Ringwelt 03: Ringwelt-Thron
hast du, jawohl«, unterbrach sie ihn scharf. »Du bist heute Morgen nicht aufgewacht, aber du hast im Schlaf gesprochen, Louis Wu. Was quält dich?«
Ringsum schienen plötzlich kleine Netze nur so zu explodieren.
Die Kinder hatten das Wäldchen umzingelt und sich angeschlichen. Jetzt flogen ihre Netze. Innerhalb einer Stunde hatten sie eine ganz erstaunliche Anzahl taubengroßer Vögel gefangen.
Das Webervolk schien sich nicht für Eier zu interessieren, doch Louis sammelte ein Dutzend ein. Sie sahen aus und fühlten sich an wie glattes Plastik, wie Trinkblasen in der Schwerelosigkeit, aber ohne Trinknippel. Einen Versuch waren sie allemal wert.
Gegen Nachmittag kehrten sie ins Dorf zurück. Die Kinder machten sich daran, ihre Beute zu rupfen, und Louis ging mit Sawur allein davon. Sie setzten sich auf einen flachen Felsen und sahen ein paar älteren Webern dabei zu, wie sie das Feuer aufschichteten.
»Was quält dich, Lehrer?« fragte Sawur erneut.
Louis lachte. Lehrer kannten keine Qualen? Wie sollte er einer Weberfrau erklären …?
»Vor langer Zeit habe ich mich zum Narren gemacht. Es hat bestimmt vier oder fünf Falans gedauert, bis der Web-Bewohner erkannt hat, wie dumm ich tatsächlich gewesen bin, und warum Louis Wu nicht mehr mit ihm sprechen wollte. Inzwischen reden wir wieder miteinander, und das ist nicht mehr das Problem.
Sawur, der Web-Bewohner hat mich und Chmeee entführt, damit wir für ihn arbeiten. Ein tadelnswertes Vorgehen, sicherlich, aber der Web-Bewohner kann als Gegenleistung Geschenke verteilen. Er besitzt Samen, die einen alten Menschen oder einen Kzin wieder jung machen, wenn man sie ißt.«
»Schön, das kann er also tun.« Sawur kaute auf ihrer Unterlippe. »Aber tut er es auch?«
»Nur als Gegenleistung. Außerdem hat er einen Apparat, einen Autodoc. Der Apparat heilt ernste Verletzungen, beseitigt Narben und läßt Glieder nachwachsen. Wahrscheinlich kann er sogar Schäden beheben, bei denen Boosterspice wirkungslos bleibt.
Sawur, es bedarf extrem fortschrittlicher medizinischer Technik, einen Menschen wieder jung zu machen. Wenn der Hinterste mich wieder jung machen kann, dann kann er mich auch unterwürfig machen. Chmeee und ich waren beide keine guten Sklaven. Der Hinterste kann mich zu einem besseren Sklaven machen. Zu einem perfekten Diener. Bis vorletzte Nacht besaß ich eine Ausrede, mich nicht in die Hände seiner Apparate zu begeben. Jetzt habe ich keine mehr.«
»Warst du schon früher in diesen Apparaten?« fragte Sawur.
Das war eine gute Frage. »Er hat mich zwei Jahre in Tiefschlaf gehalten. Vielleicht hat er in dieser Zeit einige Eingriffe an mir vorgenommen. Er hätte alles mit mir tun können, wozu er Lust verspürte.«
»Aber er hat es nicht getan.«
»Ich glaube nicht. Ich fühle mich jedenfalls genauso wie vorher.«
Sawur schwieg.
Louis lachte unvermittelt auf. Dann wandte er sich um und umarmte sie. »Einfach so. Ich habe seinen Hyperraumantrieb zerstört. Er konnte nicht zu den Sternen zurück, und deswegen mußte er den Bogen retten. Wenn er mich zu einem Diener hat machen wollen, dann bin ich ein verdammt schlechter geworden.«
Sawur starrte ihn an, dann lachte sie mit. »Aber Louis, du hast dich selbst ebenfalls gefangen!«
»Ich habe ein Versprechen abgelegt«, erwiderte Louis. Gegenüber Valavirgilin vom Volk der Maschinenleute. »Ich habe versprochen, die Ringwelt zu retten oder bei dem Versuch zu sterben.«
Sawur schwieg.
»Er dachte, er hätte einen Drahtkopf.« Louis hörte die Lücke in den Worten seines Translators. Drahtkopf besaß in Sawurs Sprache kein Äquivalent. »Er dachte, ich würde alles tun, was er von mir verlangte, als Gegenleistung für elektrischen Strom durch das Lustzentrum meines Gehirns … genauso, wie ein Weber seine Freiheit für … sagen wir, für Alkohol verkaufen würde. Er hatte keine Ahnung, daß ich die Sucht überwinden könnte. Jetzt weiß er es.«
»Wenn er dich also jung und unterwürfig macht«, sagte Sawur. »Was, wenn du fest entschlossen bist, seine Befehle zu ignorieren?«
»Sawur, er kann meinen Willen beeinflussen.«
»Aha.«
Louis versank in dumpfes Brüten. Nach einer Weile sagte er: »Ich bin schlau und gerissen, und der Web-Bewohner weiß das. Wenn er mich zu einem guten Diener macht, werde ich vielleicht begriffsstutzig und langsam. Ich kann mir immer wieder sagen, daß er ein Dummkopf wäre, wenn er mich zu sehr verändern würde. Es ist eine höllische Verlockung. Ich fürchte,
Weitere Kostenlose Bücher