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Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Titel: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Wolke einen Mann von hellen Flammen umgeben, welche die Erde erleuchteten, herabsteigen. Der Glanz, der ihn umstrahlte, war so stark, daß ihn meine Augen kaum ertrugen. Sein Gesicht war unaussprechlich schreckenerregend. Als er den Boden betrat, schien mir die Erde wie bei dem Erdbeben zu zittern, und Blitze durchzuckten rings die Luft. Auf der Erde angekommen, trat er auf mich zu, einen langen Speer in der Hand, als ob er mich töten wolle. Er redete mich in einiger Entfernung von dem Gipfel einer kleinen Erhöhung aus mit fürchterlicher Stimme an, doch verstand ich nur das Folgende: »Alles dies hast du geschaut, ohne dich zur Buße bewegen zu lassen, darum sollst du sterben.« Dabei erhob er die Lanze, um mich zu durchbohren.
    Niemand wird erwarten, daß ich das Entsetzen, welches meine Seele bei dieser Vision erfüllte, schildere. Ich meinte im Traume, das Entsetzliche könne selbst nur ein Traum sein, aber auch nachdem ich erwacht war und erkannte, daß ich nur geträumt hatte, war meine Angst über alle Beschreibung groß.
    Leider fehlte es mir an aller Religion. Was ich durch die vortreffliche Unterweisung meines Vaters davon gelernt hatte, war in dem ununterbrochenen achtjährigen Seeleben und dem beständigen Verkehr mit ebenso gottlosen Menschen, wie ich war, mir abhanden gekommen. Ich erinnere mich nicht, daß ich während dieser ganzen Zeit meine Gedanken ein einziges Mal zu Gott erhoben oder über meinen Wandel nachgedacht hätte. Eine gewisse Stumpfheit des Herzens, eine Gleichgültigkeit gegen alles Bessere und eine völlige Bewußtlosigkeit von der Sünde hatte ganz und gar Besitz von meiner Seele genommen. Ich war ein so verhärtetes gedankenloses elendes Geschöpf, als nur eines unter Seeleuten je zu finden war. Weder von der Furcht Gottes in Gefahren, noch vom Dankgefühl gegen Gott nach der Errettung hatte ich die geringste Ahnung.

    Man wird dies nach dem, was ich von meiner Geschichte berichtet habe, um so eher glauben, wenn ich hinzufüge, daß während jener wechselvollen Reihe von Unglücksfällen, die ich bis dahin erlebt hatte, mir nicht ein einziges Mal der Gedanke gekommen war, daß das die Hand Gottes herbeigeführt und daß es die gerechte Strafe meiner Sünden sei. Die Strafe nämlich entweder wegen des Ungehorsams gegen meinen Vater, oder wegen meiner gegenwärtigen Sünden, die groß genug waren, oder endlich die Züchtigung für den gesamten Verlauf meines nichtswürdigen Lebens.
    Auch während ich mich noch auf der unheilvollen Reise an den öden Küsten von Afrika befand, war es mir keinmal eingefallen, Gott um einen Fingerzeig zu bitten, wohin ich mich wenden solle, oder seinen Schutz gegen gefräßige Tiere und grausame Menschen anzuflehen. Ich hatte weder an Gott, noch an eine Vorsehung gedacht, sondern nur wie ein rohes Tier nach meinen natürlichen Eingebungen gehandelt, indem ich nur dem Folge leistete, was mich der gesunde Menschenverstand lehrte, und auch dem kaum. Ebenso war mir, nachdem der portugiesische Kapitän mich gerettet, in sein Schiff aufgenommen, gut behandelt und sich barmherzig und gerecht gegen mich bezeigt hatte, dennoch nicht das geringste Dankgefühl in die Seele gekommen. Als ich dann wieder Schiffbruch gelitten und an dieser Insel die Gefahr des Ertrinkens ausgestanden hatte, war ich abermals weit davon entfernt gewesen, Gewissensbisse zu fühlen oder mein Unglück als ein gerechtes Gericht anzusehen. Nur das wiederholte ich oft bei mir, daß ich ein Unglücksvogel und zu einem ununterbrochenen Elend geboren sei.
    Freilich das muß ich mir nachsagen, daß ich, als ich zuerst ans Land gekommen war und alle meine Schiffsgefährten ertrunken, mich selbst aber gerettet sah, eine Art von Entzücken und einige Regungen der Seele empfunden hatte, die unter Gottes gnädigem Beistand zu wirklicher Dankbarkeit sich hätten entwickeln können. Aber das hatte geendet, wie es angefangen, nämlich in einer flüchtigen Freude gewöhnlicher Art. Ich war nur voll Freude gewesen, daß ich am Leben geblieben, und hatte nicht im Geringsten die große Güte der Hand, die mich erhalten und vor allen Anderen ausgezeichnet hatte, bedacht. Es war eben bloß die gemeine Art von Wohlempfinden gewesen, welche Seeleute regelmäßig fühlen, wenn sie aus einem Schiffbruch glücklich ans Land gekommen sind, und die sie in der nächsten Bowle Punsch für immer ertränken. So war es auch während der ganzen bisherigen Zeit meines einsamen Lebens in mir geblieben. Sogar als ich

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