Ringwelt 03: Ringwelt-Thron
abzuwenden, ließ Vala ihren Gedanken freien Lauf und sprach aus, was sie dachte. »Ein Industriezentrum wird Vampiren wohl kaum gestatten, in seinem Schatten zu leben. Also hielten sie die Vampire irgendwie draußen. Als dann die Städte fielen, versagte ihre Methode. Vampire suchen ständig nach Schatten. Also zogen sie unter die Stadt. Eines Nachts gingen sie sogar die Rampe hinauf. Sie erwischten nicht jeden, und in der nächsten Nacht hatten die Überlebenden die Rampe eingezogen …«
»Wie das?« fragte Beedj erneut.
Valavirgilin zuckte die Schultern.
Rooballabls Stimme klang wie Luftblasen, die im Schlamm platzten. »Frag statt dessen lieber, warum sie es gemacht haben. Sie konstruierten eine breite gebogene Straße für Fracht, die selbst für diese riesige Schwebeplattform zu groß war. Warum sollte jemand die Rampe so bauen, daß man sie anheben kann, sie bewegen kann? Eine – eine senkrechte Brücke wie diese wäre schwer zu bauen und leicht zu beschädigen, wenn sie sich anheben müßte. Schließlich verstehen auch wir ein wenig von den Prinzipien von Masse und Gewicht!«
Rooballabl hatte recht, und Valavirgilin reagierte verwirrt. »Ich weiß keine Antwort auf deine Frage! Was haltet ihr von einem Krieg zwischen Leuten, die fliegen konnten, und Leuten, die an den Boden gefesselt waren? Dann würde man doch sozusagen die Brücke einfahren wollen.«
Valavirgilins Mannschaft blickte sich an. »Besitzt vielleicht jemand von euch alte Aufzeichnungen über solch einen Krieg?« erkundigte sich Beedj. Niemand antwortete. »Oder kennt vielleicht jemand Gerüchte?«
»Vergiß es«, fauchte Valavirgilin.
»Warum sollten sie die Rampe so konstruieren, daß sie angehoben werden kann?« fragte Manack plötzlich. »Warum nicht einfach die Stadt ein wenig höher steigen lassen?« Fremde Spezies oder nicht – Manack bemerkte die ungewöhnliche Reaktion Valavirgilins und fügte rasch hinzu: »Nur so ein Gedanke von mir, weiter nichts.«
Der Himmel war schwarz. Es goß in Strömen, als Tegger in den Schatten einmarschierte.
Er zündete eine Fackel an, doch das Licht reichte nicht weit und erleuchtete einen eintönigen Abschnitt der Straße nach unten. Der Lärm wurde stärker, je weiter er vordrang. Tegger trat zum Rand und fand ein brusthohes Geländer. Er spähte hinunter und sah nichts.
Aber die Vampire mußten ihn gesehen haben. Vielleicht scheuten sie vor der Helligkeit der Fackel zurück, doch er konnte ihnen einfach nicht verborgen geblieben sein. Er trug noch neun weitere Fackeln bei sich. Was würde geschehen, wenn er eine davon hinunterwarf?
Dann kam ihm eine bessere Idee. Er lehnte sich weit über die Brüstung und schleuderte die Fackel auf die Windung der Rampe, die sich unter ihm erstreckte. Er überzeugte sich, daß sie noch immer brannte, dann ging er ein Stück weiter. Inzwischen hatte er auf dem Weg nach unten etwas mehr als eine ganze Runde zurückgelegt. Hier herrschte Dunkelheit, und er wartete, bis seine Augen sich daran angepaßt hatten.
Der Gestank erinnerte ihn an die Nächte, die Tegger zusammen mit den anderen wartend vor der Festung des Thurl verbracht hatte, um mit den Ghoulen zu reden. Die Geräusche waren wie im Zelt der Grasriesen. Häuslich, vertraut. Gemurmel, plötzliche Streitereien, alles in einer unbekannten Sprache, und über allem ein Geräusch wie von einem Wasserfall. Teggers Vorstellung von dem, was sich dort unten abspielte, war sicher schlimmer als die Wirklichkeit …
Er blickte über die Brüstung.
Der Fuß der Spiralrampe befand sich hoch über dem Boden.
Irgendetwas in Tegger empfand das als amüsant. Er erkannte bleiche, dreieckige Gesichter, die zu ihm hinaufsahen, und auch das war lustig. Tegger fing an zu kichern.
Tief im Schatten fiel Wasser eine senkrechte Wand hinab, ein Wasserfall von gewaltigen Ausmaßen. Sämtlicher Regen, der über der schwebenden Stadt niederging, ergoß sich auf eine große, dunkle Masse und von dort aus in den Heimatfluß.
Tegger befand sich am Rand der Stadt. Der Wasserfall war irgendwo in der Nähe des Zentrums, doch das Brüllen und Donnern war selbst hier noch laut. Das Wasser ergoß sich auf – in – eine ausgedehnte, komplizierte Konstruktion, und von dort aus in kleineren Stufen und Katarakten in den Fluß. Tegger konnte wenig mehr erkennen als Dunkel in Dunkel, doch … dort unten befand sich ein Brunnen von so gewaltigen Dimensionen, daß nur die alten Städtebauer ihn hätten ersinnen können.
Der Fluß
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