Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)
wieder Fassung gewann. Ich sagte mir, daß ich, wäre jener Fall eingetreten, völlig widerstandsunfähig und sicherlich nicht im Stande gewesen sein würde, das zu tun, was ich jetzt nach so langer Erwägung und Vorbereitung zu tun vermochte. Das ernstliche Nachdenken über die Sache machte mich geradezu und zuweilen für geraume Zeit melancholisch. Endlich aber lösten sich auch diese Erwägungen stets in Dank gegen die Vorsehung auf, die mich vor so vielen ungeahnten Gefahren errettet und mich vor einem Unheil bewahrt hatte, das ich selbst von mir abzuwenden schon deshalb nicht im Stande gewesen war, weil ich das Übel weder geahnt, noch für möglich gehalten hatte.
Hierdurch wurde eine Betrachtung in mir wieder erweckt, die ich schon früher oft angestellt hatte, seitdem ich angefangen, die gnadenreichen Fügungen des Himmels in den Gefahren dieses Lebens zu erkennen. Wie wunderbar werden wir doch vielmals, ohne daß wir es wissen, vor Unheil bewahrt. Wenn wir uns in Unentschlossenheit befinden, wenn wir zweifeln und zögern, ob wir diesen oder jenen Weg einzuschlagen haben, dann leitet uns oft ein heimlicher Wink auf den einen Weg, während wir den anderen zu wählen beabsichtigt hatten. Ja, wenn Neigung oder ein Geschäftsanlaß uns dorthin zu gehen auffordern, so zwingt uns doch nicht selten eine eigentümliche Empfindung, deren Ursprung wir nicht kennen, mit unwiderstehlicher Macht zurück in die andere Bahn, und später erst wird es offenbar, daß wir, wären wir den selbsterwählten Weg gegangen, in unser Verderben gerannt sein würden. Auf diese und manche ähnliche Betrachtung baute ich später den Grundsatz, überall, wo ich solche geheime Winke und Hinweisungen, dieses oder jenes zu tun oder zu lassen, diesen oder jenen Weg einzuschlagen, empfand, der inneren Stimme zu folgen, wenn ich auch keinen anderen Grund dafür hatte als eben nur jene geheime Empfindung. Ich könnte viele Beispiele aus meinem Leben anführen, in denen sich dieses Verfahren bewährte, und zwar besonders aus der späteren Zeit meines Aufenthalts auf der unglücklichen Insel. Denn bei vielen früheren Gelegenheiten hatte ich nicht darauf geachtet, weil ich damals noch die Dinge mit anderen Augen ansah als später. Aber es ist nie zu spät, um klug zu werden, und ich kann nur Jedermann raten, mag er auch nicht so wunderbare Schicksale erleben wie ich, solche heimliche Winke der Vorsehung nicht zu verachten, wie unerklärlich sie auch immer sein mögen. Über ihren Ursprung will ich nicht streiten, auch kann ich davon keine Rechenschaft geben, aber gewiß sind sie doch ein Beweis des Verkehrs der Geister und eines geheimen Zusammenhanges zwischen denen, die noch im Körper wohnen, und den körperlosen, und zwar ein ganz unumstößlicher Beleg, wovon ich Gelegenheit haben werde, einige sehr merkwürdige Proben anzuführen, wenn ich von dem ferneren Verlauf meines einsamen Aufenthalts an diesem trübseligen Orte Bericht erstatte.
Der Leser wird sich schwerlich darüber wundern, daß die Sorgen, die fortwährende Gefahr, in der ich schwebte, und die Angst, die auf mir lastete, allen meinen Erfindungen und allen Plänen, die ich in Betreff meiner künftigen Annehmlichkeit und Bequemlichkeit ersonnen hatte, ein Ende machten. Der Gedanke an meine Sicherstellung beschäftigte mich jetzt mehr als die Sorge für meinen Unterhalt. Ich wagte nicht auch nur einen Nagel einzuschlagen oder ein Stück Holz zu spalten, aus Furcht, der Lärm, den es verursachte, könnte gehört werden. Noch viel weniger hätte ich mich erkühnt, eine Flinte abzufeuern. Mehr als alles Andere aber scheute ich, Feuer anzuzünden, aus Besorgnis, der Rauch, der bei Tage in weiter Ferne sichtbar war, könne mich verraten. Aus diesem Grunde verlegte ich alle diejenigen Geschäfte, die Feuer erforderten, z. B. das Brennen der Töpfe und Pfeifen u. s. w., nach meiner neuen Wohnung im Walde, wo ich nach einigem Suchen zu meiner großen Beruhigung eine natürliche Höhle in der Erde entdeckte, die ziemlich tief war und in die sich sicherlich kein Wilder hinein gewagt haben würde.
Auf die Öffnung dieser Höhle stieß ich am Fuße eines großen Felsens, als ich (ich würde sagen zufällig, wenn ich nicht hinlängliche Ursache hätte, alle solche Dinge jetzt der Vorsehung zuzuschreiben) einige dicke Äste von den Bäumen hieb, um sie zu Kohlen zu brennen. Dies geschah in folgender Absicht: Ich fürchtete mich, wie gesagt, Rauch in der Nähe meiner Ansiedelung zu
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