Ritter-Geist
»Jetzt kann ich jede Einzelheit erkennen! Nun kehren meine Erinnerungen auch wieder zurück!«
»Dann erzähl mir jetzt deine Geschichte«, befahl Ivy ihm.
Sie nahm vor dem Wandteppich Platz und sah zu, während Jo r dan sich auf den Anfang seiner Geschichte konzentrierte. Nur mit Ivys Hilfe gelang es ihm, auf dem Wandteppich die richtige Bilde r folge herbeizurufen. Und dann, als die Bilder die Ereignisse zei g ten, erzählte Jordan die Geschichte, wie er sich an sie erinnerte. Die langweiligen Teile, wie beispielsweise das Schlafen, ließ er aus und konzentrierte sich lieber auf die tollen Abschnitte, wie etwa das Kämpfen gegen Ungeheuer und das Küssen wunderschöner Maidlein und die Begegnung mit seltsamer Magie. Es war eine echte Erzählung, die von Schwert und Zauberei handelte, von Gut und Böse und Verrat, und Ivy war davon wie verzaubert. Sie liebte Geschichten, in denen etwas los war. Sie sah zu und lauschte der ätzenden Erzählung, als wäre sie selbst dabeigewesen. Mit klo p fendem Herzen horchte sie auf das Getöse und Gezage und litt aufs heftigste mit, als die Ungütige Wahrheit schließlich enthüllt wurde.
2
Der Pooka
Ich glaube, die Sache fing erst richtig an, als ich volljährig wurde. Damals war es üblich, daß ein junger Mann sich selbst bewies, indem er irgendein phantastisches Unternehmen durchführte; d a nach konnte er dann heiraten und sich niederlassen, da er sich se i nen Ruhm verdient hatte.
Ich hatte eine wundervolle Freundin, Elsie, die Wasser in präc h tigen Wein verwandeln konnte, indem sie es einfach nur mit dem kleinen Finger berührte; und sie war auch schön und vernünftig und wollte sofort heiraten und eine Familie gründen. Ich war ei n fach bloß noch nicht reif dazu; das alles hörte sich so langweilig an. Ich suchte das Abenteuer!
Das wurde mit der Zeit immer schwieriger. Elsie wollte wirklich, daß ich blieb, und sie scherte sich nicht um Heldentradition, und anziehend war sie auch – sehr sogar. So hatten wir einige ziemlich schwierige Szenen. Ich versprach ihr, daß ich nach meinem Abe n teuer, wenn ich erst einmal ein Held geworden war, zu ihr zurüc k kehren würde, aber in Wirklichkeit war das natürlich eine Lüge, denn wir wußten beide, daß ich der Abenteuer niemals müde we r den würde. Sie versprach mir ihrerseits, daß sie mich, nachdem wir erst einmal eine Familie gegründet hatten, hinausziehen und durch Xanth reisen und vielleicht auch ein oder zwei Drachen töten la s sen würde, doch wir wußten beide, daß das ebenfalls eine Lüge war, denn eine Familie läßt einen Mann niemals ziehen. Ich wollte, wie man so sagt, erst einmal meinen wilden Hafer aussäen; auf diese Weise konnte ich seiner wenigstens sicher sein.
Elsie war nicht sonderlich wild auf wilden Hafer, ich weiß gar nicht so recht warum. Also trafen wir schließlich eine Abmachung: Elsie sollte eine Nacht zur Verfügung haben, um mir zu beweisen, wie schön zahmer Hafer sein konnte, und um mir die Vorteile des Familienlebens vorzuführen, damit sie mich davon überzeugen konnte, zu bleiben. Wenn ihr dies nicht gelingen sollte, dann wü r de ich auf Reisen gehen. Das erschien mir als durchaus faires A b kommen.
Ach, wie wenig wußte ich doch davon, was für eine Nacht sie geplant hatte! Damals war ich wirklich noch ziemlich naiv und wußte über viele Dinge weitaus weniger Bescheid, als ich selber glaubte. Ich erwartete, daß sie mir gutes Essen vorsetzen und mich nett behandeln würde, um schließlich auf überzeugende Weise über die Vorteile des gesetzten Lebens zu mir zu reden. Statt de s sen… na ja, ich weiß nicht so recht, ob ich dies erzählen kann, jedenfalls nicht einem… weißt du, ich glaube, wir sollten die Bilder jener Nacht einfach überspringen und… nicht? Aber ich könnte ziemlichen Ärger mit deinen Eltern bekommen, wenn ich zuviel darüber erzähle, wie… na gut, also schön, dann werde ich eben nur einen kleinen Teil davon schildern.
Elsie empfing mich in einem Gewand, das vom… na ja, ich hatte ja schon gewußt, daß sie schön war, aber mir war niemals klar g e worden, wie schön sie wirklich sein konnte, wenn sie sich richtig Mühe gab. Ich merkte, wie ich sie… wie ich die Weise anstarrte, in der sie atmete, und die Art, wie sie saß. Dann führte sie mich in ihren, äh, in ihr Schlafzimmer, und ich folgte ihr und merkte, wie ich die Weise anstarrte, in der sie ging. Dann hat sie… weißt du, das ist wirklich ziemlich langweilig, deshalb sollten wir
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