Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
dankte. „Irgendwann werde ich mir aus diesem herrlichen Stoff ein Gewand nähen lassen. Doch nun zu Euch, Abu Ras Anfa. Heute Abend würde ich gerne mit Euch reden, wenn Ihr nicht zu müde seid von der langen Reise.“
Der Muselmane verbeugte sich und Rixende rief nach Benete, die den bunten Turban des Ausländers belustigt, aber nicht unfreundlich musterte, und ihm seine Räume zeigte.
Als Abu Ras Anfa sich am Abend bei Rixende einstellte – sie saß im Innenhof -, zeigte er sich überrascht von der Schönheit des Ortes.
„Hier fühle ich mich beinahe wie zu Hause, Herrin! Der Brunnen, der Wein, der Duft Eures Hadass , Ihr sagt dazu ... ´Myrten`, so glaube ich.“
Rixende nickte, überrascht von seinem umfassenden Wortschatz.
„Nur der Mond …er ist zwar voll, aber dennoch …“
„Was meint Ihr damit?“
Die beiden spähten durch die Weinreben nach oben.
„Er erscheint mir hier nur halb so groß wie in Damaskus!“
„Woran das wohl liegen mag?“ fragte Rixende.
„Dass weiß nur Allah allein ...“
„Bevor wir zu den geschäftlichen Dingen übergehen“, sagte Rixende, als sie Platz genommen hatten, „erzählt mir ein wenig von Eurer Heimat, von Damaskus und natürlich auch von Ibrahim ben Suleyman. Ich bin neugierig.“
Abu Ras lachte und zeigte eine Reihe blendendweißer Zähne.
„Erlaubt Ihr, dass ich dabei rauche?“ Er wies auf eine mitgebrachte Wasserpfeife hin und einen Behälter mit glühender Holzkohle.
„Wie? Ihr raucht Rauschkräuter?“
„Fast jedermann raucht bei uns haschisch . Der eine mehr, der andere weniger, wenn es Euch jedoch stört ...?
„Wie kann ich sagen, es störte mich, wenn ich es nicht kenne? Raucht ruhig. Ich will Euch dabei zusehen.“
Rixende lehnte sich entspannt zurück. Voller Erwartung, von dieser fremden Stadt Damaskus zu hören, beobachtete sie, wie der junge Mann einem perlenbesticktem Beutel trockene braungoldene Blätter und Blüten entnahm, sie auflockerte und vorsichtig auseinanderzog. Von einer dunkelbraunen zähen Masse brach er durch Hin- und Herbiegen ein kleines Stückchen ab, um es über der Flamme ihres Talglichts zu erwärmen. Als es weich genug war, bröselte er das hashish über die Blätter und Blüten und vermischte es gründlich. Dann steckte er den reich verzierten kupfernen Pfeifenhals auf den halbgefüllten Wasserbehälter der shisha – so nannte Abu Ras die Pfeife – und setzte obenauf den Pfeifenkopf aus Ton mit der Kräutermischung. Mit einer Zange beförderte er glimmende Holzkohlestückchen darüber, damit sie die Kräuter entzünden konnten, und bedeckte das ganze mit einem kleinen Hütchen, um das Herumfliegen der Glut zu verhindern. Zum Schluss schloss er das gekrümmte Mundstückrohr an.
„Dimaschq“, sagte er schließlich, als er den Rauch aus seiner Nase blies, „oder Damaskus, wie Ihr sagt, ist der Sage nach die älteste Stadt der Welt. Sie soll zum Königreich Davids gehört haben, und die Engel des All-Barmherzigen breiten noch immer ihre Flügel über sie aus. Heute ist sie eine der bedeutendsten Handelsstädte. Dort treffen sich die Weihrauchstraße und die Seidenstraße, die aus dem fernen China kommt, was bereits auf zwei der Güter hinweist, die wir mit Vorliebe vertreiben.
Die Stadt ist wie die Eure von großen, mächtigen Mauern umgeben und hat unzählige Türme und Stadttore. Schließt Eure Augen, Herrin, und ihr werdet Dimaschq sehen und riechen ...“
Rixende tat, wie der Muselmane sie geheißen, und in der Tat: Der Duft der seltsamen Kräuter, die er rauchte, entführte sie bald in den Souk der Stadt. Sie lauschte seinen Worten, die von Märchenerzählern kündeten und von Schlangenbeschwörern; sie vernahm das süße Lied der Singvögel, die in kunstvoll geflochtenen Käfigen feilgeboten wurden – denn beschwingt nicht Vogelgesang die Seele? Sie ließ ihre Hände in Säcke mit Paradieskorn, Galgant, Zimt und Pfeffer gleiten; roch Düfte von heilender Wirkung; sie hörte Kamele wild aufschreien und Goldschmiede hämmern, erschrak über das laute Feilschen der Sklavenhändler und den seltsamen Ruf des Muezzin der großartigen Omajaden-Moschee, deren Boden mit wertvollen Teppichen und deren Wände mit herrlichen Mosaiken geschmückt waren. Am Ende ihrer Reise nahm Abu Ras sie mit in einen Garten voller Blumen in betörenden Farben und in einen wunderschönen weißen Palast, wo sie im Gefolge lachender Frauen in ein Dampfbad stieg, um danach mit ihnen duftenden Jasmintee zu trinken.
„Ich
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