Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)
14. April vollendete ich sie. Um in dieselbe zu gelangen, bediente ich mich nicht einer Türe, sondern stieg mittels einer Leiter über die Einfriedigung, damit man von der Außenseite meiner Behausung Nichts von dieser gewahr werden sollte.
Den 16. April. Heute wurde ich mit der Leiter fertig. So oft ich diese benutzt hatte, zog ich sie mir nach und legte sie im Innern der Umfriedigung nieder, so daß ich, wenn ich mich in meiner Wohnung befand, gegen Außen gänzlich abgeschlossen war.
5. Das Erbeben
S chon am nächsten Tage aber, nachdem ich die Einfriedigung vollendet, wäre fast meine ganze Arbeit über den Haufen geworfen worden und ich selbst beinahe umgekommen. Die Sache verhielt sich so. Ich war hinter meinem Zelte gerade am Eingang in die Höhle beschäftigt, als mich ein unerwartetes Ereignis furchtbar erschreckte. Ich sah nämlich die Erde, welche die Decke meiner Höhle bildete, mit Einem Mal sich loslösen und von dem Gipfel des Hügels über mir herabstürzen. Zwei der Pfähle, mit denen ich die Wölbung meiner Höhle gestützt hatte, krachten mit fürchterlichem Lärm zusammen. Ich war aufs Äußerste bestürzt, hatte jedoch keine Ahnung von der wirklichen Ursache, indem ich glaubte, meine Höhlendecke stürze wieder in derselben Weise ein, wie es mit einem Teil derselben schon einmal geschehen war. Aus Furcht, lebendig begraben zu werden, rannte ich nach meiner Leiter und glaubte mich nicht eher im Sichern und vor den herabstürzenden Felsen geschützt, als bis ich über meine Palissadirung geklettert war.
Kaum hatte ich den Fuß auf den Boden gesetzt, als ich erkannte, daß ein schreckliches Erdbeben die Ursache der Erschütterung war. Der Erdboden, auf dem ich stand, wurde nämlich dreimal in Zwischenräumen von je etwa acht Minuten durch solche Stöße erschüttert, daß sie das festeste Gebäude umgeworfen haben würden. Ein großes Stück der Felsspitze, die ungefähr eine halbe Meile von mir entfernt über das Ufer ragte, stürzte mit einem so entsetzlichen Getöse, wie ich es im Leben nicht gehört, in das Meer. Auch dieses befand sich in heftiger Bewegung, und wie mir schien, waren die Stöße unter dem Wasser noch stärker als die auf der Insel.
Ich erschrak so sehr, denn ich hatte dergleichen nie erlebt und auch niemals nur davon erzählen gehört, daß ich wie tot vor Bestürzung war. Die Erderschütterung machte mir übel, als ob ich seekrank sei. Erst der Lärm des herabstürzenden Felsens erweckte mich wieder aus meiner Betäubung und ich glaubte jetzt nichts Anderes, als der Hügel werde zusammensinken und mein Zelt nebst meiner ganzen Habe begraben, ein Gedanke, der mir abermals das Herz erbeben machte.
Nachdem aber der dritte Stoß vorüber war und ich einige Zeit hindurch Nichts verspürte, begann ich wieder Mut zu schöpfen. Dennoch wagte ich noch nicht wieder über meine Einzäunung zu steigen, aus Furcht verschüttet zu werden. Ich saß still und trostlos auf der Erde, ohne zu wissen, was ich anfangen sollte. Diese ganze Zeit über kam mir nicht der geringste religiöse Gedanke in den Sinn. Nur das gewöhnliche »Gott sei mir gnädig« ging über meine Lippen, und auch das wiederholte ich nicht mehr, sobald das Ereignis vorüber war.
Während ich so saß, sah ich, wie der Himmel sich mit Wolken überzog, als ob ein Regen drohe. Nach und nach erhob sich der Wind, und in weniger als einer halben Stunde tobte ein fürchterlicher Sturm. Die See war plötzlich mit Schaum bedeckt, die Braudung tobte am Ufer, starke Bäume wurden entwurzelt. Erst nach drei Stunden begann der Sturm sich zu mildern, und nach weiteren zwei Stunden wurde es dann vollkommen windstill und fing an stark zu regnen. Diese ganze Zeit über saß ich niedergeschlagen und furchtsam auf der Erde. Plötzlich aber fiel mir ein, daß dieser Wind und Regen wohl die gewöhnlichen Folgen des Erdbebens sein möchten, und daß dieses daher aufgehört habe. Jetzt erst erwachten meine Lebensgeister wieder. Der Regen trieb mich in meine Behausung zurück, wo ich mich im Zelt niedersetzte, bis mich der heftige Regen in die Höhle zu gehen zwang, obgleich ich noch immer nicht von der Furcht befreit war, sie werde mir über dem Kopfe zusammenstürzen.
Dort zwangen mich die Regengüsse, rasch eine Arbeit in Angriff zu nehmen. Ich erkannte nämlich die Notwendigkeit, eine Rinne zu machen, damit das Wasser einen Ausweg aus der Höhle nehmen könne. Als ich nach einiger Zeit bemerkte, daß keine weiteren Erderschütterungen
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