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Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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kehrte ich für diesmal um und beschäftigte mich vielmehr damit, wie ich auf das Schiff kommen könnte, wo ich etwas für meinen Unterhalt zu finden hoffte.
    Kurz nach Mittag war die See ganz still und Ebbe bis weit hinaus, so daß ich bis auf eine Viertelmeile an das Schiff herankommen konnte. Und nun ergriff mich ein neuer Schmerz; denn ich sah augenscheinlich, daß wir alle gerettet worden wären, wenn wir an Bord geblieben wären, das heißt, wir wären alle heil an
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    Land gekommen, und ich wäre nicht so elend ohne Trost und Gefährten allein geblieben wie jetzt. Das preßte mir von neuem Tränen aus den Augen; aber weil das auch nichts helfen konnte, entschloß ich mich, wenn möglich auf das Schiff zu gehen. Ich zog also meine Kleider aus, denn es war außerordentlich heiß, und begab mich ins Wasser. Als ich aber an das Schiff kam, erhob sich die noch größere Schwierigkeit, hinaufzukommen ; denn da es fest auf Grund lag und hoch aus dem Wasser herausragte, fand ich nirgends einen Halt. Ich schwamm zweimal rundherum, und beim zweiten Male erspähte ich ein kurzes Ende Tau.
    Ich wunderte mich, daß ich es nicht gleich gesehen hatte. Es hing von den Bugketten so tief herab, daß ich es, obwohl mit großer Mühe, zu fassen bekam und daran auf die Vorderback hinaufkletterte. Hier fand ich, daß das Schiff geborsten war und eine Menge Wasser im Raum hatte und daß es an einer Bank von hartem Sand oder vielmehr Erdreich lag, das Heck hoch über die Bank ragend, der Bug aber fast im Wasser. Infolgedessen war sein ganzes Achterdeck frei und mit allem, was es enthielt, trocken. Man kann sich denken, daß ich zu allernächst daran ging, zu suchen und zu sehen, was verdorben und was noch gut war.
    Meine erste Entdeckung war, daß der gesamte Mundvorrat trocken und vom Wasser unberührt war; und da meine Eßlust nicht gering war, ging ich in die Brotkammer, stopfte mir die Taschen voll Zwieback und aß im Weiterstöbern; denn Zeit hatte ich nicht zu verlieren. Ich fand auch etwas Rum in der großen Kajüte und tat einen guten Zug, was mir auch sehr not tat zur Stärkung für das, was mir noch bevorstand.
    Nun fehlte mir nur noch ein Boot, um mich mit
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    vielerlei Sachen zu versorgen, von denen ich voraussah, daß ich sie notwendig brauchen würde.
    Bloßes Stillesitzen und Wünschen konnte nichts helfen. Aber die Not machte mich erfinderisch. Wir hatten verschiedene Rahen, zwei oder drei lange Holzsparren und ein oder zwei Toppmasten auf Vorrat im Schiff. Ich beschloß, mich an diese zu machen, warf davon, so viele ich schleppen konnte, über Bord und band sie mit Tauen fest, damit sie nicht abtrieben. Dies getan, kletterte ich an der Schiffswand hinunter, zog die Hölzer an mich, band vier davon an beiden Enden, so fest ich konnte, aneinander zu einem Floß und legte zwei oder drei kurze Planken quer darüber. Ich fand, daß ich zwar sehr wohl darauf gehen konnte, daß es aber zu leicht war, um größere Lasten zu tragen. So machte ich mich abermals ans Werk und sägte mit der Zimmermannssäge einen der vorrätigen Toppmasten in drei gleiche Längen und fügte sie mit großer Mühe und Arbeit auf mein Floß.
    Die Hoffnung, mich mit all den notwendigen Dingen versehen zu können, gab mir Kräfte, die ich sonst nicht gehabt hätte.
    Mein Floß war nun stark genug, um jede
    einigermaßen vernünftige Last zu tragen. Meine nächste Sorge war, womit ich es beladen und wie ich die Fracht vor der überschlagenden See schützen sollte. Darüber zerbrach ich mir jedoch nicht lange den Kopf; zuerst legte ich alle Bretter und Planken darauf, deren ich habhaft werden konnte, sodann nahm ich drei Matrosenkisten, erbrach und leerte sie und ließ sie auf das Floß hinunter; die erste füllte ich mit Proviant, und zwar Brot, Reis, drei holländischen
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    Käsen, fünf Stücken gedörrten Ziegenfleisches und einem Rest europäischen Kornes, das wir als Futter für einige inzwischen geschlachtete Hühner mit hatten. Es war Gerste und Weizen vermischt gewesen; aber zu meiner großen Enttäuschung entdeckte ich hernach, daß die Ratten alles gefressen oder verdorben hatten. An Getränk fand ich einige Flaschenkisten, die unserm Kapitän gehört hatten, mit etwas Kordialwasser und über fünf oder sechs Gallonen Wein, die ich abseits verstaute, weil sie wasserdicht waren und in der Kiste nicht Raum fanden. Inzwischen begann die Flut, wenn auch sehr ruhig, zu steigen, und ich mußte zu meinem großen Leidwesen mit ansehen,

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