Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)
konnte.
In der Nähe dieser meiner Wohnung, aber etwas weiter landeinwärts und niedriger gelegen, waren meine beiden Stücke Ackerland, welche ich stets in der gehörigen Bestellung und Kultur erhielt, und die mir alljährlich ihre Ernte lieferten. Als ich mich veranlaßt sah, mehr Getreide zu bauen, bediente ich mich dazu des angrenzenden gleich gut geeigneten Terrains.
Meine zweite Behausung war der sogenannte Landsitz. Auch dieser hatte sich zu einer ganz hübschen Ansiedelung entwickelt. Zunächst fand sich da die Laube, wie ich sie nannte. Ich erhielt dieselbe immer in gutem Stand, indem ich die umschließende Hecke, an die von Innen eine Leiter gelehnt war, stets in gleicher Höhe ließ. Die Bäume, die anfangs nichts als Stöcke gewesen, waren jetzt stark und hoch herangewachsen. Ich beschnitt sie so, daß sie sich ausbreiteten und mit ihrem dichten Laube erquickenden Schatten gaben. In der Mitte derselben ließ ich mein aus einem ausgespannten Stück Segeltuch errichtetes Zelt stehen, ohne daß es je der Ausbesserung oder Erneuerung bedurft hätte. Darunter hatte ich mir ein Sopha oder Ruhebett aus den Fellen erlegter Tiere und anderen weichen Gegenständen gemacht und darüber eine Decke, die ich aus unseren Schiffsbetten gerettet, ausgebreitet Neben dem Ruhebett hatte ich einen dicken Stock als Schutzwaffe stehen. Ich nahm dort mein Quartier, so oft ich Veranlassung fand, mich von meiner eigentlichen Wohnung zu entfernen.
Dicht daneben befanden sich die eingezäunten Weideplätze für mein Ziegenvieh. Da es mich unendliche Arbeit gekostet hatte, diese Räume in der beschriebenen Weise zu umschließen, war ich immer ängstlich darauf bedacht, die Umzäunungen in Ordnung zu erhalten, damit die Ziegen mir nicht entwischten. Niemals ging ich fort, ohne vorher mit vieler Mühe alle Öffnungen der Hecke mit kleinen Stäben so dicht zu verschließen, daß die Umzäunung eher ein Gitter als eine Hecke zu nennen war und man kaum die Hand dazwischen durchstecken konnte. In der nächsten Regenzeit wuchsen diese Reiser alle zusammen und bildeten mit der Zeit eine starke Wand, ja sie wurden fester als ein gewöhnlicher Wall.
Dies Alles liefert den Beweis, daß ich nicht müßig war und keine Mühe scheute, Jegliches, was zu meiner Annehmlichkeit notwendig erschien, herzurichten. Ich sah in meiner Herde zahmer Haustiere, die ich so nahe zur Hand hatte, einen lebendigen Vorrat von Fleisch, Milch, Butter und Käse, der für die ganze Dauer meines Aufenthalts auf der Insel, und wenn er auch noch vierzig Jahre währen sollte, vorhalten würde. Die Erhaltung derselben hing aber wesentlich davon ab, daß ich die Einzäunung möglichst vervollkommnete, damit die Herde stets zusammen blieb. Diesen Zweck erreichte ich denn auch auf die erwähnte Art in dem Maße, daß ich, als die jungen Reiser, die ich so dicht gepflanzt, zu wachsen begannen, mich genötigt sah, einige davon wieder abzureißen.
Hier war es auch, wo die Weintrauben wuchsen, die mir meine Wintervorräte an Rosinen lieferten. Ich versäumte nicht, diese stets sehr sorgfältig zu konserviren, da sie den besten und wohlschmeckendsten Leckerbissen meiner ganzen Speisekarte bildeten. Sie waren wirklich nicht bloß schmackhaft, sondern auch im höchsten Grade heilsam, gesund, nahrhaft und äußerst erfrischend.
Da diese Ansiedelung etwa halbwegs zwischen meiner anderen Wohnung und dem Platze gelegen war, wo ich mein Boot befestigt hatte, so hielt ich mich gewöhnlich auf dem Wege nach letzterem eine Zeitlang dort auf. Denn ich pflegte mein Boot oft zu besuchen, um alles, was dazu gehörte, in der besten Ordnung zu erhalten. Auch fuhr ich manchmal zum Vergnügen darin aus, aber abenteuerliche Reisen wollte ich nicht wieder darin unternehmen, noch auch mich weiter als ein paar Steinwurfsweiten von der Küste entfernen. Denn ich war viel zu besorgt, wieder durch eine Strömung oder durch den Wind in unbekannte Gewässer verschlagen zu werden.
Jetzt gelange ich in dem Berichte von meinem einsamen Leben zu einem neuen Abschnitt.
Eines Tages, als ich gegen Mittag nach dem Boote ging, begab es sich, daß ich zu meiner größten Überraschung den Eindruck eines nackten menschlichen Fußes ganz deutlich in dem Sande des Ufers wahrnahm. Wie vom Donner gerührt, oder als hätte ich ein Gespenst gesehen, stand ich davor. Ich horchte, ich sah mich um, aber es war Nichts zu hören, noch zu erblicken. Ich erstieg einen Hügel, um mich weiter umschauen zu können, dann ging
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