Ritterturnier auf Schreckenstein
gesagt?“ forschte Andi. Der kleine Egon schüttelte den Kopf. „Und ich hab’ gesagt, daß wir auf Gerüchte nichts geben. Aus dem Alter seien wir raus.“
Grinsend lobten alle den Mini.
„Du bist ja ein Goldbube!“ witzelte Klaus.
„Behalte die Sache für dich!“ sagte Mücke. Dabei sah er den Blick der drei anderen Minis, die herüberstarrten. „Behaltet es für euch!“ verbesserte er sich. „Ist ja nicht nötig, daß ein Zwerghuhn hier die Pferde scheu macht.“
Klein-Egon platzte schier vor Ritterlichkeit. „Ehrensache, Mann!“
In der anschließenden Arbeitsstunde – einer Doppelstunde – hatten alle Mitwisser Gelegenheit, ihre Konzentrationsfähigkeit zu prüfen, indem sie ausschließlich an ihr Lernpensum dachten. Da die Ritter während der Arbeitsstunde freiwillig strenges Silentium bewahrten, kam der Gong zum Abendessen heute erlösend. Endlich konnten sie über ihre Gedanken reden, die sie sich bei aller Konzentration doch gemacht hatten.
„Eins versteh’ ich nicht“, meinte Andi. „Wie soll etwas, das die Neustädter Schulen betrifft, bis zu uns ausstrahlen?“
„Hab’ ich mir auch schon überlegt“, pflichtete Klaus ihm bei. „Wir machen doch gar nichts.“
Mücke hob seine Augenbrauen. „Vielleicht planen die was gegen uns: Jerry, Andreas und Udo mit dem schweren Motorrad.“
„Dann müßte was schiefgehen, daß es rauskommt und Kreise zieht!“ kombinierte Stephan.
Das Abendessen brachte sie rasch auf andere Gedanken. Es gab „Mundharmonika mit Grünzeug“ also Maiskolben mit Salat, wie man normalerweise sagen würde. Nachdem die Essenholer alles abgeräumt und den Nachtisch gebracht hatten – rote Grütze –, läutete der Rex, wie gegen Ende jeder Mahlzeit, mit dem silbernen Glöckchen die Schweigezeit ein. Von nun an war nur noch Löffelgeklapper und Gemampfe zu hören.
Überraschend stand Schulkapitän Ottokar auf und ging zum Schwarzen Brett, was er sonst nur mittags tat, wenn er das Programm ansagte, Verlust- und Fundsachen verlas. Geklapper und Gemampfe hörten auf.
Ottokar bimmelte kurz mit der Kuhglocke und verkündete: „Gleich nach Tisch ist Schulversammlung im Wohnzimmer!“
Erstaunte Blicke. Nachdem der Rex mit dem silbernen Glöckchen die Mahlzeit beendet hatte, brach das große Stühlerücken aus. In jeder anderen Schule hätte es jetzt Fragen gehagelt. Nicht so auf der Burg. Ohne zu spekulieren, was und wieso, begaben sich die Ritter hinauf ins Wohnzimmer, bildeten samt den auf der Burg lebenden Lehrern, wie Doktor Waldmann oder Sportlehrer Rolle, einen Halbkreis um den grünen Kachelofen und warteten schweigend.
Gefolgt von Schulkapitän Ottokar, der die Tür schloß und davor stehenblieb, kam der Rex herein, trat vor den Kachelofen und begann:
„Etwas sehr Merkwürdiges ist passiert. Die Ebertschule in Neustadt wurde unter Quarantäne gestellt. Es soll sich dort ein Bazillus oder sonst ein gefährlicher Krankheitserreger festgesetzt haben. Das Rote Kreuz hatte eine Warnung bekommen und sofort reagiert. Das Gelände wurde polizeilich abgeriegelt. Kein Schüler, kein Lehrer durfte das Gebäude verlassen.
Spezialisten suchten nach den geheimnisvollen Eindringlingen, um gegebenenfalls alle zu impfen. Sie fanden aber nichts. Das Rote Kreuz gab inzwischen Suppe an die Eingeschlossenen aus, und während Ärzte und Chemiker noch herumrätselten und vom Schulleiter eine Blutprobe entnahmen, entdeckte ein Polizist hinter dem Schulhaus bei den Mülltonnen eine alte Schultafel mit der Aufschrift: Laßt euch auch gleich gegen Dummheit impfen! Das war vor einer Stunde, und die Verantwortlichen mußten einsehen, daß sie einem Lausbubenstreich aufgesessen waren, einem höchst bedenklichen. Die Blamierten sind natürlich stinkwütend. Immerhin hat der ganze Zirkus auch Geld gekostet.“
Der Rex sah in die Runde, in ratlose Gesichter. Dann fuhr er fort: „Ihr werdet fragen: Und was haben wir damit zu tun? Nichts. Ich weiß es. Denn das war kein Schreckensteiner Streich. Das aber wissen die anderen nicht. Für sie machen offenbar nur wir Streiche. In diese Quarantänegeschichte ist kein Ritter verwickelt, sonst hätte er sich jetzt gemeldet. Leider glaubt uns das in Neustadt kein Mensch. Dort mißtraut man unserer Ehrlichkeit. Deswegen müssen wir jetzt beweisen, daß wir’s nicht waren- eine schwierige Aufgabe, in Neustadt ist das Urteil nämlich schon gefällt. Ein böses Vorurteil. Alle, ob Verantwortliche, Betroffene oder Nichtbetroffene sagen: Das
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