Ritterturnier auf Schreckenstein
Wichtiges!“
„Mit unseren Piepsstimmen?“
„Man… man könnte ja sagen, man sei Sekretärin oder Telefonistin bei einer anderen, wichtigen Persönlichkeit und müsse etwas ausrichten…“
„Könnte man. Eventuell. Niemand würde vermuten, daß wir dahinterstecken.“
„Eine ganz dumme Frage: Hinter was, bitte?“
„Hinter der tollen Idee, die uns noch einfallen…“
„Und die so ausfallen muß, daß alle sagen: Typisch Schreckenstein!“
Offenbar hatte kein Ritter in den letzten Ferientagen im Café Capri Eis gegessen. Auf der Burg wußte man von den Ereignissen, die da bevorstehen sollten, jedenfalls nichts.
„Lästig laue Lage!“ maulte Eugen, der Segler, beim ersten Mittagessen auf der Burg.
„Wenn nicht das Essen wär’, würd’ ich mich langweilen bis aufs Zahnfleisch!“ stimmte Bern zu und ließ, als Punkt nach dem Satz, ein ganzes hartgekochtes Ei in Senfsoße hinter den Zähnen verschwinden.
„Wenn der Ritterrat in der Folterkammer tagen würde, wie er das nach den Ferien normalerweise tut, wäre heute schon was los“, meinte Ralph. „Aber die leben gerade noch in Zeitlupe.“
Einige nickten müde. Nicht einmal die vier Mini-Ritter Herbert, Eberhard, Egon und Kuno, die sich immer bemühten, das Gras wachsen zu hören, hatten das komische Kribbelgefühl im Bauch, daß bald etwas passieren könnte. Es herrschte totale Windstille.
„Man muß auch schweigen können!“ alberte Witzbold Klaus. Er gehörte zum Ritterrat.
Die Stimmung war lau, der übliche Schwung war noch nicht aus den Ferien zurück.
„Ruhe vor dem Wurm!“ brummte Stephan vor sich hin. „Wieso Wurm?“ fragte Muskelprotz Dampfwalze mit steiler Denkfalte zwischen den Augenbrauen. „Es heißt doch Sturm!“
„Wurm!“ beharrte Stephan. „Einer wird schon einen reinbringen!“
Während das Kraftgebirge überlegte, ob er damit gemeint sein könnte, lachte Hans-Jürgen, der Dichter, vielsagend. „Es hat sich noch immer was getan, wenn sich angeblich nichts tat. Wir brauchen uns da gar nicht anzustrengen. Lassen wir uns überraschen.“
Typisch Schreckenstein
Wie an jedem Vormittag folgten in allen Schulen Schüler und Schülerinnen mehr oder weniger aufmerksam dem Unterricht. In der Franz-Joseph-Schule verstand ein Schüler überhaupt kein Wort: Jens, der Freund von Florian. Schon während der Nacht hatte sich ein Zahn aufdringlich bemerkbar gemacht. Jetzt verursachte der Nerv, der ihn bewohnte, solche Schmerzen, daß der Klassenlehrer Jens umgehend zu Doktor Bender schickte.
Mit schiefer Kopfhaltung verließ er die Klasse und kam während der letzten Pause mit wichtiger Miene zurück.
„Ich mußte an deine Tante denken“, raunte er Florian zu. „In der Ebertschule ist irgendwas los. Auf dem Hof steht ein Wagen vom Roten Kreuz, und ein Lautsprecher hat verkündet, daß niemand das Haus verlassen darf.“
Florian nickte. „Tante Thekla hat immer recht. Und was macht dein Zahn?“
Jens stutzte einen Augenblick, als habe er Mühe, sich daran noch zu erinnern. „Ach der! Der war eingemauert und brauchte nur ein bißchen frische Luft.“
Wie an einer Zündschnur lief die Sache mit der Ebertschule durch die Klassen und beeinträchtigte die Aufmerksamkeit während der letzten Stunde, daß sie ebensogut hätte ausfallen können.
Florian sollte etwas an die Tafel schreiben. Da er nicht wußte, worum es ging, malte er kurzerhand ein großes Fragezeichen und steckte, völlig in Gedanken, auch noch das Kreidestück in seine Hosentasche. Zum Glück schrillte die Schulglocke, und die Franz-Josephler stoben davon, als stünde das Schulhaus in Flammen.
„Hoffentlich werden sie noch festgehalten!“ rief einer.
Im Pulk wie bei einem Stadtmarathon rannten alle auf dem direkten Weg zur Ebertschule.
Jens zog Florian am Ärmel. „Komm! Hintenrum.“
Sie scherten aus, warteten, bis die letzten vorbei waren, und verschwanden in einem schmalen Weg zwischen den Gärten zweier Wohnhäuser aus dem letzten Jahrhundert. Vorbei an der kleinen ehemaligen Fabrik – jetzt Autoreparaturwerkstatt –, kletterten sie über einen Zaun, stapften durch eine Wiese bis zum nächsten Zaun und landeten in der Sackstraße hinter der Schule. Kein Mensch weit und breit, das schmiedeeiserne Törchen quietschte, und vorbei an den Mülltonnen bewegten sie sich auf das Schulhaus zu. An der letzten Tonne lehnte eine ausrangierte Schultafel. Die Seitenwand entlangschleichend hörten sie von der Vorderseite laute
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