Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Fortbildung nicht notwendig seien. Einige Hotelmanager glaubten jedoch fälschlicherweise, die Zahl der Sterne sei entscheidend, und beschlossen daraufhin, auf Nummer sicher zu gehen.
Sie fragen sich vielleicht, warum die ärztliche Fortbildung nicht von medizinischen Organisationen durchgeführt wird? Gute Frage. Tatsächlich bieten einige Organisationen ihre eigenen Kurse an, können jedoch nicht mit den Finanzmitteln der Industrie konkurrieren. Natürlich entscheiden sich die meisten Ärzte lieber für Strände und Golfclubs als für nüchterne Tagungsräume mit einfachen Mahlzeiten und ohne Partner. Die Fortbildung selbst zu bezahlen würde diese Probleme lösen, scheint aber keine willkommene Option zu sein. Einige Ärzteverbände haben den Versuch unternommen, der Fortbildung zu Unabhängigkeit von wirtschaftlichen Interessen zu verhelfen, um ihren Mitgliedern unvoreingenommene Informationen zu ermöglichen. Das ist nur in wenigen Fällen gelungen. Infolgedessen wissen weltweit Millionen Ärzte genau das, was die Industrie sie wissen lassen möchte.
Ärzten dabei helfen, Testergebnisse zu verstehen
»Der Vortragsraum ist im zweiten Stock«, sagte die Dame an der Rezeption zu mir. Ich blickte mich in der eindrucksvollen Empfangshalle eines dieser Berliner Ex-5-Sterne-Hotels um. Die Veranstalter der ärztlichen Fortbildung begrüßten mich und begleiteten mich zum Vortragsraum. Er war voll besetzt mit 160 Ärzten, meist zwischen 40 und 60, die an diesem schönen Frühlingstag vier Fortbildungskurse erwarteten. Ich betrat einen großen Vortragsraum, der mit neuester Technik ausgerüstet war. In den nächsten 75 Minuten wollte ich den Ärzten im Rahmen ihrer Fortbildung beibringen, Risiken und Ungewissheiten besser zu verstehen. Für die Ärzte und das gastgebende Pharmaunternehmen war es die erste Lehrveranstaltung zu diesem Thema überhaupt. Ich war beeindruckt, dass die Industrie einen Kurs über Risikokommunikation finanzierte, während die meisten medizinischen Fakultäten das Thema noch nicht einmal auf ihrem Lehrplan haben.
Nachdem ich das Podium betreten hatte, begann ich mit einem sachfremden Thema – der im ersten Kapitel dieses Buchs erzählten Geschichte vom Fernsehmoderator, den die Regenwahrscheinlichkeiten verwirrten. Allgemeines Gelächter, das die Ärzte entspannte und auf das Kommende vorbereitete.
Der Grund, warum ich auf dem Podium stand und nicht jemand, der die Produkte des federführenden Unternehmens vorstellte, war eine neue Gesetzgebung. Die Industrie darf Fortbildung nicht mehr dazu benutzen, für die eigenen Produkte zu werben. Als man im Pharmaunternehmen überlegte, welche unabhängigen Redner man engagieren wollte, kam man auf eine kluge Idee: Man fragte Ärzte, worüber sie gerne etwas erfahren würden. Ganz oben auf der Wunschliste stand die Kunst der Risikokommunikation. Und so kam es, dass ich eine Reihe von Kursen leitete. Das erwies sich als eine höchst sinnvolle Betätigung; selten habe ich so lernbegierige Zuhörer gehabt.
An diesem Tag hatte ich 160 Gynäkologen vor mir. Sobald sie sich ein wenig entspannt hatten, kam ich auf die eigentlichen Fragen zu sprechen: Hormonersatztherapie, PAP -Abstrich, HPV , Brustkrebs-Screening und andere Behandlungen und Tests, mit denen sie täglich zu tun bekommen. Ich begann mit einer Frage:
»Eine 50-jährige Frau, keine Symptome, nimmt routinemäßig an einem Mammografie-Screening teil. Das Ergebnis ist positiv, sie ist erschrocken und möchte von Ihnen wissen, ob sie mit Sicherheit Brustkrebs hat oder wie groß die Wahrscheinlichkeit ist. Abgesehen von den Screening-Ergebnissen wissen Sie nichts über diese Frau. Wie viele Frauen mit positivem Testergebnis haben tatsächlich Brustkrebs? Wie lautet die beste Antwort?
– 9 von 10
– 8 von 10
– 1 von 10
– 1 von 100«
Die meisten Ärzte blickten verunsichert zu Boden. Ich beruhigte sie: »Schauen Sie nicht nach unten, schauen Sie nach rechts und links. Die anderen scheinen es auch nicht zu wissen.« Es folgte ein kollektiver Seufzer der Erleichterung. Ich fuhr fort:
»Ich werde Ihnen jetzt die Informationen geben, die Sie brauchen, um die Frage der Krebswahrscheinlichkeit nach einem positiven Test zu beantworten. Zuerst werde ich sie Ihnen auf die in der Medizin übliche Weise präsentieren – als Wahrscheinlichkeiten.
• Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau Brustkrebs hat, beträgt ein Prozent (Prävalenz).
• Wenn eine Frau Brustkrebs hat, beträgt die
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