Robinson Crusoe
das
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Schiff auf meinen Befehl zurückerobert sei und nun auf der Reede vor Anker liege; sie würden sich bald mit eigenen Augen davon überzeugen können, daß der neue Kapitän den Lohn für sein Verbrechen
empfangen habe; sie könnten ihn am RahEnde baumeln sehen.
Was sie selber angehe, so wünschte ich zu wissen, was sie vorzubringen hätten, warum ich sie nicht als auf der Tat ertappte Seeräuber exekutieren sollte. Sie zweifelten doch wohl nicht, daß ich kraft meines Amtes die Gewalt dazu hätte.
Einer von ihnen antwortete mir im Namen der anderen, sie hätten nichts weiter zu sagen als nur, daß der Kapitän bei ihrer Gefangennahme ihnen das Leben versprochen habe und daß sie mich demütigst um Gnade bäten. Ich erwiderte jedoch, ich wüßte nicht, welche Gnade ich ihnen erweisen sollte, denn ich selbst sei entschlossen, die Insel mit allen meinen Leuten zu verlassen, und hätte bereits die Überfahrt nach England mit dem Kapitän vereinbart; und der Kapitän seinerseits könne sie nicht anders als in Ketten nach England mitnehmen, um sie dort wegen Meuterei und Schiffsraub vor Gericht zu bringen, worauf, wie sie wohl wüßten, unfehlbar der Galgen folgen würde. Ich könnte also selber nicht sagen, was das beste für sie sei, außer wenn sie etwa hier auf der Insel ihr Schicksal versuchen wollten. Wünschten sie das, so hätte ich nichts dagegen, ihnen ihr Leben zu schenken. Sie schienen dafür sehr dankbar zu sein und sagten, sie wollten es lieber wagen, hierzubleiben, als sich nach England an den Galgen bringen zu lassen. Also ließ ich es dabei.
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Der Kapitän tat jedoch so, als ob er dagegen etwas einzuwenden hätte und sie nicht einmal hierlassen dürfte.
Darüber stellte ich mich ein wenig erzürnt und sagte zu ihm, es seien meine Gefangenen, nicht seine. Ich hätte ihnen diese Gnade zugesagt und wolle mein Wort auch halten; und wenn er nicht einwillige, würde ich sie schlechterdings wieder freilassen, und er möge sie dann wieder einfangen, wenn er könne. Darüber waren sie hochbeglückt. Ich setzte sie also auf freien Fuß und wies sie an, sich in die Wälder
zurückzuziehen, an den Ort, woher sie kämen; ich würde ihnen einige Waffen und Munition lassen und ihnen überdies allerhand Ratschläge geben, wie sie hier ihr Leben einzurichten hätten.
Darauf rüstete ich mich, an Bord des Schiffes zu gehen, sagte jedoch dem Kapitän, ich wolle die Nacht über noch hierbleiben, um alles in Ordnung zu bringen; er solle daher vorausgehen, alles an Bord fertig halten und morgigen Tages das Boot an Land schicken. Vor allem solle er dafür sorgen, daß der falsche Kapitän an die Rah gehängt werde, damit diese Burschen ihn sehen könnten.
Als der Kapitän fort war, ließ ich die fünf Leute in meine Wohnung kommen und redete ausführlich mit ihnen.
Ich sagte, sie hätten meines Erachtens die beste Wahl getroffen; denn wenn der Kapitän sie mitnähme, hätten sie nichts anderes zu erwarten als dies, und dabei zeigte ich ihnen ihren Kapitän, der an der Rah des Schiffes hing.
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Ich erzählte ihnen darauf die ganze Geschichte dieses Ortes und wie ich hierhergekommen, und zeigte ihnen meine Befestigungen, die Art, wie ich mein Brot machte, mein Korn pflanzte, meine Trauben trocknete, mit einem Wort; alles, was nötig war, um ihnen das Leben zu erleichtern. Ich erzählte ihnen auch von den sechzehn Spaniern, die noch zu erwarten waren und für die ich einen Brief hinterließ, und nahm den Leuten das Versprechen ab, sie als Brüder zu behandeln. Ich ließ ihnen meine
Schußwaffen, nämlich fünf Musketen und drei Vogelflinten, dazu drei Schwerter. Auch war noch etwa ein Fäßchen Pulver da; denn nach den ersten paar Jahren war ich sehr sparsam damit umgegangen. Ich beschrieb ihnen, wie ich es mit meinen Ziegen gehalten, sie gemolken, gemästet und Butter und Käse gemacht hatte. Kurz, ich verschwieg ihnen nichts von meiner ganzen Geschichte und versprach überdies, den Kapitän zu veranlassen, daß er ihnen noch zwei Fäßchen mit Pulver und etwas
Gartensamen zurückließe, den ich selber immer sehr vermißt hatte. Auch gab ich ihnen den Sack Erbsen, den mir der Kapitän mitgebracht hatte, und ermahnte sie, sie ja auszusäen und zu vermehren.
Nachdem all das getan war, verließ ich sie am nächsten Tage und ging an Bord. Wir machten uns sogleich segelfertig, lichteten aber den Anker noch nicht. Am nächsten Morgen früh kamen zwei von den fünfen an das Schiff
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