Robinson Crusoe
mit
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Musketenkugeln, sieben Musketen und noch einer Vogelflinte nebst einem weiteren kleinen Vorrat von Pulver. Ein großer Sack voll Schrot und eine dicke Rolle gewalzten Bleis waren so schwer, daß ich sie nicht über Bord heben konnte. Zu alledem nahm ich noch sämtliche Kleider, deren ich habhaft werden konnte, sowie ein vorrätiges Toppsegel, eine Hängematte und einiges Bettzeug; und damit belud ich mein zweites Floß und brachte alles zu meiner großen Befriedigung wohlbehalten an Land.
Die ganze Zeit über war ich einigermaßen in Sorge, daß meine Vorräte am Lande während meiner
Abwesenheit von wilden Tieren aufgefressen werden könnten. Als ich aber zurückkam, fand ich keine Spur von irgendeinem Besucher; nur saß auf einer der Kisten ein Geschöpf, ähnlich einer Wildkatze, die bei meinem Nahen ein kleines Stück hinwegsprang und dann wiederum still stand. Sie saß ganz ruhig und ohne Furcht und sah mir voll ins Gesicht, als ob sie Lust hätte, meine Bekanntschaft zu machen; ich richtete meine Flinte auf sie; aber da sie das nicht verstand, ließ sie es sich nicht anfechten und machte nicht die geringste Miene, davonzulaufen. Hierauf warf ich ihr ein Stückchen Zwieback zu, obwohl ich selbst keinen Überfluß daran hatte, da mein Vorrat nicht groß war. Indessen, wie gesagt, opferte ich ihr ein Stückchen, und sie kam darauf zu, schnupperte daran, fraß es, und es schien ihr zu schmecken; denn sie schaute nach mehr aus; allein ich bedankte mich, ich konnte selber nichts mehr entbehren, und so marschierte sie ab.
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Als ich meine zweite Fracht an Land hatte, machte ich mich daran, aus dem Segel und einigen Pfählen, die ich zu diesem Zwecke mir zurechthieb, ein kleines Zelt zu bauen, und dahinein brachte ich alles, was von Regen oder Sonne Schaden nehmen konnte. Alle leeren Kisten und Fässer türmte ich rund um das Zelt, um es gegen jeden plötzlichen Angriff von Mensch oder Tier zu befestigen. Dies getan, verschloß ich die Zelttür von innen mit einigen Brettern, stellte eine leere Kiste von außen davor, breitete eines der Betten auf den Boden, legte meine beiden Pistolen mir nahe zu Häupten und meine Flinte der Länge nach neben mich und ging so zum ersten Male zu Bett. Ich schlief die ganze Nacht sehr ruhig; denn ich war müde und schläfrig, da ich die Nacht zuvor nur wenig geschlafen und den ganzen Tag schwer gearbeitet hatte.
Ich hatte nun das größte Lager von Dingen aller Art, das wohl jemals für einen Menschen
zusammengebracht wurde, und doch war mir's noch nicht genug; denn solange das Schiff aufrecht in seiner Lage verblieb, glaubte ich, alles herausholen zu müssen, was ich nur konnte. So ging ich täglich bei Ebbe an Bord und schaffte noch dies und jenes fort, vor allem soviel Tauwerk, Stricke und Segelgarn wie möglich, nebst einem Stück grober Leinwand, das zum Flicken der Segel bestimmt war, und das Faß mit dem nassen Pulver. Die Segel schnitt ich alle in Stücke, um so viele als möglich auf einmal wegzubringen; denn sie sollten ja nicht mehr als Segel dienen, sondern nur noch als Leinwand.
Was mich aber noch mehr freute, war, daß ich zu guter Letzt, nachdem ich fünf oder sechs solche
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Fahrten gemacht hatte und nichts mehr auf dem Schiff vermutete, was der Mühe wert gewesen wäre -
ich sage, daß ich zu guter Letzt ein großes Oxhoft mit Zwieback, drei ansehnliche Fäßchen mit Rum und Weingeist, eine Büchse mit Zucker und ein Faß mit feinem Mehl entdeckte. Sofort leerte ich das Oxhoft mit Zwieback aus und wickelte Stück für Stück in Segellappen. Kurz, ich brachte auch das alles wohlbehalten an Land.
Am nächsten Tage machte ich noch eine Fahrt, und da ich bereits alles, was trag- und greifbar war. aus dem Schiff fortgeschleppt hatte, machte ich mich nun an die Ankertaue. Ich hieb das große Tau in Stücke, die ich tragen konnte, und schleppte noch zwei andere Taue und eine Trosse herbei samt allem Eisenwerk, dessen ich habhaft wurde.
Dann hieb ich das Bugspriet und die Besanrah herunter und machte aus ihnen und anderem
Holzwerk ein großes Floß, belud es mit all diesen gewichtigen Dingen und stieß ab. Aber mein guter Stern begann mich nun zu verlassen; denn dieses Floß war so unbehilflich und so überladen, daß ich es in der kleinen Bucht, wo ich meine anderen Schätze gelandet hatte, nicht so leicht lenken konnte. Es schlug um und warf mich und meine ganze Ladung ins Wasser. Mir schadete das nicht viel; denn ich war dem Ufer nahe; aber
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