Ritter 01 - Die Rache des Ritters
sah nicht wie ein strahlender Retter aus, eher wie ein schwarzer Geist, der Teufel persönlich. Aber während Raina dastand und ihn großäugig und wachsam zugleich anstarrte, reagierte Nigel auf die ihm gewohnte arrogante Weise.
»Das hier geht Euch nichts an«, bellte er, »und Ihr wisst nicht, mit wem Ihr es zu tun habt.«
»Ich habe es mit einem Schuft zu tun, der sich mit Gewalt einem Mädchen aufdrängt. Wer Ihr seid, ist unwichtig und interessiert mich nicht.« Der Ritter setzte Nigel die Klinge auf die Brust.
Mit einem spröden Lachen hob Nigel die Hände, zeigte seine offenen Handflächen. Als er jetzt etwas sagte, lag trotz seiner Großmäuligkeit ein Zögern in seiner Stimme. »Diese Situation ist zu meinem Nachteil, Sir. Wenn Ihr mit mir darüber streiten wollt, wie ich meine Angelegenheiten regele, stehe ich Euch gern zur Verfügung, aber wie Ihr seht, bin ich unbewaffnet. Ihr nutzt einen Vorteil ungerechterweise zu Euren Gunsten.«
»So wie Ihr Euren gegenüber der Frau.«
»Ihr wollt mich durchbohren, ohne mir die Möglichkeit zur Verteidigung zu geben?«
»Nein«, entgegnete der Ritter. »Ich will, dass Ihr von dem Mädchen ablasst und dorthin zurückgeht, wo Ihr hergekommen seid.« Er versetzte Nigel mit seinem Schwert einen Stoß. »Und zwar sofort.«
Nigel taumelte rückwärts, fort von der Klinge, und seine Stimme hob sich um eine unglaubliche Oktave. »Für wen haltet Ihr Euch? Ich fordere Euer verdammtes Herz für diese Unverschämtheit!«
Der Ritter schien unbeeindruckt. »Immer ruhig Blut, kleiner Mann.« Dieses Mal war seine Klinge weniger sanft, und Nigel schaute auf seine Brust hinab, wo ein kleiner roter Fleck begann, seine Tunika zu verfärben.
Mit einem zischenden Atemstoß sprang Nigel zu seinem Pferd und stieg in den Sattel. Aber anstatt nach den Zügeln zu greifen, streckte er die Hand nach seiner Waffe aus. Raina schrie auf. Alles, was Nigel zu seiner Verteidigung hatte, war sein Kurzschwert; er war auf sicherem Boden zu seinem Vergnügen ausgeritten und deshalb für einen Kampf nicht gewappnet. Er schwang die kurze Waffe mit einem bösen Grinsen und offensichtlich mit sich selbst zufrieden – trotz der Tatsache, dass sie im Vergleich zu der des Ritters wie ein Kinderspielzeug aussah. Im nächsten Augenblick sprengte Nigel auf den Fremden zu.
Raina hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und beobachtete durch die gespreizten Finger, wie die Schwerter aufeinanderprallten, das schrille Schnarren von Metall auf Metall begleitete Nigels obszöne Flüche. Es schien, die Konfrontation hatte gerade erst begonnen, als der dunkle Ritter Nigel mit einer raschen Aufwärtsbewegung des Arms das Schwert aus der Hand schlug und es in einem weiten Bogen zu Boden fiel.
Nigel starrte auf seine leere Hand. Ein Ausdruck von Bestürzung und Überraschung legte sich auf sein Gesicht, bevor er die Augen zusammenkniff und den Ritter ansah. Dann, mit einem markerschütternden Schrei, sprang er aus dem Sattel. Raina schrie ihm zu, es nicht zu tun, aber es war zu spät. Nigel sprang auf den Ritter zu, stürzte sich auf dessen breites Schwert. Beide Männer taumelten in das Dickicht.
Der dunkle Ritter kam als Erster wieder auf die Füße. Er packte Nigel vorn an seiner Tunika und riss ihn mit sich hoch. Nigel schlug mit den Armen um sich, trat und kratzte, doch seiner Technik fehlten auf nahezu jämmerliche Weise die Finesse und die Kraft seines Gegners. Während der Ritter darum kämpfte, Nigel die Arme an den Seiten festzuhalten, krümmte sich Nigel und drosch um sich. Irgendwie gelang es ihm, dem Ritter einen Tritt gegen das Schienbein zu versetzen.
Raina zuckte instinktiv vor Schmerz zusammen, aber der Ritter gab keinen Laut von sich. Er holte mit seinem starken Arm aus und schlug mit der Kraft eines Januarsturms zu. Ein Fluch erstarb auf Nigels Lippen, als die Faust des Fremden ihn am Kinn traf. Er wirbelte auf dem Absatz herum, verdrehte die Augen und fiel dann in sich zusammen wie eine Stoffpuppe.
»Habt Erbarmen!«, keuchte Raina und lief zu Nigel. Sie umfing sein Gesicht, ihre Finger glitten über das Blutrinnsal und die Beule, die unter seinem Auge anzuschwellen begann. Er antwortete nicht, sondern lag reglos da. »Oh Nigel, du Narr! Jetzt bist du tot und hast selbst Schuld daran!«
»Er ist nicht tot«, sagte der Ritter hinter ihr. »Obwohl ich mir nicht erklären kann, warum dieser Gedanke dir solchen Kummer bereitet. Es war doch offensichtlich, dass dieser Hundesohn keine
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