsetzen, dass ihr eigenes Bewässerungssystem sich in Gang setzte. Tränen schossen ihr in die Augen.
»Dom war in Norwegen, und ich hab einen Typen kennengelernt, und ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte, aber ich
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