Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Syracuse (New York), siehe Lindert 1977 und Hertwig et al. 2002.
Das mittlere Kind bekommt unter dem Strich also weniger ab als das älteste und das jüngste. Genau das geschah in den US -amerikanischen Familien, wie Abbildung 8.2 zeigt. Außerdem ist der Vorteil für das älteste und das jüngste Kind umso größer, je weiter die Geschwister nach Alter auseinanderliegen. Gleiches gilt für Familien mit vier Kindern.
Dieses Beispiel zeigt, dass ein und dieselbe Faustregel sowohl eine gleichmäßige als auch eine ungleichmäßige Ressourcenverteilung – und damit ein mehr und ein weniger gerechtes Ergebnis – bewirken kann. Es hängt in vorhersagbarer Weise von den Umständen ab: hier der Anzahl der Kinder und dem zeitlichen Abstand zwischen ihnen.
Verhaltenserklärungen in Form von Faustregeln unterscheiden sich von traditionellen psychologischen Erklärungen. Meistens wird beobachtetes Verhalten Präferenzen, Persönlichkeitsmerkmalen und anderen inneren Dispositionen zugeschrieben. Schauen Sie sich noch einmal das Muster in Abbildung 8.2 an. Da Eltern mehr Zeit mit ihren Erst- und Letztgeborenen verbringen, könnte man meinen, diese lägen den Eltern mehr am Herzen als mittlere Kinder. Schließlich neigen Erstgeborene dazu, reifer zu sein und sich stärker mit den Eltern zu identifizieren, während die jüngsten Kinder niedlicher sind. Wenn wir uns die Faustregeln ansehen, auf welche die Eltern sich stützen, bekommen wir aber ein besseres Bild vom Geschehen. Die einfache 1/N-Regel sagt das ganze komplexe Muster vorher, ohne dass wir auf eine nachgeschobene Erklärung angewiesen sind. Eltern bemühen sich nach Kräften um Gerechtigkeit, doch jetzt verstehen wir, warum es manchmal unmöglich ist, sie zu erreichen.
Risikokommunikation
Um kompetent in der Liebe und ihren Konsequenzen zu werden, müssen Sie mehr berücksichtigen als die Folgen der Strategien zur Partnerwahl und zur gerechten Behandlung Ihrer Kinder. Auch die Risikokommunikation kann eine wichtige Rolle spielen.
Kondome
Nicht alle, die nach der romantischen Liebe suchen, sind Eltern oder wollen es werden. Bereits im 18. Jahrhundert soll der italienische Abenteurer und Frauenheld Casanova »Verhütungskappen« benutzt haben, um seine Geliebten nicht zu schwängern. Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, sprach sich gegen Kondome aus, weil sie seiner Meinung nach die sexuelle Lust einschränkten und zu unzuverlässig waren. Um sich – wenn überhaupt – für eine Verhütungsmethode zu entscheiden, sollte man vernünftigerweise wissen, wie zuverlässig heutige Kondome sind.
Auf seiner Website erklärt das U.S. Center for Disease Control and Prevention, dass »Kondome mit einer Sicherheit von 85–98 Prozent vor einer Schwangerschaft schützen«. Wie an den Regenwahrscheinlichkeiten im ersten Kapitel gesehen, sollte man immer die Referenzklasse angeben, auf die sich eine Wahrscheinlichkeit bezieht. Auf dieser staatlichen Website ist aber keine Referenzklasse vermerkt. Wenn eine Frau überlegt, ob sie sich auf Kondome verlassen soll, könnte sie denken:
1. Sie wird in 2–15 Prozent der Fälle, in denen sie Sex hat, schwanger.
2. 2–15 Prozent der Frauen, die sich auf Kondome verlassen, werden im ersten Jahr ihrer Verwendung schwanger.
3. 2–15 Prozent der Kondome sind mangelhaft oder
4. 2–15 Prozent der Männer wissen nicht, wie man ein Kondom sicher verwendet.
Die Frau hat keine Möglichkeit, zu wissen, was gemeint ist. Wer die Äußerung im Sinne von Alternative Nr. 1 interpretiert, gelangt zu dem Schluss, dass einmal Sex in der Woche fast mit Sicherheit zu einer Schwangerschaft führt, was das Kondom praktisch nutzlos macht. Frauen, die Alternative Nr. 3 für richtig halten, könnten meinen, sie müssten jedes Kondom vor Gebrauch sorgfältig überprüfen. Während es die Frau bei Alternative Nr. 4 für die beste Strategie halten wird, sich einen Mann zu suchen, der mit dem Kondom richtig umgehen kann. Auf anderen Websites dagegen wird klar gesagt, dass die Wirksamkeit von Kondomen sich auf den Anteil der Frauen bezieht, die im ersten Jahr ihrer Verwendung ungewollt schwanger werden (Alternative Nr. 2). Wenn die Experten die Referenzklasse nicht deutlich angeben, werden sich die Leute intuitiv eine herausgreifen und entsprechend handeln.
Sexuelle Probleme
Ein Freund von mir, ein Psychiater, verschrieb früher Patienten, die unter leichter Depression litten, Antidepressiva. Dabei ließ er es sich immer angelegen sein,
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