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Ringkampf: Roman (German Edition)

Ringkampf: Roman (German Edition)

Titel: Ringkampf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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flackerten im Widerschein der Flammen. Der Mann saß wie tot. Die Frau wiegte vierschwere Bücherim Arm. Neun harte Monate hatten der Regisseur und seine Dramaturgin daran gearbeitet, den Ring des Nibelungen zu zerfeilen und neu zu schmieden. Schreckensstumm schauten sie zu, wie das Feuerihnin einer halben Nacht zerschmelzen ließ.
    Ein Mädchen mit schwarzem Zopf schluchzte. Ihr einer Kniestrumpf war heruntergerutscht, der andere lehmverschmiert. Sie hatte die Hände vors Gesicht geschlagen. Zwischen den weichen Kinderfingern quollen Tränen hervor.
    Immer lauter dröhnte das Löschwasser. Immer lauter tosten die Flammen. Eine Welt ging in Rauch auf. Die letzte Wand des Bühnenturms brach in die Tiefe. Funkengewittererleuchteten den Himmel.
    Hoch oben, im zweiundfünfzigsten Stock des benachbarten Bankenturms, blickte eine einsame Gestalt durchs Panoramafenster. Zartfingrig zupfte sie die Saitenihrer Leier.

ERSTER AUFZUG
    »Wie alles war, weiß ich|. . .«
    Erda, Das Rheingold, 4. Szene

1
    Die Erde war eine Aluminiumglatze. Nackt und schimmernd wölbte sie sich den anderen Planeten entgegen, die als stählerne Gedankenblasen das kahle Haupt umschwebten. Im Innern des Schädels herrschte die Finsternis eines erblindeten Hohlspiegels.
    Er war zurückgekehrt, der Kopf, dem diese Welt entsprungen war. Schweigend wanderte er durch seine verlassenen Landschaften. Vor ihm lag eine dunkle Vergangenheit. Der Ring ging in die zweite Runde.
    Alexander Raven hob den Blick von seinem Bühnenbildmodell. Fünfzig Augenpaare hatten sich auf ihn gerichtet. Wenige neugierig, manche blasiert, die meisten gelangweilt. Sänger, Sängerinnen, Kapellmeister, Korrepetitoren, Assistenten, Hospitantinnen, Werkstättenleiter, Inspizientinnen. Die Opern-Hydra war aus langem Sommerschlaf erwacht und hatte ihre zahllosen Köpfe um den Mann herum versammelt, der angetreten war, sie abermals zu bezwingen.
    Der Regisseur schloß die Augen. Er sammelte Kraft für den Ring. Ein doppelter Kampf stand ihm bevor. Mit einer Hand mußte er die Bestie am straffen Zügel halten. Mit der anderen Hand mußte er hinter sich tasten, eine Inszenierung auferstehen lassen, die vor Jahren zu Asche verglüht war.
    Brüchige Zelluloidbilder flimmerten an ihm vorbei.
Er saheine Frau schaukeln. Einen Mann nahen. Die beiden Figuren sich langsam übereinanderschieben. Eine schwarze Gestalt sich im Hintergrund erheben. Ihre verschatteten Augen aufblitzen. Eine Stichflamme emporschießen. Die Schaukel leer pendeln.
    Die Bilder krümmten sich. Der Film riß.
    Knarrend öffnete sich am anderen Ende der Probebühne eine Stahltür. Pfennigabsätze klackten, Stuhlbeine schrammten über den Estrich. Eine Hand legte sich um den Nacken des Regisseurs. Die verspätete Frau setzte sich und warf die langen schwarzen Haare zurück.
    Alexander Raven erstarrte. Um ihn herum breitete sich Unruhe aus. Seine Zungenspitze huschte über die aufgesprungenen Lippen.
    »Ich freue mich, so viele bekannte Gesichter wiederzusehen«, begann er seine Ansprache ohne begrüßende Umschweife. »Das macht die Sache für uns alle einfacher. « Seine Stimme klang rauh. Er schluckte. In seinem Hals steckte ein Eiszapfen. »Denn wie Sie wissen, haben wir nicht viel Zeit. Zwei Monate für so eine gewaltige Produktion, das ist die absolut untere Grenze des Machbaren. Auch oder gerade für eine Re-Inszenierung. Das heißt, wir müssen alle sehr diszipliniert, sehr präzise zusammenarbeiten. Sackgassen oder unnötige Umwege bedeuten das Aus. Darüber sollten wir uns von vornherein im klaren sein. Ich will Ihnen nichts vormachen: Die nächsten Wochen werden für alle eine enorme Belastung. Nurwirklicher Enthusiasmus kann uns helfen, die Aufgabe zu bewältigen. Aber ich bin ganz sicher, daß Sie diesen Enthusiasmus besitzen. «
    Verwundert lauschte Alexander Raven seinen Worten,
die wie Pingpongbälle von den Wänden zurücksprangen. Seine Augen wanderten hinter den Brillengläsern. Noch war die Bestie benommen von ihrem Schlaf, doch in einigen Pupillen glomm bereits Widerspruch. An einigen Hälsen schwollen die Adern, pumpten sich voll für das anstehende Kräftemessen. Die meisten Gesichter aber lagen friedlich da: unbeschriebene Flächen, die von ihrem Regisseur gestaltet werden wollten.
    Die langhaarige Frau studierte ihre Fingernägel. Von ihren Mundwinkeln tropfte Spott. Alexander Ravens Blick zuckte zurück. Der Eiszapfen rammte sich tieferin seine Eingeweide.
    »Es hat keinen Sinn, jetzt viele Worte

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