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Riskante Weihnachten

Riskante Weihnachten

Titel: Riskante Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ross
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seines Bruders doch annehmen sollen, kam ihm noch in den Sinn, als sie ihm die Hände auf den Rücken zerrten und fesselten.
    Bilder von zerfetzten Körpern und herumfliegenden Trümmern irrten durch Andis Kopf. Stöhnend versuchte er die Hand zu heben und ein Metallteil abzuwehren, vergeblich. Wieder fuhr ein brennender Schmerz durch seinen Körper. Übelkeit stieg in ihm auf, und er krümmte sich zusammen. Langsam kam er zu sich, aber seine Dankbarkeit darüber hielt sich in Grenzen.
    »Ganz ruhig liegen bleiben. Im Moment können wir nur warten, bis es dir besser geht.«
    Ein Amerikaner? Wo war er? Nicht in einem Krankenhaus, so viel hatte Andi bereits begriffen. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an das dämmerige Licht. Ein Mann hockte neben ihm und drückte ihn an der Schulter sanft zurück, als er sich aufrichten wollte. »Ich sagte doch: liegen bleiben. Erst mal ausruhen. Und nicht laut reden. Sie verstehen Englisch, und zwei von ihnen stehen direkt vor der Tür. Ich habe deine Verletzung so gut es geht verbunden. Aber eigentlich müsste sie genäht werden und vor allem desinfiziert. Wenn die sich entzündet, haben wir ein Problem, das schlimmer als dein Blutverlust ist.«
    Andi tastete über die Wunde und verzog das Gesicht. »Mist.«
    »Das ist noch reichlich untertrieben.« Der Amerikaner hob seine gefesselten Hände vor das Gesicht. »Im Moment wirkst du harmlos genug, dass sie bei dir auf Fesseln verzichtet haben. Also spiel nicht den Helden, sondern tu, als ob du am Ende wärst.«
    »Das wird kein Problem sein«, stieß Andi hervor, während er überlegte, warum ihm der Amerikaner vage vertraut vorkam.
    »Gut, aber ich sprach von Vortäuschen, du musst durchhalten, bis uns was eingefallen ist.«
    »Aufgeben ist keine Option«, zitierte Andi ohne nachzudenken den Wahlspruch einiger Freunde von ihm und kämpfte gegen die Bewusstlosigkeit an, die ihn zu überwältigen drohte.
    »Den Spruch kenne ich.« Der Amerikaner schwieg und atmete dann tief durch, als ob er eine schwierige Entscheidung zu treffen hätte. »Bei dem ganzen Dreck und Blut in deinem Gesicht war ich mir nicht sicher. Du bist Andi, oder? KSK.« Der Amerikaner hatte so leise gesprochen, dass Andi erst mit Verzögerung begriff, dass der Mann seinen Namen kannte.
    Er schüttelte den Kopf. »Reguläre Truppen.«
    Der Amerikaner schnaubte nur. »Erzähl mir nichts. Du müsstest meinen Bruder kennen. Mark, natürlich ein harmloser Wirtschaftsprüfer.«
    Wenn sie denselben Mark meinten, war die Ironie in seiner Stimme berechtigt. Mark Rawlins war Teamchef der SEALs, der Spezialeinheit der US Navy und ein enger Freund von Andi. Vor seinem Wechsel zur Navy war Mark Wirtschaftsprüfer gewesen und benutzte seinen früheren Beruf auch heute noch gerne als Cover bei verdeckten Ermittlungen.
    »Dein Bruder?« Andi stemmte sich auf die Ellbogen hoch und sackte stöhnend wieder zurück. Aber nun wusste er, wer der Amerikaner war. Joss Rawiz, Wall-Street-Anwalt, wenn er nicht gerade für die amerikanische Drogenfahndung DEA unterwegs war, und Bruder von Mark Rawlins. Sie hatten sich vor etlichen Monaten bei der Hochzeit eines Freundes kennengelernt.
    »Verdammt, ich habe gesagt, liegen bleiben. Verstehst du kein Englisch mehr?«
    »Doch, ich nehme nur keine Befehle von der DEA entgegen. Was machst du denn hier?«
    »Der Pickup, mit dem sie dich entführt haben, ist beinahe in meinen Toyota reingekracht. Als ich dich gesehen habe, haben sie mich freundlich eingeladen, mitzukommen. Ansonsten bin ich zurzeit ein amerikanischer Journalist mit persischer Mutter und arbeite für die AFP.« Joss schwieg wieder. »Ich hätte Marks Einladung, über Weihnachten nach Ahrensburg zu kommen, annehmen sollen«, fügte er zusammenhangslos hinzu.
    »Was ist mit Mike?«
    »Keine Ahnung, ich habe nur von einer Explosion auf dem Basar gehört. Ein Selbstmordattentäter auf einem Motorrad, das nach der Explosion brennend in die Menge geschleudert wurde. Mehrere Verletzte, von Toten haben sie nichts gesagt. Mehr weiß ich nicht.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen rief sich Andi die letzten Augenblicke vor der Explosion ins Gedächtnis. Der Motorradfahrer hatte sich offenbar selbst in die Luft gesprengt und den Auslöser gedrückt, als er zwei Soldaten am Straßenrand gesehen hatte. Da er noch lebte, musste der Selbstmordattentäter mit relativ wenig Sprengstoff unterwegs gewesen sein, und Mike hatte mit etwas Glück hinter dem Jeep ausreichend Deckung gehabt – hoffte er.

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