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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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da war, und hinkte ein kurzes Stück weit zwischen die Bäume. Dort blieb er einen Moment stehen und versuchte, die Schatten zu entwirren und einen Sinn hineinzubringen. Auf der fernen Straße dröhnte gleichmäßig der Verkehr, aber zwischen den Bäumen war es still. Nach einer Weile kehrte er zum Lagerplatz zurück.
    Der Walking Man stand neben einem Haufen Brennholz; seine Augen leuchteten im Mondlicht, und er schaute in die Richtung, aus der das Geräusch kam. »Jack Caffery, Polizist«, sagte er, ohne den Blick von den Bäumen zu wenden, »was bringen Sie an mein Feuer?«
    Caffery antwortete nicht. Auf dem Weg in den Wald hatte er kein Auto gesehen, kein Geräusch gehört. Wer immer da war, musste zu Fuß gekommen sein. Der Walking Man ließ sein Feuerzeug aufschnappen. Er bückte sich und hielt die Flamme an das Reisig. Sofort flackerte das Feuer auf und tauchte die Umgebung in rotes Licht. Äste und Gestrüpp traten als harte Konturen aus dem Dunkel hervor. Er steckte das Feuerzeug wieder ein, ging bis zum Waldsaum und lauschte eine Weile hinein in die Nacht. Schließlich grunzte er zufrieden und schüttelte den Kopf.
    »Jetzt ist es weg.«
    Caffery starrte noch immer auf den Rand des Feuerscheins, den Rand der Nacht.
    »Keine Sorge«, sagte der Walking Man. »Es ist nur neugierig. Im Moment ist es nur neugierig. Es hat noch Angst vor Ihnen.«
    »>Eses<, verdammt?«
    »Wer weiß?« Der Walking Man lächelte. »Ein Teufel? Eine Hexe?«
    »Hören Sie auf.«
    Der Walking Man lachte gehässig. »Ja, natürlich. Sie haben 
    recht. Es ist nichts von all dem, nur ein Produkt Ihrer Phantasie.«
    Caffery schaute an dem Walking Man vorbei zu den Bäumen. Er wusste nicht, warum, aber plötzlich konnte er nur noch an den kleinen Schwarzen bei Tig denken. Wie sich herausgestellt hatte, war er ein illegaler Einwanderer, einer von vielen, die nicht gerissen genug waren, einen Asylantrag zu stellen. Wie viele Illegale in der Gegend von Hopewell hatte er sich mit Tig eingelassen; bei dem hatten sich die Zahnrädchen in Bewegung gesetzt, als er hörte, dass der schmächtige kleine Afrikaner wegen Handels mit menschlichen Häuten von der tansanischen Polizei gesucht wurde. Tig hatte nicht lange gebraucht, um das Potenzial zu erkennen: Man konnte muti an die anderen Afrikaner in der Stadt verkaufen, das Ritual und die Ware. Mit einer solchen Masche war Geld zu verdienen, viel Geld.
    Am Nachmittag, als Tig in einer Zelle im Gewahrsamstrakt wie ein gefangener Minotaurus gebrüllt und gewütet hatte, hatte Caffery still vor der Tür des schmächtigen Typen gestanden und ihn durch den Spion beobachtet. Er hatte versucht sich vorzustellen, wie er nackt am Wasser stand. Das war er gewesen, unten am Hafen; er hatte Stein und Bein geschworen, dass er es gewesen war, mit einem lächerlichen Dildo, der den Frauen Angst einjagen sollte. Er habe sich mit Fett eingeschmiert, hatte er ausgesagt, und sich mit Wasser übergössen, damit es aussah, als wäre er aus dem Fluss gekommen. Das alles hatte auf eine Weise Sinn ergeben. Trotzdem wurde Caffery das ungute Gefühl nicht los, dass hier etwas nicht stimmte, dass ihm etwas entgangen war. Nicht was Tig betraf, da passte alles perfekt, und er würde den Rest seines Lebens im Knast verbringen. Nein, da war etwas mit dem dünnen kleinen Kerl, etwas an der Vorstellung, wie er sich durch die Straßen schlich, wenn es dunkel wurde. Aber Caffery wusste, dass er es auf sich beruhen lassen sollte. Der Kerl befand sich in Haft, und er sollte jetzt nicht mehr darüber nachdenken.  

    »Ganz recht«, sagte der Walking Man ruhig. Er hatte seine Gedanken gelesen. »Denken Sie nicht mehr darüber nach. Niemand kommt in die Nähe unseres Feuers, ohne dass ich es weiß.« Caffery verfolgte, wie er langsam zum Camp zurückging und sich bückte, um zwei Dosen unter seinem Schlafsack hervorzuziehen. Mit seinem Schweizer Armeemesser bohrte er Löcher in die Deckel und schob die Dosen mitten ins Feuer; dann rückte er sie mit einem Stock zurecht, bis sie aufrecht standen.
    Caffery ließ sich auf eins der Schaumstoffquadrate nieder und bemühte sich, nicht zu den Bäumen zu schauen. Aber das war nicht so einfach. Während das Essen heiß wurde, der Walking Man Cider trank und immer wieder die Krokuszwiebeln in der Tüte zählte, dachte er daran. Er war mit einem Schlafsack hergekommen und hatte vorgehabt, die Nacht hier unter den Sternen zu verbringen, aber es war kälter, als er dachte, und das

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