Risiko!
dich auf niemanden außer dir selbst verlässt.”
“Das nehme ich als Kompliment, auch wenn ich nicht weiß, ob du es so gemeint hast. Ja, ich habe mein ganzes Leben die Vorzüge des Reichtums genossen. Ich musste mir nie Gedanken machen, wie ich meine Ausbildung finanziere. Als ich die Idee mit gIRL-gEAR hatte, habe ich selbstverständlich mit Nolan darüber gesprochen. Aber glaub mir, ich hätte keinen einzigen Investoren gewonnen, wenn ich nicht genau gewusst hätte, was ich tue. Mein Vater pflegte Geld und Gefühle immer säuberlich zu trennen.”
Ray sah sie an. “Vor mir musst du den Reichtum deiner Familie nicht rechtfertigen, Sydney.”
Sie atmete tief durch. Warum regte sie sich bei diesem Thema so leicht auf? “Tue ich das denn?”
Er blickte wieder aufs Meer hinaus. “Für mich klang es jedenfalls so.”
Sie streckte ihm die Zunge heraus, ohne dass er es bemerkte. “Das ist ganz allein deine Schuld, weil du mich an die High-School-Zeit erinnert hast. Damals gaben mir alle das Gefühl, mich dauernd entschuldigen zu müssen, weil ich reich war.”
“Alle außer Isabel Leighton.”
Ray konnte unmöglich wissen, wie bitter sie Isabel Leighton erst kürzlich enttäuschen musste. Isabel war ihre einzige wirkliche Freundin gewesen. Sie hatte sie immer unterstützt, war immer für sie da gewesen, wenn Sydney sie brauchte. Und wie oft hatte sie sie gebraucht! Der Gedanke an sie versetzte ihrem Herzen einen schmerzhaften Stich.
“Izzy war super”, sagte Sydney und mühte sich, möglichst entspannt zu klingen. “Ist sie übrigens noch. Und was die Schulzeit angeht, hast du recht. Ihr war vollkommen egal, woher ich kam. Bei ihren Freundinnen kam es ihr auf den Charakter an und nicht darauf, wie reich oder arm die Eltern waren. Natürlich hatte ich auch ein paar andere Freundinnen, allerdings wenige, und mit keiner war ich so eng befreundet wie mit ihr.”
“Auf einer Privatschule hättest du wahrscheinlich mehr Freundinnen gefunden”, meinte Ray.
“Wahrscheinlich”, stimmte Sydney ihm zu. Warum sollte sie Ray anlügen? Sie wäre damals gern auf eine Privatschule gegangen. “Aber die Schulen, die Nolan im Auge hatte, waren keine gemischten. Und ich wollte mit Jungen zur Schule gehen, auch wenn ich mit keinem ausging”, erklärte sie lächelnd.
“Warum bist du mit keinem ausgegangen?”, fragte Ray, dessen Neugierde geweckt war.
“Das fragst du
mich?
Diese Frage solltest du eher den Jungen stellen, die in meinem Jahrgang waren. Ich dachte, du wüsstest, was sie über mich dachten.” Sie hatte es die ganzen Jahre über gewusst.
Trotzdem hatte sie nicht verstanden, warum sie sich nicht einmal die Mühe gaben, sie kennenzulernen. Sie mochte auf den ersten Blick unnahbar gewirkt haben, doch eigentlich war sie nur schüchtern. Kalt war sie gewiss nicht. Sie war keine Eiskönigin, und Ray hatte das herausgefunden.
“Ja, ich weiß, was sie über dich gesagt haben. Aber Jungen in dem Alter können nicht unterscheiden, ob ein Mädchen schüchtern oder arrogant ist. Außerdem würden sie nie zugeben, dass sie sich nicht trauen, ein Mädchen anzusprechen. Deshalb suchen sie die Schuld bei ihr. Und du warst für sie ein gefundenes Fressen, wie du dir ja denken kannst.”
Sydney überlegte einen Moment. Woher wusste er, dass sie schüchtern war? Sie hatte es ihm bestimmt nicht gesagt. Zu gern hätte sie ihn gefragt, wie er sie sah, was er von ihr dachte. Und sie würde gern von ihm hören, warum er seinen Urlaub ausgerechnet mit ihr verbringen wollte.
Die geplante Verführung wäre weit einfacher, wenn sie wüsste, was ihm an ihr so gefiel. Eigentlich war Ray gar nicht der Typ Mann, der ihrer Meinung nach am besten zu ihr passte. Wieso fühlte sie sich trotzdem so stark zu ihm hingezogen?
All diese Fragen gingen ihr durch den Kopf, doch sie sprach sie nicht aus. Sie wusste auch ohne Antworten, dass es für ihr unbezähmbares Verlangen keine logische Erklärung gab.
Also stand sie einfach stumm da und blickte ihn an, während er immer näher auf sie zukam. Sie konnte die Hitze seines Körpers spüren und atmete den herb-männlichen Duft ein, der von ihm ausging.
Sydney malte sich aus, wie es wäre, sich an seine Schulter zu schmiegen und ihn mit all ihren Sinnen zu erforschen. Der Kontrast von zarter Haut und festen Muskeln hatte sie immer schon fasziniert.
Ray stand ganz dicht vor ihr. Der Schatten des Balkonpfostens, an dem sie lehnte, fiel auf seinen Körper. Er streckte die Hand aus und
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