Ritterturnier auf Schreckenstein
nachmittag nichts…“
„Aber ja doch!“ reagierte die Leiterin. „Macht Platz und versorgt sie!“
Renate und Amanda räumten ihre Plätze. Während die anderen zusammenrückten, holten Renate und Amanda zwei Stühle. Beatrix nutzte die Gelegenheit. Mit der Marmeladenschale ging sie um den Tisch herum, trat Jerry ans Schienbein und flüsterte: „Schnauze!“
Renate schenkte ihnen Kakao ein, Amanda stellte Butter und Brot vor sie hin, die beiden griffen zu.
„Weiter!“ drängte die Leiterin. „Wie seid ihr hier herüber gekommen?“
„Ja, also…“, mampfte Udo. „Sie haben es sich gutgehen lassen, und wir durften zusehen. Es waren auch…“ Udo stockte. Er hatte sich verschluckt.
Fräulein Doktor Horn bekam ihren Vogelblick. „Waren auch Mädchen dabei?“
Wenn man das Anhalten des Atems hören könnte, hätte es jetzt einen furchtbaren Knall gegeben.
Udo grinste und schüttelte den Kopf. „Es waren auch Kleine dabei, und sie haben gesagt, daß sie uns mit dem Boot rüberbringen würden, damit wir Gesellschaft hätten für die Nacht.“ Herzhaft biß er in sein Brot.
Ein Aufatmen wehte durch den Saal, als sei ein Fenster aufgegangen.
„Sie haben uns in das Nebengebäude gebracht“, mampfte Jerry weiter. „Da lagen wir gefesselt, die ganze Nacht. Heut’ morgen haben wir Stimmen gehört, aber erst jetzt konnten wir uns befreien.“
„Das ist ja…!“ staunte Fräulein Doktor Horn, und alle staunten andächtig mit.
Udo nickte. „Typisch Schreckenstein! – Wir hätten nur eine Bitte: Ob wir mal telefonieren dürfen? Unsere Eltern… Und dann… unser Motorrad! Es muß hier sein! Einer ist damit rübergefahren. Damit es so aussieht, als wären wir nur nach Rosenfels gekommen und Schreckenstein hätte nichts damit zu tun…“
„Raffiniert sind sie ja!“ bekräftigte Jerry.
Die Leiterin nickte entschlossen. „Und ob die was damit zu tun haben! Dafür werde ich sorgen. Wenn ihr euch gestärkt habt, gehen wir in mein Zimmer und telefonieren. Dann suchen wir das Motorrad. Und wehe, es findet sich nicht!“ Mit Handzeichen, wie man Fliegen wegscheucht, beendete sie das Frühstück. Die Mädchen durften aufstehen und verließen den Saal.
„Menschenskind, die sind ja Weltklasse im Lügen!“ wunderte sich Renate. „Und alles für uns. Aberwitzig fair.“
„Du meinst: unser Glück!“ widersprach Beatrix heftig. „Fair war das nicht, wo die Ritter sie haben laufenlassen…“
„Versteh’ ja, daß du deinen Stephan verteidigst“, bemerkte Kratzbürste Doris.
Hier fiel ihr Anke, die Neue, ins Wort. „Nach dem, was die auf dem Kerbholz haben, kommt’s darauf auch nicht mehr an.“
Sophie blieb stehen. „Was ist denn das für ein Standpunkt?“ ereiferte sich die sonst so Besonnene. „Sie haben ja gar nichts auf dem Kerbholz!“
„Wer’s glaubt, wird selig“, gackerten die drei Zwerghühner.
„Ihr seid still! Albernes Gemüse“, fauchte Ingrid. „Schreckenstein steckt schon genug in der Tinte, ohne das, was jetzt noch dazukommt. Wegen uns, wohlgemerkt!“
„Ach.“ Anke, die Neue, lächelte versonnen. „Denen wird schon was einfallen.“
Auf Burg Schreckenstein brauchte einer, dessen Nachtruhe infolge wichtiger Unternehmungen zu kurz gekommen war, sein Gähnen, selbst im Unterricht, nicht zu unterdrücken. Hatte sich die Maulsperre nach einer größeren Sauerstoffansaugung wieder gelegt, konnte er dem Lehrer offen sagen: „Entschuldigung, ich fahre heute auf Reserve. Ich werde aber alles nachholen.“
Fortan störte der Lehrer, einem ungeschriebenen Gesetz zufolge, den müden Ritter nicht mehr mit Fragen. Er wußte, daß der das verpennte Pensum auch wirklich nacharbeiten würde.
Die Ereignisse der Nacht beschäftigten die Gemüter nicht mehr. Zu kleine Fische. Man hatte die Ebertlinge auflaufen lassen und ihnen für nachträgliche Hinterhältigkeit einen Denkzettel verpaßt, ohne die Mädchen hineinzuziehen. Der lange Andreas war nicht mehr aufgetaucht, er hatte nichts mitgenommen und nichts beschädigt. In der kommenden Nacht würde man wieder auf der Hut sein müssen, wenn auch erfahrungsgemäß nur kleine Bewachung, keine Doppelposten mit zusätzlichen Streifen.
„Tschuldigung!“ polterte Dampfwalze nach einem Dutzend Maulsperren während der Lateinstunde bei Doktor Schüler. „Ich kann heute kaum Deutsch. Werde meinen grauen Zellen aber ein Krafttraining verpassen!“
Die Klasse lachte, samt Doktor Schüler, und Witzbold Klaus flachste: „Krieg’ nur
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