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Riven Rock

Riven Rock

Titel: Riven Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Versprechen – der Fall ihres Gatten sei komplizierter, als zunächst angenommen worden war, weitaus komplizierter –, doch er habe persönlich Dutzende von beinahe ebenso schweren Fällen behandelt, und diese Patienten hätten alle, mit der rechten Pflege, gewaltige Schritte in Richtung Gesundung, ja vollständige Genesung getan. Derzeit gebe es neue Ansätze, nicht nur bei der Behandlung von Dementia preacox beziehungsweise Schizophrenie, wie man es jetzt meistens nenne, sondern im gesamten Spektrum des menschlichen Verhaltens und der Psychologie, und neue Figuren wie Freud, Jung und Adler seien aufgetaucht, um auf den Arbeiten von Charcot, Krafft-Ebing, Havelock Ellis und Magnus Hirschfeld aufzubauen. O’Kane hatte das alles schon gehört, deshalb verlor er sich in Gedanken, die Wärme machte ihn schläfrig, der schwere Stoff seiner nassen Hose klebte an seinen Schenkeln wie eine zweite Haut – und es juckte, es juckte wie der Teufel. Hamilton redete weiter, mit hypnotischer, einschläfernder Stimme, und die Düsternis jenseits der Fenster war wie die Kulisse zu einem Wachtraum. Er kam wieder zu sich, als der Arzt endlich ihre Frage nach den Affen beantwortete.
    »... und da die Verhaltenswissenschaft tatsächlich noch in den Kinderschuhen steckt«, sagte Hamilton, »und dies eines der ersten Hominidenlabors auf der Welt sein wird, Katherine« – ( Katherine , jetzt nannte er sie schon Katherine !) –, »rechne ich aufrichtig damit, daß meine intensiven Studien mit den niederen Primaten eine ganze Reihe von Durchbrüchen für die menschliche Verhaltenskunde bringen werden, vor allem im Hinblick auf die sexuellen Neigungen.«
    Aha, da war er also, dachte O’Kane, der Haken bei der Angelegenheit, jenes Thema, das man nicht in gemischter Gesellschaft besprach, die Sache, der sich Männer und Frauen besser nur zu zweit und im Dunkeln zuwandten. Er betrachtete das vollkommen gelassene Gesicht der Ehegattin, die schmalen Lippen, die kleine Stupsnase und die perfekten Ohren, und wartete auf eine Reaktion. Nichts. Keine Gemütsregung. Sie war selbst Wissenschaftlerin – die erste Absolventin des Massachusetts Institute of Technology –, und keine noch so seltsame Eigenart des menschlichen Organismus konnte sie aus der Fassung bringen. Sie war aus Eis. Aus vielen Schichten, ganzen Bergen davon – ein Gletscher in Menschengestalt, eine Eisprinzessin, ja, das war sie.
    »Ja, ich verstehe«, sagte sie, wobei sie die Lippen schürzte und O’Kane einen Blick zuwarf, der ihn auf der Stelle verdorren ließ, so als hätte er den Gesprächsgegenstand aufgebracht, »aber Affen sind ja wohl eine Sache und Menschen eine andere. Ich kann wirklich nicht recht einsehen, wie sich irgendeine Ihrer Entdeckungen zum Thema der« – hier hielt sie inne, wenn auch nur für einen Sekundenbruchteil – »geschlechtlichen Neigungen von Affen auf den Fall meines Mannes anwenden ließe. Es ist mir einfach nicht einsichtig.«
    Dies war ein kritischer Moment, in den sich nun O’Kane, angespornt von der Hitze des Feuers, der Enge des Zimmers und der plötzlichen Furcht, die ganze Sache – Orangenbäume, Bungalow und so weiter – könne wie ein Kartenhaus zusammenstürzen, plötzlich mit einer eigenen Wortmeldung einschaltete: »Aber wir werden ihm die allerbeste Pflege zukommen lassen, Ma’am, ich und die Thompson-Brüder und Dr. Hamilton und Dr. Meyer auch. Ihr Mann hat speziell um uns gebeten, wissen Sie, und wir verspüren eine echte... echtes Mitgefühl für ihn, was wir bei den anderen Patienten nicht immer tun... er ist so ein Gentleman, das will ich sagen, und wird bestimmt bald gesund. Und ich hab zwar zugegebenermaßen keine Ahnung von Affen – von Hominiden, meine ich –, aber ich bin jung und guten Willens, und ich kann dazulernen, wirklich. Sie werden sehen.«
    Es herrschte Schweigen. Mrs. McCormick – Katherine – blickte verdutzt drein, als hätte plötzlich der Stuhl oder der Hutständer zu sprechen begonnen, aber die alte Dame wirkte höchst zufrieden – auf ihren Lippen lag ein eingefrorenes, gütiges Altjungfernlächeln –, Dr. Hamiltons Augäpfel tanzten, und er strich sich aus Effekthascherei kurz über den Bart, bevor er die schweren Geschütze auffuhr. »Ganz recht, Edward: es wird für uns alle ein Lernprozeß sein, wie auch für die Wissenschaft an sich, und abgesehen davon, daß wir Mr. McCormick helfen, werden wir eine großartige Gelegenheit haben, etwas Gutes und Wertvolles für die gesamte Menschheit

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