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Ringkampf: Roman (German Edition)

Ringkampf: Roman (German Edition)

Titel: Ringkampf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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nach dem Rheingold. Die Zeit vordem Einschlafen nutzte Elisabethgern fürein letztes abendliches Rollenstudium. Die Angewohnheit zahlreicher Sänger, ihre Noten nachts unter das Kopfkissen zu legen, hielt sie dagegen für Aberglaube. Sie schlug den Klavierauszug beim Rheintöchtergesang auf.
    Heiajaheia, jauchzte es ihr entgegen, heiajaheia! Wallala lalala leiajahei! Rheingold! Rheingold! Leuchtende Lust, wie lachst du so hell und hehr! Glühender Glanz entgleißet dir weiblich im Wag! Heiajahei! Heiajaheia!
    Elisabeth runzelte die Stirn und klappte den lasziven lullaby wieder zu. Sie war und wurde keine begeisterte Rheintochter.
    Wie zufällig glitten ihre Finger zu dem zweiten Klavierauszug, der unter dem Rheingold hervorlugte. Zögernd griff die Sängerin zu.
    Eine ganze Weile hielt sie die verbotenen Noten geschlossen in ihren Händen. Woglinde hatte in der Walküre nichts zu suchen. Gemeinsam mit ihren Schwestern tauchte sie nur im Rheingold auf und dann noch einmal kurz im letzten Teil, in der Götterdämmerung. Insgesamt bedeutete das vier Auftritte: zwei kleine, zwei winzige. Bei vierzehneinhalb Stunden Musik. Doch wie karg die Beute auch immer gewesen war: Noch nie hatte Elisabeth sich gestattet, aus der Rolle zu fallen. Das braune Buch wog schwer auf ihrem Schoß.
    Ein Schlüssel drehte sich im Schloß. Elisabeth legte rasch den Klavierauszug beiseite. Sie lauschte den harten, hektischen Schritten im Flur, die einen kurzen Halt an der Küchentür machten und sich dann dem Schlafzimmer näherten.
    Alexander Raven betrat den Raum. Der Schatten eines
Lächelns saß in dem dramatischen Gesicht, das Migräne und Magengeschwüre vorzeitig zerfurcht hatten.
    »Guten Abend, meine Liebe, du liegst schon im Bett? Habe ich mich wirklich so verspätet? Es tut mir leid. Aber ich mußte noch ein paar dringende Sachen im Theaterbesprechen. Du weißt ja, wie das ist.«
    Er nahm seinen weichen, breitkrempigen Hut ab. Unentschlossen drehte er ihn in den Händen. »Bellini hat letzte Woche den Produktionsleiter gefeuert«, sagte er düster, »und dieser vernagelte Preuss – Generalmanager oder wie er sich seit neustem nennt – behauptet, er hätte kein Geld für einen anderen. Ich bin gespannt, wie wirunter solchen Umständen arbeiten sollen.« Mit einem bitteren Lachen warf er den Hut auf einen Stuhl. »Ich verstehe das einfach nicht. Auf der einen Seite erklären sie mir, sie sind pleite, und dann zahlen sie völlige Phantasiegagen an die Johnson-Myer. Dabei war unsere alte Besetzung hervorragend. Ich bin mir gar nicht sicher, ob wir mit dieser Bayreuth-Matadorin etwas gewinnen werden. Katharina wareine hinreißende Brünnhilde. Nie wieder habe ich eine so ehrliche, so echte Schlußszene gesehen.«
    Umständlich kämpfte sich der Regisseur aus seinem Sommermantel. »Aber es ist vollkommen aussichtslos, mit denen zu diskutieren. Bellini will große Stimmen, will internationale Stars, und Preuss kuscht, obwohl er genau weiß, daß er damit in Teufels Küche gerät. Das Defizit soll dann natürlich auf die Inszenierung abgewälzt werden. Aber ich werde mir keine Kompromisse abhandeln lassen.« Alexander Raven setzte seine Brille ab und rieb sich die übermüdeten Augen. »Dieser Preuss ist eine elende Krämerseele von Kulturbürokraten.
Ich sehe das jetzt schon: Überall wird er mir Steine in den Weg legen.« Er stutzte, als ob er sich an etwas zu erinnern versuchte.
    Er trat ans Bett, beugte sich zu seiner Gattin hinunter, nahm ihren Kopf zwischen die Hände und küßte sie auf die Stirn. »Ich bin schrecklich, Liebling«, seufzte er. »Reden wir nicht mehr von diesem Theaterkram. – Aberes macht mich wirklich wahnsinnig. Wie soll ich so arbeiten? Wie soll ich mit Leuten zusammenarbeiten, die nicht vorbehaltlos hinter mir stehen?«
    Elisabeth hatte sich im Bett aufgesetzt. Sie ergriff die Hände ihres Mannes. »Komm, du mußt dich ausruhen. Du bist ja völligerschöpft.«
    »Du hast recht«, sagte er, »morgen wird ein knochenharter Tag.« Er entwand sich dem zarten Händedruck. Abwesend knöpfte er sein durchgeschwitztes Hemd auf. »Ob es noch funktioniert?«
    »Was?« Elisabeth war erleichtert. Sie hatte weder Tabak, Alkohol noch Parfüm gerochen, als Alexander sich übersie gebeugt hatte. »Ob was noch funktioniert«, wiederholte sie sanft.
    »Meine Inszenierung.« Er sprach wie durch Nebel. »Es liegt ja alles so lange zurück, so viele Jahre, in denen so viel geschehen ist. Ob ich überhaupt noch begreifen werde, was

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