Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Krebse, Steinbeißer, Kaninchen und Schweinefleisch in Gallert.
Als einige Gäste lachend und stöhnend darum baten, man möge doch eine längere Ruhezeit einlegen, damit sich das gute Essen auch verdauen ließe, und der Bischof sich obendrein bemüßigt fühlte, eine Andeutung bezüglich der gula zu machen, der Sünde der Völlerei, hob Castel Fabri die Tafel auf. Vor dem Abtragen jedoch hielt er seine Rede.
„Liebes Brautpaar“, meinte er gerührt, und ein weicher Zug lag auf seinem Gesicht, „hochverehrte Gäste des Hauses Fabri, bevor wir gemeinsam mit einem Becher Hypocras anstoßen, um dann wieder die Spielleute zu rufen, will ich ein paar Worte sagen. Mein Herz läuft mir über am heutigen Tag, denn ich bin stolz darauf, dass mein einziger Sohn Aimeric zum Konsul, und darüber hinaus auch noch zum Sprecher des Senats gewählt worden ist. Vor allem aber bin ich stolz, dass er eine solch prachtvolle Frau heimgeführt hat.“
Fabri drehte sich um und wies mit der Rechten auf Rixende.
„Sie ist nicht nur schön und voller Liebreiz, Ihr alle habt sie heute schon aus der Nähe bewundern können, nein, sie hat auch Verstand. Eine Schwiegertochter wie sie zu bekommen ist für mich eine doppelte Freude, denn sie erinnert mich in vielem an meine verstorbene Frau – kurz, seit Rixende in unserem Hause lebt, bin ich wieder jung geworden.“
„Ein Hoch auf die schöne Braut! Und den ewig jungen Fabri!“ tönte es aus der letzten Reihe.
Der ganze Saal lachte, und Castel Fabri stimmte schmunzelnd ein. Aimeric nahm all seinen Mut zusammen und schloss seine Frau liebevoll in die Arme, und sie ließ es tatsächlich zu, dass er sie vor aller Augen zärtlich und lange küsste.
Mengarde, die in der ersten Reihe vor der büne saß, atmete erleichtert auf. Noch vor zwei Tagen hatte sie ein ernstes Gespräch mit ihrem Schützling geführt.
„Rixende“, hatte sie gesagt, „ich mache mir Sorgen. Wenn dir dein Bräutigam so zuwider ist, dann wäre es ehrlicher, es ihm offen zu sagen und nach Hause zurückzukehren.“
„Wie kommst du darauf, dass mir Aimeric zuwider ist?“ hatte Rixende verwundert getan und ihre Handarbeit neben sich gelegt.
„Nun, Mann und Weib sind ein Leib. Ihr beiden seid zwar noch nicht verbunden, doch bist du derart abweisend ihm gegenüber, dass man den Schluss ziehen könnte, dass du ihn nicht magst. Nun ist er doch keineswegs ein Trunkenbold oder ein Stachelbart! Auch prügelt er seine Gesellen nicht. Und dich behandelt er mit großem Respekt. Aber du? Wenn ich dich nicht besser kennen würde, mein Täubchen, wenn ich nichts von deiner ungestümen Zärtlichkeit wüsste, die du in diesem Hause so gut verbirgst, so ...“
„Du irrst dich, Mengarde“, hatte Rixende schnell geantwortet und ihren Stickrahmen wieder aufgenommen, um der Muhme nicht in die Augen sehen zu müssen, „du irrst dich gewaltig. Es ist alles in Ordnung mit mir ... und Aimeric.“
„Hoffentlich“, hatte Mengarde gemurmelt und leise das Gemach verlassen.
Die Lüge war Rixende so glatt über die Lippen gegangen, dass sie sich, als sie wieder allein war, in Grund und Boden schämte. Weitaus beschämender aber wäre es für sie gewesen, die Fabris zu enttäuschen, die ihr alle Freundlichkeit dieser Welt zuteil werden ließen.
Das Schlimmste aber war, dass sie sich gerade selbst belogen hatte. Man konnte vor vielem davonlaufen, doch offenbar nicht vor seinen Gefühlen. Das hatte ihr Bruder Paule verschwiegen. Doch was, wenn sie sich nun diesen Gefühlen stellte? Wenn sie die Abneigung offen zugäbe, die sie für Aimeric empfand? Zurück nach Gavarnie? Die hämischen Blicke der Dörfler aushalten? Christian, der sie seit einiger Zeit immer so seltsam ansah, so dass es ihr vor ihm noch mehr schauderte als vor Aimeric?
Trotzig hatte Rixende den Kopf geschüttelt. Nein, nein, besser so, hatte sie halblaut vor sich hingemurmelt. Was angefangen wurde, muss auch zu Ende gebracht werden!
Nachdem die Diener die Schüsseln abgeräumt und man mit dem gewürztem Wein angestoßen hatte, betraten erneut die Spielleute den Saal. Vorneweg schritt der berühmte Troubadour Guiraut Riquier, der Fabri ebenfalls etliches gekostet haben musste, weil er sich fast das ganze Jahr über am Hofe des kastilischen Königs Alfonso des Weisen aufhielt. Gekleidet in weinroten Samt, auf dem Haupt eine malerische schwarze Kappe mit auf die Schulter herabhängender Sendelbinde, verstand er meisterlich die Laute zu spielen und dazu seine kräftige
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